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Töchter des Schweigens

Töchter des Schweigens

Titel: Töchter des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: barcelo
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die mir je begegnet sind.«
    »Das weiß ich doch selbst, zum Teufel! Man muss total bescheuert sein, um so etwas zu tun. Und die Klinge mitzunehmen, wenn es nach Selbstmord aussehen soll. Und den Gazpacho nicht wegzuschütten, den Lena zubereitet hatte. Verstehst du jetzt, warum ich sage, die Sache hat weder Hand noch Fuß?«
    Ana zog schweigend den Finger über die feuchte Tischplatte, als zeichnete sie ein unsichtbares Muster.
    »Und wenn es jemand war, der den Verdacht auf Rita lenken will?«
    »Daran haben wir auch schon gedacht. Aber wer? Und warum?«
    Ana sah ihn ausdruckslos an. Eine konkrete Antwort hatte sie darauf auch nicht, und wenn sie die vielen Spekulationen in Worte fassen wollte, die ihr aufgrund der Ereignisse bei der Party durch den Kopf gingen, könnten Dinge zur Sprache kommen, zu denen sie sich lieber nicht äußern wollte; Dinge, die tief in ihrem Gedächtnis vergraben waren und die nie wieder zu erwähnen sie sich geschworen hatte.
    »Na los! Schau mich nicht so an. Hast du eine Idee?«
    »Manolo Cortés?«, sagte sie fast flüsternd, obwohl sie wusste, dass das Unsinn war, doch lenkte dieser Unsinn ein wenig von der Clique ihrer Freundinnen ab.
    »Welcher Manolo Cortés? Der Bauunternehmer?« Ana nickte. »Was hat der denn damit zu tun?«
    »Er war vor ewigen Zeiten einmal Ritas Freund. Mit Carmen hat er sich nur aus Frust eingelassen. Die wurde dann schwanger und sie heirateten, wie du ja weißt. Carmen meint, Manolo hätte es nie verwunden, dass Rita sich von ihm getrennt hat, und wann immer ihr Name fällt, muss er über sie herziehen. Gestern habe ich seine Tochter Vanessa getroffen, die sagt, ihr Vater werde allmählich senil, denn nachdem er sich vor sämtlichen alten Freundinnen, die ihm über den Weg gelaufen sind, zum Affen gemacht hat, sei er jetzt hinter Rita her, der angeblich einzigen Frau, die sich ihm je verweigert hat. Vanessa hat sich schiefgelacht bei der Vorstellung, dass Manolo den Casanova mimt, und das ausgerechnet bei einer, von der alle Welt weiß, dass sie lesbisch ist.«
    »Ach ja? Das habe ich nicht gewusst.«
    »Nun ja, sie selbst sagt es ja nicht. In den Illustrierten heißt es, Rita sei eine dieser sogenannten ›Schranklesben‹. Sie sitzt noch im Schrank, aber jeder weiß, dass sie da drin ist, auch wenn sie es noch nicht öffentlich gemacht hat.«
    »Und du meinst, jetzt, nach über dreißig Jahren, beschließt dieser Manolo, Nägel mit Köpfen zu machen, und ermordet die arme Lena, um Rita die Schuld zuzuschieben. Das kann nicht dein Ernst sein.«
    »Nein, mir scheint das auch abwegig … Aber etwas anderes fällt mir nicht ein.«
    »Wir werden Rita um eine DNA-Probe bitten müssen, um zu überprüfen, ob die Kippe von ihr ist«, murmelte David vor sich hin. »Und einen Medienskandal können wir ganz und gar nicht gebrauchen. Die Bürgermeisterin wird nicht sehr erfreut sein, die prominenteste Tochter der Stadt in einen Mord verwickelt zu sehen.«
    »Und wenn die Kippe tatsächlich von Rita ist?«
    »Dann wissen wir, dass sie zumindest in diesem Punkt gelogen hat.«
    »Und dann nehmt ihr sie unter Mordverdacht fest?«
    David zuckte wieder mit den Schultern. In diesem Moment klingelte es an der Tür.
    »Das wird Ricky sein. Ich mache ihm auf und schaffe ihn schnurstracks ins Bad. Er ist bestimmt verdreckt, wie immer. Ach, Ana, und bitte kein Wort über das hier. Ich hätte es dir nicht erzählen dürfen, das weißt du.«
    Kaum war David verschwunden, griff Ana zum Handy und wählte Teresas Nummer.
    »Ich kann jetzt nicht reden«, sagte sie hastig, als ihre Freundin sich meldete. »Setz dich mit Rita in Verbindung und sag ihr, sie wird bald einen Anwalt brauchen. Sie soll Candela ansprechen, die wird wissen, was zu tun ist. Nein, ich kann Rita nicht von meinem Handy aus anrufen. Ich erklär’s dir später. Küsschen.«
     
    Sole lag im Schatten am Pool ihres Hauses in Havanna und war beunruhigt. Seit Tagen hatte sie keine E-Mail von Lena erhalten, und obwohl sie daran noch vor wenigen Monaten keinen Gedanken verschwendet hätte, machte es sie jetzt nervös. Sie hatte sich daran gewöhnt, ihrer ehemaligen Schulkameradin zu schreiben und sofort Antwort zu bekommen, viel schneller als »postwendend«, wie das früher hieß. Ohne recht zu wissen, warum, und obwohl Lenas Zeilen sie oft um den Schlaf gebracht hatten, vermisste sie ihre Worte, ihre Erinnerungen, alles, was sie Stück für Stück wieder mit einem Leben verknüpfte, das sie manchmal gar nicht mehr als

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