Töchter des Windes: Roman (German Edition)
Bücher gelesen, bis mir die Augen zugefallen sind. Er macht eine Spazierfahrt, um sich Ennis und die Umgebung anzusehen. Er war so freundlich, einen Brief für mich mitzunehmen.« Oft war es einfacher, dachte Brianna, wenn man den Weg durch die Hintertür nahm. »Ich habe ein paar Papiere gefunden, als ich gestern auf dem Dachboden war.«
»Haben wir die Sache nicht schon mal gemeinsam durchgesehen?« fragte Maggie.
»Ja, aber dabei haben wir einen Großteil von Dads Kisten nicht angerührt. Solange Mutter noch hier lebte, schien es uns das beste, so zu tun, als wären sie nicht da.«
»Sie hätte die ganze Zeit vor sich hingetobt.« Maggie runzelte die Stirn. »Aber du hättest seine Papiere nicht allein durchsehen sollen, Brie.«
»Es hat mir nichts ausgemacht. Ich habe mir überlegt, daß ich den Boden vielleicht in ein weiteres Gästezimmer umwandeln will.«
»Noch mehr Gäste.« Maggie rollte die Augen himmelwärts. »Du hast doch auch so im Frühjahr und Sommer mehr als genug zu tun.«
»Ich habe gern Menschen im Haus.« Es war ein alter Streit, denn während sie sich gern mit Gästen umgab, sah Maggie die Gesellschaft anderer Menschen meistens als unerwünschte Störung an. »Außerdem war es einfach höchste Zeit, sich die Dinge mal anzusehen. Es waren auch noch alte Kleider da, von denen die meisten nicht mehr zu verwenden sind. Aber das hier war auch dabei.« Sie stand auf, holte einen kleinen Karton und zog das weiße Spitzenkleid heraus. »Ich bin sicher, das hat Granny gemacht. Und Dad hat es bestimmt aufgehoben, damit es mal eines seiner Enkelkinder bekommt.«
»Oh.« Maggies Blick, ihr Mund und ihre Stimme wurden weich, und vorsichtig nahm sie das Kleidchen in die Hand. »Wie winzig es ist«, murmelte sie, und während sie über das Leinen strich, spürte sie das Kind in ihrem Bauch.
»Ich dachte, deine Familie hätte vielleicht auch ein Taufkleid zurückgelegt, Rogan, aber ...«
»Wir nehmen das hier. Danke, Brie.« Ein Blick ins Gesicht seiner Frau, und er hatte seine Entscheidung gefällt. »Hier, Margaret Mary.«
Maggie nahm das Taschentuch, das er ihr hinhielt, und tupfte sich die Augen ab. »In den Büchern steht, daß das an den Hormonen liegt. Irgendwie habe ich im Augenblick ziemlich nah am Wasser gebaut.«
»Ich hebe das Kleid für dich auf.« Vorsichtig legte Brianna das winzige Kleidungsstück in den Karton zurück, ehe sie ihrer Schwester die Aktie gab. »Das hier habe ich ebenfalls gefunden. Offenbar hat Dad sie kurz vor seinem Tod gekauft.«
Ein Blick auf das Papier genügte, und Maggie stieß einen abgrundtiefen Seufzer aus. »Wohl wieder irgend so ein verrückter Plan, um reich zu werden.« Der Anblick der Aktie machte sie fast ebenso sentimental wie das Kleid. »Das sieht ihm ähnlich. Er war also plötzlich am Bergbau interessiert, ja?«
»Nun, alles andere hatte er ja vorher schon ausprobiert.«
Rogan runzelte die Stirn. »Soll ich mich vielleicht mal erkundigen, was für eine Gesellschaft das ist?«
»Ich habe ihnen bereits geschrieben. Mr. Thane hat den Brief für mich mit zur Post genommen. Obwohl ich annehme, daß nichts dabei rauskommen wird.« Mit seinen hochfliegenden Plänen hatte Tom Concannon nie Glück gehabt. »Aber du könntest das Papier für mich aufheben, bis ich eine Antwort bekomme.«
»Es sind immerhin zehntausend Anteile«, stellte Rogan fest.
Maggie und Brianna lächelten einander zu. »Wenn sie mehr wert sind als das Papier, dann ist das Dads größter Erfolg.« Maggie zuckte mit den Schultern und schob sich ein Stück Kuchen in den Mund. »Er hat ständig irgendwelche neuen Geschäfte aufgezogen oder in irgendwelche Unternehmen investiert. Er hatte immer große Träume, Rogan, und ein großes Herz.«
Briannas Lächeln schwand. »Ich habe noch etwas gefunden. Etwas, was ich euch unbedingt zeigen muß. Briefe.«
»Er war ein wunderbarer Briefeschreiber.« »Nein«, unterbrach Brianna, ehe Maggie eine ihrer Geschichten zum besten gab. Tu es jetzt, befahl sie sich. Tu es schnell. »Die Briefe waren nicht von ihm, sondern an ihn adressiert. Insgesamt drei Stück, und ich denke, es ist das beste, wenn du sie selber liest.«
Maggie begegnete Briannas undurchdringlichem Blick. Sie wußte, dieser Blick verriet ihre innere Abwehr gegen alles Unangenehme, von Kopfweh bis hin zu einem schwesterlichen Wutanfall. »Also gut.«
Schweigend legte Brianna die Briefe in Maggies Hand.
Maggie brauchte nur auf den Absender auf dem ersten Umschlag zu sehen,
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