Töchter des Mondes, Band 01: Cate (German Edition)
Freundinnen, aber das heißt noch lange nicht, dass sie möchte, dass ihr Sohn eine Hexe heiratet.
Der sachliche Ton, den sie anschlägt, ist der gleiche wie von Finn. Ich bin nicht zu stolz, es auszusprechen . Der Unterschied unseres gesellschaftlichen Ranges spielt sehr wohl eine Rolle. Für mich vielleicht nicht, aber in den Augen aller anderen. Wir Cahill-Mädchen mögen unsere Geheimnisse haben, aber unser Geld hilft uns dabei, sie zu verbergen. Wir müssen nicht mitten in der Stadt leben, wir sind nicht abhängig von den Einkäufen unserer Nachbarn, um unseren Lebensunterhalt zu finanzieren. Vater mag die Zensur der Bruderschaft nicht für gut befinden, aber er genießt trotzdem ihr Wohlwollen und muss nicht befürchten, dass sie zu uns kommen, um unser Haus nach verbotenen Büchern zu durchsuchen. Es ist nicht perfekt, aber es ist einfacher für uns als für Clara Belastra.
Marianne interpretiert mein Schweigen falsch. »Es ist schon in Ordnung«, versichert sie mir. »Ich habe mich schon lange mit meiner Stellung in dieser Stadt abgefunden. Gehen Sie ruhig. Genießen Sie Ihren Tee.«
Ich bin zutiefst beschämt, aber ich gehe.
Kapitel 16
Die Kerze flackert. Ich halte schützend eine Hand vor die Flamme und wünschte, der raue Wind würde aufhören. Er beißt durch den Mantel, den ich über den Schultern trage. Um mich herum schlafen die Blumen und verneigen ihre Köpfe vor dem zunehmenden Mond. Mein Rocksaum flüstert über die Gehwegplatten und fügt sich dem Missklang der nächtlichen Laute hinzu. Die Kerze wirft lange Schatten, und auf einmal erscheinen mir diese Wege, die ich schon mein ganzes Leben kenne, unbekannt und gespenstisch.
Plötzlich streift etwas mein Haar. Ich mache einen Satz zurück und schlage mir die Hand vor den Mund. Es ist nur ein vertrocknetes Blatt, das zu Boden fällt. Ich lache nervös und schmecke Rauch in meiner Kehle. Die Feuer sind für die Nacht abgedeckt, aber über den Schornsteinen schweben immer noch wie Geister die grauen Rauchschwaden. Der Wind schneidet in meine Handgelenke und Knöchel.Ich ziehe den Mantel fester um mich und beschleunige meine Schritte.
Oben auf dem Hügel ragt gespenstisch der Pavillon empor. Dies ist der gefährlichste Teil des Weges, denn an dieser Stelle kann ich von den Zimmern der Bediensteten aus gesehen werden. Ich bete, dass Mrs O’Hare und John nicht aus irgendeinem Grund noch wach sind und gerade hinausblicken.
Ich hole tief Luft und laufe schnell vorwärts. Bereits nach ein paar Metern erlischt die Kerze. Himmel, ist das dunkel.
Dann kann ich auch schon den feuchten, erdigen Schlamm des Teichufers riechen, und ich vernehme das sanfte Plätschern des Wassers. Es ist beruhigend – ein vertrautes Geräusch inmitten all der fremden Rufe der Nachtvögel. Als ich genauer hinhöre, kann ich weibliche Stimmen ausmachen, die über den Teich wehen. Ich sehe Schatten zwischen den Grabsteinen auf dem Friedhof tanzen.
Sie sind da, hinter Mutters Grabmal.
Die Vorstellung, wie Mutter in ihrem Grab liegt, wie ihr Körper umgeben von Erde und Insekten sich langsam auflöst, gefällt mir überhaupt nicht. Wenn Vater zu Hause ist, legt er ihr immer Blumen aufs Grab. Ich sehe darin keinen Sinn. Nichts von dem, was Mutter ausgemacht hat, ist noch da.
Lachen – Rorys eigentümliches Bellen – schallt durch die Nacht.
»Hallo?«, rufe ich leise, als ich den Friedhof betrete. Meine Stimme klingt ganz heiser.
Sachi tritt hinter dem Grabmal hervor. »Cate?« Das Licht ihrer Laterne wirft unheimliche Schatten auf Sachi und lässt ihre sonst so hübschen Gesichtszüge abscheulich aussehen.
»Gruselig, nicht wahr? Magst du etwas Sherry?«, fragt Rory und hält mir eine Flasche hin.
Eine große, dünne Gestalt lugt um den Grabstein, ihr Gesicht ist von einer Kapuze verdeckt. Es gibt nur eine einzige Person, die Sachi und Rory zu so einem verrückten, makabren Abenteuer mitbringen könnten.
»Brenna?«
Brenna beginnt, wie ein Kind auf dem Friedhof herumzuwirbeln und Haken um die kleinen Gräber neben Mutters Grab zu schlagen. Dabei singt sie vor sich hin:
»Am Tag die Blumen wir pflegen,
des Nachts wird Schlaf zum Genuss,
das Leben ist Sonne und Regen,
wir seh’n das Gras von unten am Schluss.«
Dem Ort angemessen, denke ich, aber wenig tröstlich.
»Rory wollte sie unbedingt mitbringen.« Sachi klingt nicht gerade begeistert. »Sie weiß über uns Bescheid.«
Verärgert wende ich mich ihr zu. »Du hast es ihr erzählt?«
»Ich habe ihr gar
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