Töchter des Feuers: Roman (German Edition)
war.«
»Sämtliche Stücke«, wiederholte sie. »Für so viel Geld.«
Sie dachte an den Mond, an ihre Träume, an die Möglichkeit der Veränderung, und vollkommen ermattet legte sie den Kopf auf den Tisch. »Ich ersticke. Meine Lunge macht nicht mehr mit.« In der Tat brachte sie kaum noch einen Ton heraus. »Ich kriege keine Luft.«
»O doch.« Er trat hinter sie und massierte ihre Schultern. »Atmen Sie ganz ruhig ein und aus. Geben Sie sich eine Minute Zeit, um die Neuigkeit zu verdauen.«
»Es sind fast zweihunderttausend Pfund.«
»Fast. Aber ich schätze, daß sich durch die Ausstellung Ihrer Werke in unseren verschiedenen Galerien und dadurch, daß nur ein paar der Stücke zu verkaufen sind, das Interesse der Leute und somit der Preis noch steigern läßt.« Als er ihr ersticktes Röcheln vernahm, lachte er. »Meine liebe Maggie, atmen Sie immer schön ruhig aus und ein. Konzentrieren Sie sich aufs Ausatmen, das Einatmen kommt von allein. Die Organisation des Transports der neuen Stücke übernehme ich. Da Sie schon wieder so viel geschafft haben, setzen wir die Eröffnung der Ausstellung in Frankreich am besten bereits für Ende des Sommers an. Bis dahin haben Sie vielleicht gern ein bißchen frei. Machen Sie doch einfach einen netten Urlaub.«
»Urlaub.« Sie richtete sich kerzengerade auf. »Darüber kann ich jetzt nicht nachdenken. Ich habe das Gefühl, daß ich im Augenblick überhaupt nicht denken kann.«
»Lassen Sie sich Zeit.« Er tätschelte ihr den Kopf, und dann trat er mit der Teekanne um sie herum. »Gehen Sie zur Feier des Tages heute abend mit mir in irgendein Restaurant?«
»Meinetwegen«, murmelte sie. »Ich weiß einfach nicht, was ich sagen soll. Ich hätte niemals wirklich geglaubt … ich habe es mir nicht vorstellen können.« Sie hielt sich die Hände vor den Mund, und einen Augenblick lang fürchtete er, sie finge vielleicht zu weinen an, doch statt dessen brach sie in wildes, jubelndes Gelächter aus. »Ich bin reich! Ich bin eine reiche Frau, Rogan Sweeney.« Sie sprang von ihrem Stuhl, gab ihm einen Kuß und wirbelte herum. »Oh, ich weiß, für Sie ist das nur ein Tropfen auf den heißen Stein, aber für mich – für mich bedeutet es Freiheit. Endlich sind die Ketten gefallen, ob sie es nun will oder nicht.«
»Wovon reden Sie?«
Sie dachte an Brianna und schüttelte den Kopf. »Von Träumen, Rogan, von wunderbaren Träumen. Oh, ich muß es ihr erzählen. Sofort.« Sie schnappte sich den Scheck und stopfte
ihn in die Hosentasche. »Bitte warten Sie. Trinken Sie Tee, machen Sie sich etwas zu essen. Benutzen Sie das Telefon, das Ihnen so gut gefällt. Tun Sie, was Sie wollen.«
»Wo wollen Sie hin?«
»Ich bin bald zurück.« Mit Schwingen unter den Füßen wirbelte sie erneut zu ihm herum und gab ihm noch einen Kuß, wobei sie in ihrer Eile allerdings sein Kinn statt der Lippen traf. »Gehen Sie nicht weg.« Und schon war sie aus der Tür und über die Felder gestürmt.
Sie schnaufte wie eine Dampflokomotive, als sie über die Steinmauer kletterte, die Briannas Garten umgab, aber schließlich hatte sie schon vor ihrem Lauf Schwierigkeiten zu atmen gehabt. Fast wäre sie auf die Stiefmütterchen ihrer Schwester getreten – eine Sünde, die sie teuer zu stehen gekommen wäre –, doch dann schlingerte sie den schmalen Weg entlang, der sich zwischen den samtigen Blumen hindurchwand.
Sie wollte gerade rufen, aber dann sah sie Brianna mit einem Korb nasser Wäsche neben der Leine stehen.
Wäscheklammern im Mund, nasse Laken in den Händen, blickte Brianna versonnen in die nickenden Akeleien und Tausendschönchen, ehe sie das Tuch mit Schwung über die Leine warf.
Maggie bemerkte, daß ihre Schwester immer noch verletzt und verärgert war, doch zugleich wies Briannas Gesicht die für sie typische Mischung aus Stolz und Selbstbeherrschung auf. Als ihr Wolfshund mit einem fröhlichen Bellen auf die Beine sprang, brachte sie ihn mit einem ruhigen Befehl dazu, daß er bei ihr blieb. Mit einem bedauernden Blick in Maggies Richtung legte er sich wieder hin, und sie nahm ein weiteres Laken aus dem Korb, schlug es aus und machte es ordentlich an der Wäscheleine fest.
»Hallo, Maggie.«
Die Stimmung ist also immer noch frostig, dachte Maggie, während sie die Hände in den Gesäßtaschen ihrer Jeans vergrub. »Hallo, Brianna. Du hast Gäste?«
»Allerdings. Im Augenblick sind sämtliche Zimmer besetzt. Ein amerikanisches Paar, eine englische Familie und ein junger
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