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Töchter des Schweigens

Töchter des Schweigens

Titel: Töchter des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: barcelo
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Millionär. Am Ende eines jeden Traums wartete immer ein Mann, Der Mann Deines Lebens, der alle deine Wünsche erfüllen würde, dein Prinz. Doch im Gegensatz zum Märchen warst der Frosch immer du. Er machte aus dir, was er wollte: eine Frau, eine Dame, eine Dirne. Du warst nichts weiter als der Lehm, aus dem er die Frau seines Lebens formte, die Mutter seiner Kinder, für die du lediglich das Gefäß sein würdest. Lehm gab einfach immer ein gutes Sinnbild ab, wenn es um Männer und Frauen ging.
    Für sie stellte die Hochzeit längst kein unmittelbares Ziel mehr dar, sie war eine Wunschvorstellung ihrer Mütter. Ihnen dagegen stand der Sinn eher nach Dem Mann Deines Lebens, dem Abenteuer, der Leidenschaft. Sie wollten einen Partner und Verbündeten haben, mit ihm zusammenziehen, verliebt sein, eine freche, romantische, hochkultivierte Beziehung leben, in einem goldglitzernden Rahmen, auch wenn das Paar auf dem Foto Jeans, braune Pullover und Kapuzenjacken anhatte. Rollkragen und Dufflecoats gehörten zur älteren Generation und waren ebenso verpönt wie Petticoats und Trevira-Hosen.
    Ingrid stieß ihr den Ellbogen in die Seite und holte sie schlagartig aus ihren Erinnerungen und Grübeleien. Das machte Ingrid schon seit Jahren so, immer im unvorhergesehensten Augenblick.
    »Wie läuft’s denn bei dir so, Künstlerin? Erzähl uns doch mal ein bisschen aus deinem Leben!« Candela bemühte sich, die Stille zu überbrücken, die nach dem Gespräch über das Schiff zwischen ihnen entstanden war, und Rita, eben weil auch sie dazu beitragen wollte, das Thema zu vergessen, begann zu reden, ohne recht zu wissen, worauf sie hinauswollte, während sie irgendwo in ihrem Kopf die stummen Kommentare derer zu hören glaubte, die einmal ihre besten Freundinnen gewesen waren.
    »Na ja, was soll ich erzählen. Ihr wisst schon. Ich lebe in London – Wie nobel! Wir anderen sind natürlich alle Landeier, ist ja klar –; am Anfang ist es mir schwergefallen, Fuß zu fassen, aber jetzt kann ich mich nicht beklagen, es geht mir gut, ich habe kein Problem mit der Finanzierung, wenn ich einen neuen Film plane – Sie ist hübscher, man merkt ihr an, dass sie etwas Besseres ist  –, seit dem Oscar für den besten ausländischen Film, ihr wisst schon – Die gibt ja schwer an! –; durch meine Arbeit bin ich viel auf Reisen – Bestimmt schön, ständig unterwegs zu sein, auf den Festivals in Venedig und Cannes, in Hollywood … Verglichen damit ist unser Leben wirklich armselig! –; ich bin nicht verheiratet, habe keine Kinder – Was für ein tristes, einsames, egoistisches Leben! –; aber da ich mit Ingrid zusammenwohne und ihre Kinder fast noch Babys waren, als sie bei mir einzog, empfinde ich die beiden praktisch als meine eigenen …«
    »Hast du nie daran gedacht, ein eigenes Kind zu haben?« Lena neigte sich ihr zu, als wollte sie ihr die Antwort erleichtern.
    »Es war nie der richtige Moment. Und ich bin nie einem Mann begegnet, der mir gut genug gefallen hätte, und … ich weiß nicht, jetzt ist es zu spät. Bin ich die Einzige, die keine Kinder hat?«
    »Candela hat auch keine.« Carmen schlug wieder ihren aggressiven Ton an, als wollte sie sich für das von vorhin rächen.
    »Ich wollte nie welche. Ihr habt euch alle einreden lassen, eine Frau ohne Kinder wäre keine richtige Frau. Ich schon. Ich mache, was ich will, komme und gehe, wie es mir passt, bin niemandem Rechenschaft schuldig, schlafe, mit wem es mir beliebt. Kinder machen nur Ärger. Sie rauben dir deine Zeit, dein Geld und deine Energie. Mir geht es besser als euch, weil ich schlauer war.«
    Die Runde verschwimmt um Candela, als diese einen Stich im Unterleib spürt und von einer plötzlichen Angstattacke erfasst wird, die sie durchschüttelt wie ein mächtiger Wellenschlag. Einen Moment lang sieht sie sich wieder in ihrem Krankenhausbett, hört die Stimme des Arztes, der sagt, sie hätten alles herausgeholt, es wäre höchste Zeit gewesen, und sie rechneten mit vollständiger Genesung. Das Gefühl, ein Hühnchen auf einer Marmortheke zu sein, offen, leer, eine behandschuhte Hand, die hineingreift und herausreißt, eine umgekehrte, makabre Geburt.
    Und dann das andere, das Schlimmste, das sie sich nicht einmal selbst eingestehen will.
    Als sie den Blick wieder vom Tischtuch hebt, sieht Teresa ihr direkt in die Augen, voller Mitgefühl, die Lippen zusammengepresst, wie um ihr zu signalisieren, dass sie den Mund halten wird, dass ihr Geheimnis bei ihr sicher ist

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