Töchter des Mondes, Band 01: Cate (German Edition)
zusammen.
IchsehehinüberinsEsszimmer,woTessmeisterhaftTeeausschenktunddabeidieMatronenmühelosinGesprächeverwickeltundsotut,alswärederenKlatschfürsiesospannendwieOvid.TessistzwareinhübschesMädchen,dasandersalsClaranichtmitschwierigenWachstumsproblemenzukämpfenhat,aberbisvoreinpaarWochenwarauchsienochseltsamundaltmodisch.DurchElenasUnterrichthatsichihreKörperhaltungverbessert,unddieBestellungenbeiderSchneiderinhabenunsvonhässlichenEntleininSchwäneverwandelt.ElenamagihreFehlerhaben,abersiehatunsimmerhingelehrt, wie wir uns in die bessere Gesellschaft einfügen können.
Niemand erhebt sich, um die Belastras zu begrüßen. Eben noch zum Mund geführte Teetassen werden mitten in der Bewegung angehalten, und flüsternde Stimmen zischen durch den Raum. Clara starrt auf ihre Füße, sie hat nervöse Flecken unter ihren Sommersprossen, und ihre dunklen Augen sind von Kummer verschleiert. Es ist augenscheinlich, dass sie lieber woanders wäre. Irgendwo.
Und ich hatte gedacht, ich würde ihnen mit meiner Einladung einen Gefallen tun.
»Mrs Belastra, wie schön, dass Sie gekommen sind.« Meine Stimme erklingt laut und deutlich wie Kirchenglocken. »Was für eine Freude, dass Sie beide hier sind. Darf ich Ihnen Tee anbieten? Clara, lass mich dir meine Schwester Tess vorstellen, sie ist genau in deinem Alter.«
Die Floskeln fühlen sich gestelzt an, aber ich lasse mir nichts anmerken. Es ist Finns Schwester. Ich kann sie hier nicht so hilflos stehen lassen mit all diesen dummen Frauen, die sie von oben herab behandeln und beleidigen.
Ich geleite die beiden ins Esszimmer, als wären sie unsere ganz besonderen Gäste, schenke ihnen Tee ein und dränge sie, Tess’ Kuchen zu probieren. Ich würde Marianne gern zur Seite nehmen und sie um Rat fragen, aber ich kann schlecht vor allen Leuten mit ihr flüstern. Und da das Gesprächsthema Magie wegfällt, habe ich nicht die leiseste Ahnung, worüber ich stattdessen mit ihr reden soll. Ich habe eine irrationale Angst davor, dass sie meine Gedanken lesen kann und weiß, dass ich auf lüsterne Art an ihren Sohn denke.
Glücklicherweise ist Tess weniger unbeholfen. Sie hat die Situation sofort richtig eingeschätzt.
»Backen Sie gern, Miss Belastra? Ich habe diese Mohn-Küchlein selbst gemacht.«
Kluge Tess. Ich werfe ihr einen bewundernden Blick zu. Sie weiß, dass die Belastras sich keine Haushälterin leisten können, und da Mrs Belastra den ganzen Tag im Buchladen ist, ist es sehr wahrscheinlich, dass meistens Clara das Kochen übernimmt. Indem Tess bekennt, dass auch sie Zeit in der Küche verbringt, stellt sie eine gemeinsame Basis her. Clara gesteht, dass ihr mal ein Missgeschick mit der Kruste eines Kuchens passiert ist, und schon bald kichern und schwatzen die beiden wie zwei Plappermäuler.
Ich wünschte, ich hätte ein paar von Tess’ Begabungen. Ich erkundige mich bei Marianne, wie das Geschäft läuft, und sie erzählt, dass gerade eine Sendung Kinderbücher über sittliches Verhalten eingetroffen ist, die von der Bruderschaft genehmigt sind. Als ich danach frage, was sie selbst gern liest – eine Frage, die Tess liebt –, schwärmt sie von einem französischen Dichter, den sie jüngst entdeckt hat.
Ich spiele mit den rosaroten Rosen auf dem Tisch und blicke hinüber ins Wohnzimmer. Maura steht mit Cristina Winfield und ein paar anderen Mädchen aus der Stadt um das Klavier herum und plaudert fröhlich. Sachi und Rory sitzen tuschelnd auf dem Sofa. Eigentlich alles ganz normal. Ich frage mich nur, worüber Mrs Corbett gerade spricht, die mit etlichen Frauen der Brüder zusammen um das Sofa steht und diskutiert. Haben wir etwas falsch gemacht? Genügen wir den Anforderungen?
»Dies ist so etwas wie Ihr gesellschaftliches Debüt, nicht wahr?«, fragt Marianne und schreckt mich damit aus meiner Träumerei auf. »Sie sollten wieder zu Ihren wirklichen Gästen zurückgehen.«
Überrascht sehe ich auf und bin peinlich berührt, beim Tagträumen ertappt worden zu sein. »Sie und Clara sind genauso unsere Gäste wie alle anderen auch.«
»Es war sehr lieb von Ihnen, uns einzuladen, Cate, aber Sie sind doch ein gescheites Mädchen. Eine Verbindung mit meiner Familie ist für Sie nicht gerade von Vorteil. Das müssen Sie einsehen.«
Das tue ich, aber irgendwie fliegt mein gesunder Menschenverstand zum Fenster hinaus, wenn ich an ihren Sohn denke.
Hat Finn ihr von uns erzählt? Bei dem Gedanken zucke ich innerlich zusammen. Sie und meine Mutter waren vielleicht
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