Töchter des Mondes, Band 01: Cate (German Edition)
Puder und Zitronenverbene.
Ich lehne mich gegen das Treppengeländer und erröte noch mehr. »Meine Magie ist in letzter Zeit – etwas schwer in den Griff zu kriegen. In gewissen – Situationen. In gewisser Gesellschaft.«
Sachi streicht sich über ihr schwarzes Haar. »Was für Gesellschaft?«
»In der Gesellschaft von Männern. Nun. Eines Mannes«, korrigiere ich.
»Faszinierend. Ich hole Rory. Das ist ihr Spezialgebiet«, kichert Sachi.
»Muss das sein? Ich würde das gerne vertraulich behandeln.« Nervös sehe ich zu der Ansammlung von Damen hinüber, die sich Tee trinkend und Tess’ Zitronen-Mohn-Küchlein essend in unserem Wohnzimmer aufhalten. Rory fällt auf in ihrem orangefarbenen Kleid. Sie streicht ruhelos wie ein Tiger von einer Gruppe zur nächsten.
»Das glaube ich dir gern. Aber ich kenne mich mit so etwas leider nicht aus. Wenn es um Männer geht, weiß Rory am besten Bescheid. Willst du nun Hilfe oder nicht?«
»Ja, will ich. Aber Rory – nun, sie ist ein bisschen – unberechenbar. Kann ich ihr wirklich vertrauen?«
Sachi schürzt die Lippen. »Du vertraust mir doch auch, oder?« Ich nicke. »Und ich verspreche dir, dass du Rory vertrauen kannst. Hast du Freitagabend Zeit? Spät?«
Ich bin wirklich kein Feigling, aber ich finde trotzdem keinen großen Gefallen an der Vorstellung, im Dunkeln allein in die Stadt zu laufen. »Ich dachte – können wir uns nicht morgen bei Rory treffen?«
Sachi wirft Mrs Collier und Rose ein sittsames Lächeln zu, als die beiden durch die Tür kommen. »Mrs Elliott hat Elizabeth gefeuert, und das neue Hausmädchen ist eine Wichtigtuerin. Wir werden sie schon irgendwie loswerden, aber es könnte ein paar Tage dauern, bis wir das Haus wieder für uns haben. Wenn du so lange warten willst – «
»Nein.« Ich kann mir keinen weiteren Unfall erlauben. Und ich ertrage den Gedanken nicht, Finn aus dem Weg zu gehen. »Je eher, desto besser.«
»Wir könnten uns irgendwo auf eurem Anwesen treffen. Wenn du keine Angst hast, im Dunkeln rauszugehen.« Sachi grinst.
Auf den Rosengarten kann ich nicht mehr zählen, jetzt da Elena überall herumschleicht. Aber ich wüsste einen anderen Ort, an dem wir uns treffen könnten. Ich gehe zwar auch bei hellem Tageslicht nicht besonders gern dorthin, aber habe ich eine Wahl?
»Auf der anderen Seite vom Teich ist ein Friedhof. Da können wir uns Freitagnacht treffen. Wenn ihr über das Feld kommt, kann euch vom Haus aus niemand sehen.«
Sachis Mundwinkel zucken. »Zur Geisterstunde auf einem Friedhof. Der perfekte Ort für die erste Zusammenkunft unseres kleinen Hexenzirkels.«
Eine halbe Stunde später bin ich gerade dabei, mich von Rose Collier zu Tode langweilen zu lassen. Sie neigt dazu, alles als »entzückend« zu bezeichnen, so wie Mrs Ishida ständig »wunderbar« verwendet – mein Kleid, Tess’ Kürbisbrot, die Tapete im Wohnzimmer. Schon bald flüchten wir uns in Bemerkungen übers Wetter. Was für ein schöner Tag, ein richtiger Altweibersommer; wie äußerst ungewöhnlich für einen Oktober in Neuengland; ich habe noch nie so einen blauen Himmel gesehen; und, oh ja, ich bin froh, dass wir daran gedacht haben, auch Limonade zu servieren und nicht nur Tee.
Ich beobachte eine einsame Stubenfliege, die gegen das Fenster schwirrt, als Rose missbilligend murmelt: »Sollte sie mit ihrer Lieferung nicht besser in die Küche gehen?«
Marianne Belastra steht im Türrahmen und sieht aus, als würde sie sich genauso unwohl fühlen, wie Sachi es vorhergesagt hat. Sie trägt ein hochgeschlossenes rostfarbenes Kleid mit einer altmodischen Turnüre und schlichten, gerade geschnittenen Ärmeln. Weder Farbe noch Schnitt schmeicheln ihrem Teint oder ihrer Figur.
»Sehen Sie doch nur, sie hat ihr hässliches Entlein mitgebracht. Das Kind schießt in die Höhe wie Unkraut, sagt Mama. Sie sollte sich schämen, mit unbedeckten Knöcheln in der Öffentlichkeit herumzulaufen. Was für eine Art von Mutter kann so etwas erlauben? Aber Mrs Belastra kümmert sich anscheinend um nichts anderes als um ihre Bücher.«
Roses Stimme ist voller vorgetäuschtem Mitgefühl. Sie erwartet ganz offensichtlich, dass ich in ähnlicher Weise auf ihre Worte reagiere. Aber als ich sehe, wie Clara in einem viel zu kindlichen und viel zu kurzen braunen Latzrock verlegen ihrer Mutter folgt, zieht sich mir das Herz
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