Töchter des Mondes, Band 01: Cate (German Edition)
Vorgesetzten bei den Schwestern mögen Ihre Vorgehensweise vielleicht tolerieren, aber ich tue es nicht. Sollte ich jemals eine machtvolle Position erlangen, werden Sie sich selbst keinen Gefallen damit tun, Maura jetzt glauben zu lassen, dass Sie sie lieben.«
Elena sieht mich lange an. Sie ist eine ehrgeizige Frau. Ich hoffe, ich habe die richtigen Worte gewählt – dass meine Drohung ihr etwas bedeuten wird.
Schließlich wendet sie sich Maura zu. Legt ihr eine Hand auf den gerüschten Ärmel. »Maura«, sagt sie, »ich fürchte, du hast meine Gefühle fehlinterpretiert.«
Mauras blaue Augen füllen sich erneut mit Tränen. »Sag das nicht«, bettelt sie und nimmt Elenas andere Hand. »Hör nicht auf Cate. Bitte. Ich – ich liebe dich!«
Neben mir gibt Tess ein überraschtes Zischen von sich.
»Ich fühle mich sehr geschmeichelt von deiner Aufmerksamkeit«, sagt Elena, während sie sich ihr entzieht, »aber ich erwidere deine Gefühle nicht.«
Maura streckt eine Hand nach ihr aus und lässt sie wieder fallen. Die gleiche Hand, die vorher noch so zärtlich Elenas Wange berührt hat. »Aber du hast mich geküsst!«
Elena schüttelt den Kopf. Trotz der ganzen Aufregung sieht sie immer noch so perfekt aus wie eine Porzellanpuppe, nicht eine einzige Locke ist nicht da, wo sie sein sollte. »Du hast mich überrumpelt. Es war ein Fehler.«
Maura sieht mich an Elena vorbei an. »Du hattest recht«, ruft sie und läuft aus dem Zimmer. »Bist du jetzt zufrieden?«
Wir drei stehen schweigend da. Auf der anderen Seite des Flurs fällt Mauras Tür mit solcher Wucht ins Schloss, dass die Wände wackeln. »Das hätten wir vielleicht ein bisschen besser handhaben können«, sagt Elena. Sie öffnet den Kleiderschrank und zieht ihre Reisetasche hervor. »Sie können mich wegschicken, aber die Schwestern werden jemand anders schicken. Ich werde ihnen erzählen, was ich herausgefunden habe. Sie können so tun, als wäre nichts, Cate. Aber es wäre einfacher für Sie, wenn Sie freiwillig zu uns kommen.«
»Und wenn nicht?«, frage ich. Ich will, dass Tess es mitbekommt, wenn sie es sagt.
»Die Schwestern sind nicht unbedingt erpicht darauf, Sie zu zwingen. Aber wenn es sein muss, werden sie alles, was in ihrer Macht steht, tun, um Sie zu überzeugen. Und die Macht der Schwestern ist beachtlich. Sie werden nicht zögern, Maura und Tess zu benutzen.« Elena sammelt ihre Sachen vom Frisiertisch ein. »Es tut mir leid, das zu sagen, Tess. Ich wünschte, es wäre anders.«
»Aber Sie werden die Schwestern auch nicht aufhalten, nicht wahr? Was bedeutet, dass ich Sie leider nicht länger in diesem Haus ertragen kann. Packen Sie Ihre Sachen und verschwinden Sie«, schnauze ich sie an. »Tess, komm mit.«
Tess hat bisher an die Wand mit der Tulpentapete gelehnt dagestanden und alles mit ihren aufmerksamen kleinen Sturmwolkenaugen in sich aufgenommen. Jetzt folgt sie mir über den Flur in mein Zimmer. Als ich Maura hinter ihrer Tür schluchzen höre, zieht sich mir der Magen zusammen.
Tess setzt sich auf mein Bett und lässt die Füße über die Kante baumeln. »Du hast uns Dinge verheimlicht. Erzähl mir alles«, sagt sie. Und das tue ich.
Kurz vor dem Abendessen klopft es an meine Zimmertür. Tess ist immer noch da. Sie liegt auf dem Bauch auf dem Sofa und liest hochkonzentriert Mutters Tagebuch.
»Miss Cate!« Es ist Mrs O’Hare. Warum ist sie die Treppe hinaufgekommen, statt Lily zu schicken? »Sie haben Besuch. Bruder Ishida möchte mit Ihnen sprechen.«
Tess setzt sich auf und sieht mich alarmiert an.
»Es ist nichts«, sage ich. »Wir haben nichts getan.«
Es sei denn, Sachi hat ihrem Vater etwas erzählt. Es sei denn, Brenna hat etwas ausgeplaudert. Es sei denn –
Nein. Viel wahrscheinlicher hat inzwischen der zweite Teil von Belastras Plan begonnen.
»Versuch, Maura zu sagen, dass er hier ist, falls sie ihre Tür öffnen sollte«, sage ich Tess. »Wir können jetzt keine weitere Szene gebrauchen.«
Ich werfe einen Blick in den Spiegel, richte meine Haare und gehe hinunter ins Wohnzimmer.
Ein heftiger Wind hat eingesetzt und lässt die Blätter schwer von den Bäumen fallen. Nackte Zweige schlagen gegen das Fensterglas. Die Vorhänge wehen wie bösartige blaue Geister ins Wohnzimmer. Ich durchquere den Raum und schließe die Fenster. Bruder Ishida steht mit dem Rücken zu mir vor dem Kamin.
Er dreht sich um und lächelt. »Guten Abend, Miss Cahill.«
»Guten Abend,
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