Töchter des Windes: Roman (German Edition)
empfand. »In Galway gibt es einen sehr guten Buchladen, der Ihnen bestimmt gefallen würde. Vielleicht kommen Sie ja mal hin.«
»Ganz bestimmt sogar.«
»Dann viel Spaß. Grüßen Sie Brianna von mir. Und vielleicht könnten Sie beiläufig erwähnen, daß ich kein einziges Brötchen mehr in meiner Speisekammer habe.« Abermals grinste er. »Wenn sie das hört, bekommt sie bestimmt Mitleid mit mir.«
Er pfiff nach dem Hund und ging mit dem leichten Schritt eines Mannes, der über seine eigenen Felder spaziert, davon.
Es war bereits Nachmittag, als Brianna erschöpft, durchnäßt und angespannt nach Hause kam. Glücklicherweise war die einzige Spur von Gray eine eilig hingekritzelte Nachricht auf dem Küchentisch.
Maggie hat angerufen. Murphy hat keine Brötchen mehr.
Eine eigenartige Nachricht, dachte sie. Weshalb sollte Maggie anrufen, um zu sagen, daß Murphy Brötchen wollte? Seufzend legte Brianna den Zettel auf den Tisch zurück. Automatisch setzte sie Teewasser auf und legte alles für die Zubereitung des Freilandhuhns, das sie auf dem Markt gefunden hatte, zurecht.
Dann seufzte sie abermals. Sie setzte sich auf einen Stuhl, kreuzte die Arme auf dem Tisch und legte den Kopf darauf. Sie weinte nicht. Tränen halfen nicht und änderten nichts daran, daß dies einer von Maeves schlimmen Tagen gewesen war und sie sich der Boshaftigkeit, den Beschwerden und Vorwürfen ihrer Mutter hilflos ausgeliefert fühlte. Vielleicht ertrug sie die schlechten Tage inzwischen schwerer, weil es, seit Maeve ihr eigenes, kleines Häuschen besaß, beinahe ebenso viele gute Tage gab.
Maeve liebte ihr neues Heim, ob sie es nun zugab oder nicht. Und ebenso liebte sie Lottie Sullivan, die pensionierte Krankenschwester, die von Brianna und Maggie für sie als Gesellschafterin eingestellt worden war. Auch wenn es selbst dem Teufel nicht gelänge, Maeve dazu zu bewegen, daß
sie sich oder jemand anderem diese schlichte Wahrheit jemals eingestand. Sie hatte die größtmögliche Zufriedenheit erreicht, zu der sie, soweit Brianna sah, fähig war.
Aber Maeve vergaß niemals, daß Maggie diejenige war, die ihr dieses Leben ermöglichte, ein Gedanke, der ihr unerträglich war.
Dies war einer der Tage gewesen, an denen Maeve sich für ihr vermeintliches Elend an ihrer jüngeren Tochter gerächt hatte, indem sie einfach an allem etwas auszusetzen fand. Dies und der Gedanke an die Briefe dieser Amanda an ihren Dad hatten dazu geführt, daß Brianna mit ihrer Kraft am Ende war.
Sie schloß die Augen und gab sich einen Moment lang bescheidenen Wünschen hin. Sie wünschte, ihre Mutter könnte glücklich sein. Sie wünschte, Maeve fände die Freude und das Vergnügen wieder, von denen sie in ihrer Jugend erfüllt gewesen war. Sie wünschte, oh, vor allen Dingen wünschte sie, sie könnte ihre Mutter ehrlichen Herzens lieben statt mit wachsender Verzweiflung und aus kaltem Pflichtgefühl heraus.
Und sie wünschte sich eine Familie, wünschte sich Liebe und Stimmen und Gelächter in ihrem Heim. Sie wünschte sich nicht nur vorübergehende Gäste, die kamen und gingen, wie es ihnen gefiel, sondern etwas Beständiges.
Aber, dachte Brianna, wenn jeder Wunsch ein Penny wäre, wäre ich eine reiche Frau. Sie schob ihren Stuhl zurück, denn die Müdigkeit und die Depression verflogen am ehesten, wenn sie beschäftigt war.
Gray bekäme zum Abendessen ein feines, mit Kräuterbrot gefülltes Hühnchen in einer sämigen Sauce serviert.
Und Murphy, der liebe Murphy, würde nicht mehr lange ohne Brötchen sein.
4. Kapitel
I nnerhalb weniger Tage hatte sich Brianna an Grays Routine gewöhnt und ihren Tagesablauf darauf eingestellt. Er aß gerne und ließ kaum eine Mahlzeit aus – obgleich sie feststellen mußte, daß er sich kaum je an ihren Zeitplan hielt. Sobald er die Küche belagerte, wußte sie, daß er mal wieder hungrig war, und egal, wieviel Uhr es dann war, machte sie ihm eine Kleinigkeit zurecht. Sie mußte zugeben, daß es ihr gefiel, wie sehr er ihre Kochkunst genoß.
Häufig war er zu Streifzügen in der Umgebung unterwegs. Wenn er fragte, gab sie ihm Richtungsanweisungen oder schlug ihm irgendwelche Sehenswürdigkeiten vor. Normalerweise jedoch machte er sich einfach mit einer Karte, einem Notizblock und einer Kamera bewaffnet auf den Weg.
Wenn er unterwegs war, räumte sie sein Zimmer auf. Und indem sie seine Sachen ordnete, erfuhr sie eine Menge über ihn. Brianna entdeckte, daß Grayson Thane in bezug auf Dinge, die ihr
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