Töchter des Mondes, Band 01: Cate (German Edition)
wollen, um mich zu zwingen, ihnen beizutreten.«
Maura schüttelt den Kopf, sodass ihr roter Zopf vor und zurück fliegt. Ein leichtes Lächeln spielt um ihre Lippen. »Da liegst du aber falsch. Sie benutzt mich nicht, um dich zu kriegen.«
»Ich denke mir das doch nicht aus! Glaubst du wirklich, ich würde so weit gehen, nur um dich davon abzuhalten, die Gouvernante zu treffen?« Ich werfe verzweifelt die Hände in die Luft. »Du kannst Mutters Tagebuch lesen, wenn du willst.«
Ich gehe zu meinem Schreibtisch, in dem ich das Tagebuch unter einem Zauber versteckt habe, aber Maura hält mich auf. »Ich brauche es nicht zu sehen. Auch wenn diese Prophezeiung wahr ist, weiß ich, was ich fühle, und das ist genauso wahr. Es ist mir einerlei, was die Schwestern mit mir vorhaben. Ich möchte mit Elena nach New London gehen. Ich liebe sie, Cate, und sie liebt mich auch. Sie hat es noch nicht gesagt, aber – «
Ich spüre, wie die Wut in mir hochkocht. »Sie manipuliert dich, Maura. Sie hat dich von Anfang an benutzt! Ich werde sie sofort entlassen.«
»Das kannst du nicht tun!« Maura stellt sich zwischen mich und die Tür.
Ich lehne mich gegen den Bettpfosten und fühle mich auf einmal sehr erschöpft. Ich habe keine Kraft für einen weiteren Streit mit Maura. Es gefällt mir nicht, mit ihr zu streiten. Es gefällt mir nicht, wie distanziert wir sind, seit Elena hier angekommen ist – und auch vorher schon, wenn ich ehrlich zu mir selbst bin. Es ist einfach, die Schuld auf Elena zu schieben, aber wir sind uns schon monatelang gegenseitig an die Gurgel gegangen.
Dann werde ich von Mitleid erfüllt. Maura ist so einsam. So zu Tode gelangweilt. Und sie will nicht heiraten. Sie verdient es, irgendwohin zu gehen, wo sie ihre Fähigkeiten nutzen kann – wo sie hingehört. Wenn das bei den Schwestern ist, dann soll es so sein. Ich sollte sie gehen lassen, ohne so ein Theater zu machen.
Ich trete ans Fenster und schiebe die Vorhänge zur Seite. Von hier aus kann ich den Rosengarten sehen, die Goldraute und die immergrünen Pflanzen, die einen ordentlichen, schützenden Rahmen um die leuchtend roten und rosa- und cremefarbenen Rosen bilden. In der Mitte steht die Bank, vor der ich gesessen habe, als ich zum ersten Mal Magie gelernt habe. Zu den Füßen von Mutter und Athene.
Ich lege eine Hand an die Schläfe und blinzele. Da war irgendetwas – was habe ich gerade noch gedacht?
»Ist alles in Ordnung?«, fragt Maura. Ihre besorgten Augen sind auf mein Gesicht gerichtet.
»Mein Kopf – « Es ist ein seltsames Gefühl. Als wenn etwas an mir ziehen würde. Nicht an meinen Haaren – von innen. Ganz eigenartig.
Maura legt einen Arm um mich, führt mich zum Bett und streicht die zerknüllte blaue Decke glatt. »Du siehst müde aus. Warum legst du dich vor dem Abendessen nicht noch etwas schlafen?«
Meine Gedanken sind wirr. War ich nicht vor einem Moment noch böse auf sie? Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, warum. Sie ist doch so lieb zu mir. Etwas stimmt nicht, ich wollte etwas tun, aber ich weiß nicht mehr, was .
Ich wehre mich gegen das Ziehen in meinem Kopf, und es verschwindet.
Wie ein Zauber von einer Hexe, die weniger stark ist als ich.
Maura hat Elena geküsst. Ich wollte sie entlassen und dann –
Nein. Das würde Maura nicht tun.
Ich sehe zu meiner Schwester hoch, deren saphirblaue Augen immer noch auf mich gerichtet sind.
Jetzt kann ich es ganz deutlich spüren, wie sie an meinen Erinnerungen zieht.
»Wie kannst du nur?!«, explodiere ich und schubse sie weg. Sie stößt gegen meinen Frisiertisch, und eine kleine Flasche Lavendelwasser fällt um. Sie rollt vom Tisch, zerspringt und hüllt den Raum in Lavendelduft.
»Hör sofort auf. Ich weiß, was du vorhast«, blaffe ich sie an.
Mauras Gesichtszüge entgleiten. Sie geht rückwärts auf die Tür zu. »Ich wollte bloß – «
»Wage es nicht, dich herauszureden! Ich habe noch nie Magie gegen dich verwendet. Noch nie!«
Ich hole tief Luft und versuche, mein rasendes Herz zu beruhigen. Es ist alles in Ordnung. Ich kann mich immer noch erinnern. Es hat nicht funktioniert, sie ist nicht stark genug.
Aber was, wenn es funktioniert hätte? Wütend sehe ich Maura an. Ich werde das niemals jemandem antun, den ich liebe. Nie wieder.
»WeißElena,dassdueskannst?«HatElenaunsetwadieganzeZeitgegeneinanderausgespielt,umzusehen,wervonunsdieStärksteist?
Maura nickt. »Sie hat es mir selbst beigebracht. Sie war stolz auf mich, wie schnell ich
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