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Töchter des Windes: Roman (German Edition)

Töchter des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Töchter des Windes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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gehörten, recht ordentlich war. Ihre guten Gästehandtücher lagen nie in feuchten Haufen auf dem Boden herum, auf ihren Möbeln waren niemals nasse Ringe von vergessenen Gläsern oder Tassen zu sehen. Doch was seine eigenen Besitztümer betraf, war er von einer gewissen Nachlässigkeit. Zwar kratzte er den Schlamm von seinen Stiefeln, bevor er ihr Haus betrat, aber offenbar unterzog er das teure Leder niemals irgendeiner Reinigung oder gar einer Politur.
    Also tat sie es für ihn.
    Seine Kleider trugen die Etiketten teurer Geschäfte auf der
ganzen Welt, aber sie waren nie gebügelt und wurden achtlos über eine Stuhllehne geworfen oder krumm und schief in den Schrank gehängt.
    Mit der Zeit nahm sie sich seiner Wäsche an, und sie mußte sich eingestehen, daß es ihr Vergnügen bereitete, an sonnigen Tagen seine Hemden neben ihren Kleidern auf der Wäscheleine hängen zu sehen.
    Er hatte keine Fotos von Freunden oder Verwandten aufgestellt und unternahm auch sonst nicht den geringsten Versuch, dem Raum, den er bewohnte, eine persönliche Note zu verleihen. Allerdings hatte er kistenweise Bücher dabei – Thriller, Horrorromane, Spionage- und Liebesgeschichten, Klassiker, Sachbücher über polizeiliche Ermittlungsmethoden, Waffen und Morde aller Art, über Psychologie, Mythologie, Hexerei, Automechanik – beim Anblick dieses Buchs lächelte sie – und so diverse Themen wie Architektur oder Zoologie.
    Offenbar war er einfach an allem interessiert.
    Sie wußte, daß er ein begeisterter Kaffeetrinker war, aber daß er auch Tee nicht verachtete, wenn sie ihn nur lange genug ziehen ließ. Er liebte Süßigkeiten in jeder Form und sprühte vor Energie.
    Er war neugierig – es gab keine Frage, die er nicht stellen würde, wenn ihm danach war –, aber zugleich besaß er eine angeborene Freundlichkeit, die es einem schwer machte, ihm deshalb böse zu sein. Er bot ihr regelmäßig seine Hilfe an, erledigte kleinere Einkäufe für sie, und außerdem gab er Con stets von seinem Essen ab, wenn er dachte, daß sie es nicht sah.
    Alles in allem hatten sie sich gut miteinander arrangiert – durch ihn hatte sie Gesellschaft, ein Einkommen und die Arbeit, die ihr gefiel, während sie ihm ein vorübergehendes, geordnetes Zuhause gab. Aber aus irgendeinem Grund konnte sie sich nie wirklich entspannen, wenn er in der Nähe
war. Den einen kurzen Augenblick knisternder Anziehung zwischen ihnen beiden hatte er nie wieder erwähnt, aber sie empfand in seiner Gegenwart immer noch eine ungewohnte Nervosität. Wenn sie in ein Zimmer kam und ihm unerwartet gegenüberstand, machte ihr Herz einen Satz, und wenn er seine goldenen Augen in ihre Richtung wandte, nur, um sie anzusehen, wurde ihr siedend heiß.
    Sie gab sich selbst die Schuld daran. Es war lange, lange her, daß sie in einen Mann verliebt gewesen war. Nachdem Rory McAvery gegangen und sie mit einer Narbe am Herzen und einem Loch in ihrem Leben zurückgeblieben war, hatte sie sich niemals wieder derart zu einem Mann hingezogen gefühlt.
    Da sie diese Art der Zuneigung ausgerechnet gegenüber einem Gast empfand, hatte sie beschlossen, daß es ihre Pflicht war, ihre Gefühle weder sich noch ihm jemals einzugestehen. Doch während sie die Tagesdecke auf seinem Bett glattstrich und die Kissen ausschüttelte, fragte sie sich unweigerlich, auf was für einem Streifzug er sich wohl heute befand.
     
    Er war nicht weit. Gray hatte am Morgen beschlossen, zu Fuß zu gehen, und war die schmale Straße unter einem bedrohlich düsteren Himmel hinunterspaziert. Er hatte ein paar Farmgebäude und einen Unterstand, der neben einem Traktor einige Heuballen barg, passiert. Wahrscheinlich gehörten all diese Dinge zu Murphys Besitz, dachte er und fragte sich, wie es wohl war, ein Farmer zu sein.
    Land zu besitzen, dafür verantwortlich zu sein. Zu pflügen, zu säen, zu düngen und zu sehen, wie alles wuchs. Den Himmel im Auge zu behalten und die Luft zu prüfen, um zu erkennen, ob es wohl einen Wetterumschwung gäbe.
    Kein Leben für Grayson Thane, dachte er, aber gleichzeitig konnte er sich vorstellen, daß es Menschen gab, denen ein solches Dasein gefiel. Die Art, in der Murphy Muldoon über
das Feld gegangen war, hatte seinen Besitzerstolz gezeigt – es war der Gang eines Mannes gewesen, der wußte, daß er sich auf seinem eigenen Grund und Boden befand.
    Aber Land – oder sonst irgend etwas – zu besitzen, hieß, daß man gebunden war. Er müßte Murphy fragen, wie er das

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