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Töchter des Feuers: Roman (German Edition)

Töchter des Feuers: Roman (German Edition)

Titel: Töchter des Feuers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Umhang eingehüllt, schuf sie das erste Stück Glas.
    Zum Abkühlen und Zentrieren glättete sie es auf einer Marmorunterlage, ehe sie ihm mit ihrem Atem seine Form verlieh.
    Sie erhitzte den Ball ein zweites Mal, wälzte ihn in Farbpulver und hielt ihn erneut in die Flammen, damit sich die Farbe mit der Wand des Gefäßes verband.
    Sie wiederholte die Prozedur ein ums andere Mal, gab Glas, Feuer, Atem und Farbe hinzu, drehte und drehte das Rohr hin und her, glättete die glühende Kugel mit hölzernen Spateln, damit sie ihre Form behielt.
    Nachdem sie die Form vom Rohr auf das Hefteisen gegeben hatte, erhitzte sie sie noch stärker als zuvor, und dann hielt sie einen nassen Stab an die Öffnung des Gefäßes, das durch den Druck des entstehenden Dampfes eine Ausdehnung erfuhr.
    Sie war ganz auf ihre Arbeit konzentriert, denn es bestand die Gefahr, daß die Wand der Kugel durch den Druck zerbarst. Jetzt hätte sie einen Helfer gebrauchen können, jemanden, der ihr seine Hände lieh, der ihr Werkzeuge reichte, der weiteres Glas schmolz, falls es erforderlich war.
    Doch noch nie in ihrem Leben hatte sie einen Assistenten gehabt, und so machte sie sich unter zornigem Murmeln selbst auf den Weg zum Ofen, zurück an den Tisch und von dort zurück zu ihrem Stuhl.
    Die Sonne stieg höher, strömte durch die Fenster und krönte sie mit einem regelrechten Strahlenkranz.
    So sah Rogan sie, als er unvermittelt ihr Atelier betrat. Sie saß auf ihrem Stuhl, einen Ball geschmolzener Farbe in den Händen, von hellem Sonnenlicht eingerahmt.
    Sie bedachte ihn mit einem kurzen, bösen Blick. »Legen Sie
diesen verdammten Mantel und die blöde Krawatte ab. Ich brauche ihre Hände.«
    »Was?«
    »Ich brauche Ihre Hände, verdammt. Tun Sie genau, was ich Ihnen sage, und sprechen Sie nicht mit mir.«
    Er war sich nicht sicher, daß ihm das gelänge, denn dies war einer der seltenen Momente in seinem Leben, in dem er aus dem Gleichgewicht geworfen war. Vor der Glut des Ofens und eingetaucht ins Sonnenlicht, sah sie wie eine leidenschaftliche, feurige Göttin aus, die neue Welten schuf. Er stellte seine Aktentasche ab und zog sich den Mantel aus.
    »Sie halten das hier ganz ruhig«, sagte sie und glitt von ihrem Stuhl. »Und Sie drehen das Hefteisen so wie ich im Augenblick. Sehen Sie? Langsam und gleichmäßig. Wenn Sie zucken oder eine Pause machen, bringe ich Sie um. Ich hole nur mehr Glas und bin gleich wieder da.«
    Daß sie ihm ihre Arbeit anvertraute, verblüffte ihn derart, daß er sich wortlos auf den Stuhl sinken ließ. Das Rohr lag warm und unerwartet schwer in seiner Hand, und sie führte ihn, bis sie meinte, daß er wußte, welcher Rhythmus der beste war.
    »Hören Sie nicht auf«, warnte sie erneut. »Glauben Sie mir, Ihr Leben hängt davon ab.«
    Das bezweifelte er keine Sekunde lang. Sie ging an den Ofen, tauchte ein zweites Rohr in das dort geschmolzene Glas und kam zu ihm zurück.
    »Sehen Sie, wie ich das gemacht habe? Es ist nicht allzu schwer. Ich will, daß Sie mir beim nächsten Mal Glas holen gehen.« Sie nahm ein Werkzeug auf, um das weiche Material damit zu formen.
    »Jetzt.« Sie nahm ihm das Rohr aus den Händen und fuhr mit ihrer Arbeit fort. »Falls Sie zuviel holen, streife ich es einfach ab.«
    Die Hitze des Ofens nahm ihm die Luft. Er tauchte ein Rohr
in das Glas und rollte es ihren knappen Anweisungen gemäß darin herum, bis das Material, heißen Tränen gleich, daran haften blieb.
    »Und jetzt stellen Sie sich rechts hinter mich.« Sie griff nach einer Zange und nahm ihm das Rohr aus der Hand, schmolz Glas mit Glas, Farbe mit Farbe, bis sich ein wahrer Funkenregen über ihnen beiden ergoß. Als sie schließlich mit dem Inneren der Kugel zufrieden war, blies sie sie wieder zu ihrer alten Form und Größe auf.
    Was Rogan sah, war ein perfekter, durchsichtiger Ball, in dem eine Vielzahl an Farben und Formen zu zerbersten, der zu bluten und zu pochen schien. Hätte er mehr Phantasie gehabt, hätte er gesagt, daß das Glas ebenso lebendig wie er selber war. Die Farben wirbelten auf eine unglaublich lebhafte Art im Ball herum, wobei ihre Grellheit in Richtung der Gefäßwand in immer sanftere Schattierungen überging.
    Träume, dachte er. Das Gebilde kam ihm wie eine Kugel voller Träume vor.
    »Bringen Sie mir die Feile«, fuhr sie ihn an.
    »Die was?«
    »Die Feile, Herrgott noch mal.« Sie trat bereits an eine mit feuerfesten Unterlagen bedeckte Arbeitsbank, und während sie das Hefteisen in einen hölzernen

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