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Töchter des Schweigens

Töchter des Schweigens

Titel: Töchter des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elia Barceló
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Candela. Sole, die fast ebenso gut tot sein könnte. Rita, wenn sie angeklagt wird und die zwei lächerlichen Indizien einen Richter überzeugen, für den Rest ihres Lebens hinter Gittern. Das ist nicht gerecht, verflucht, das ist nicht gerecht! Und uns geht es so gut …«
    »Das haben wir uns hart erkämpft.«
    »Jeder kämpft für sein Glück, Jaime, da sind wir nicht die Einzigen. Jeder tut, was er kann, aber nicht alle schaffen es. Wenn du am Computer Solitär spielst, hängt auch alles eher davon ab, wie die Karten gemischt sind, als davon, wie clever du bist. Es ist Glücksache.«
    »Kaum zu glauben, dass gerade du das sagst.« Jaime füllte die Gläser auf. »Teresa Soler, die zehn Jahre im Voraus plant, die einen Fuß vor den anderen setzt, bis sie ihr selbstgestecktes Ziel erreicht hat, die alles sorgfältig berechnet, selbst die Empfängnis unserer Kinder, damit die in den Ferien zur Welt kommen, die sich seit Jahren auf das Klimakterium vorbereitet … An das Glück hast du doch noch nie geglaubt.«
    Teresa lachte auf.
    »Man tut halt, was man kann, aber du weißt ja: ›Der Mensch denkt, Gott lenkt‹ und ›Hilf dir selbst, so hilft dir Gott‹. Weil man sich auf das Glück eben nicht verlassen kann und jeder sein Teil dazu beitragen muss, um böse Überraschungen zu vermeiden.«
    »Gehen wir essen, wenn wir zwei schon mal allein sind?«
    »Gute Idee. Ich habe nicht einmal eingekauft bei dem ganzen Hin und Her mit dem Friedhof. Ich checke nur sicherheitshalber noch rasch die E-Mails, ziehe mich um, und dann gehen wir irgendwohin.«
    Teresa verzog sich in das kleinste Zimmer des Hauses, fast eine Abstellkammer, wo der Rechner stand, Jaime stellte die Weinflasche zurück in den Kühlschrank und ging sich rasieren. Als er sich im Spiegel betrachtete, fand er, dass er immer noch gut aussah, obwohl man ihn allmählich ohne Übertreibung als Glatzkopf bezeichnen konnte, allerdings durfte man jenseits der fünfzig auch nicht viel mehr erwarten. Schließlich war er kein Filmheld, sondern ein schlichter Zahnarzt, der großes Glück im Leben gehabt hatte, vor allem das unermessliche Glück, eine gute, tapfere, patente Frau gefunden zu haben, die ihn immer noch liebte.
    »Jaimeee!« Teresas Stimme hatte einen so überraschten und drängenden Tonfall, dass er sofort zu ihr eilte, das Gesicht voller Rasierschaum.
    »Ich habe gerade eine unglaubliche E-Mail erhalten. Von Sole! Sie macht sich Sorgen um Lena, weil sie ihr seit Tagen nicht antwortet. Ich wusste nicht einmal, dass die beiden Kontakt miteinander hatten. Was soll ich machen? Soll ich ihr schreiben und es ihr erzählen …?«
    »Sag ihr auch gleich, wann die Beerdigung ist. Vielleicht will sie ja kommen …«
    »Aus Kuba?«
    »Diplomaten reisen umsonst, und deinen Erzählungen nach hat es Sole nie an Geld gemangelt. Wenn sie mit Lena korrespondiert hat, kränkt es sie womöglich, wenn ihr sie nicht benachrichtigt.«
    »Wahrscheinlich hast du recht. Los, rasier dich fertig, und in der Zwischenzeit schreibe ich ihr. Nachdem wir so viele Jahre nichts voneinander gehört haben, ist es kein Vergnügen, ihr aus einem solchen Grund zu schreiben.«
    Da es dazu nichts weiter zu sagen gab, sagte er nichts und verschwand wieder im Bad.

1974
    Um zwei Uhr morgens herrscht endlich Ruhe in allen Zimmern, alle Mädchen haben das Licht ausgemacht und hängen ihren Gedanken nach, während sie im Halbdunkel auf den Schlaf warten. Einige schmieden Zukunftspläne, andere beschäftigen sich mit der jüngeren oder ferneren Vergangenheit, und sie alle spüren ein Flattern in der Magengrube, eine zitternde Vorfreude auf das, was das Leben in den nächsten Tagen, in den nächsten Monaten für sie bereithalten mag.
    Magda, die für gewöhnlich und sehr zum Leidwesen ihrer Freundinnen jederzeit und überall binnen Sekunden einschlafen kann, liegt immer noch wach, doch im Moment beunruhigt sie das nicht. Sie kuschelt sich gemütlich unter der Decke zusammen und lauscht auf Carmens Atemzüge. Die Nacht ist angenehm kühl, und nachdem sie die Prüfungen nun endlich hinter sich hat, fühlt sie sich entspannt, bereit für die Welt, glücklich.
    Der Anblick einer Gruppe bunt gekleideter Hippies mit langen Lockenmähnen und Ledersandalen, die sie heute im Hafen von Palma gesehen hat, geht ihr nicht aus dem Sinn. Sie weiß, dass ihre Eltern das niemals gutheißen würden, aber wenn sie an ihr künftiges Leben denkt und ihren Gedanken freien Lauf lässt, wie jetzt, dann stellt sie es sich

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