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Töchter des Windes: Roman (German Edition)

Töchter des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Töchter des Windes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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war. Hin und wieder schlief er, doch mehr als kurze Nickerchen voller Träume und Horrorvisionen gönnte er sich nicht. Er aß, wodurch er seinen Körper ebenso mit Nahrung versorgte wie durch die Geschichte seinen Geist. Die Story stürmte regelrecht durch ihn hindurch. In drei Tagen hatte er mehr als hundert Seiten getippt. Sie waren noch roh, manchmal ging die Handlung nicht voran, aber zumindest hatte er den Kern.
    Er hatte einen Mord, witzig und hinterhältig zugleich. Er hatte Hoffnungslosigkeit und Schmerz, Verzweiflung und Lügen.
    Er hatte das Gefühl, im Himmel zu sein.
    Als er mit dem ersten Teil seines Buches fertig war, kroch er ins Bett, zog sich die Decke über den Kopf und schlief wie ein Toter.
    Als er aufwachte, sah er sich lange in seinem Zimmer um und kam zu dem Schluß, daß eine Frau, die so stark wie Brianna war, bei dem Anblick wohl nicht so schnell in Ohnmacht fiel. Sein eigener Anblick jedoch, dachte er, als er sich im Badezimmerspiegel betrachtete, war etwas gänzlich anderes. Er rieb sich mit der Hand über die Stoppeln an seinem Kinn. Er sah aus wie ein Wesen, das aus einem Sumpf gekrochen war.
    Er zog sich das Hemd über den Kopf, wobei er ob des strengen Geruchs zusammenfuhr, trat unter die Dusche, und dreißig Minuten später zog er sich frische Kleider an. Ihm war ein wenig schwindlig, und aufgrund des Mangels an Bewegung fühlte er sich mehr als nur ein bißchen steif. Er öffnete das Fenster und atmete tief die Luft des regnerischen Morgens ein.
    Ein perfekter Tag, dachte er. An einem perfekten Ort.
    Sein Frühstückstablett stand wie immer vor der Tür, doch das Essen war bereits kalt. Er hatte es verschlafen, merkte er, und während er das Tablett aufhob, hoffte er, er könnte Brianna becircen, daß sie sein Frühstück noch einmal für ihn in den Ofen schob.
    Und vielleicht unternahm sie ja sogar einen Spaziergang mit ihm. Er könnte ein bißchen Gesellschaft gebrauchen. Vielleicht ließe sie sich ja sogar überreden, mit ihm nach Galway zu fahren und sich mit ihm die Geschäfte anzusehen. Und dann könnten sie ...
    Fröhlich grinsend trat er durch die Küchentür. Da stand sie, die Hände in Brotteig vergraben, das Haar hochgesteckt, die Nase mehlbestäubt.
    Es war ein wunderbarer Anblick, und ebenso wunderbar gelaunt stellte er das Tablett mit einem so lauten Krachen auf den Tisch, daß sie zusammenfuhr. Gerade als sie den Mund zu einem Lächeln verzog, nahm er ihr Gesicht zwischen seine Hände und gab ihr einen kräftigen Kuß.
    Ihre Hände ballten sich zu Fäusten und ihr schwindelte, doch ehe sie reagieren konnte, trat er bereits einen Schritt zurück. »Hi. Toller Tag, nicht wahr? Ich fühle mich einfach phantastisch. Man weiß nie, ob einem die richtigen Gedanken kommen, wissen Sie. Und wenn es passiert, ist es wie ein Zug, der einem mit Höchstgeschwindigkeit durch das Hirn saust. Man kann es nicht aufhalten.« Er nahm eine Scheibe kalten Toast von seinem Tablett und hob sie an seinen Mund, doch ehe er hineinbeißen konnte, traf ihn die Erkenntnis wie ein Blitz. Er sah sie abermals an, und der Toast fiel auf den Teller zurück.
    Der Kuß war nicht mehr gewesen als ein Spiegel seiner Ausgelassenheit. Nun allerdings spürte er eine Art verspätete Reaktion, seine Muskeln spannten sich an, und ein Schauder lief seinen Rücken hinab.
    Sie stand einfach da und starrte ihn mit riesengroßen Augen
an. Sie war so schockiert, daß ihr Mund immer noch halb geöffnet war.
    »Warten Sie eine Minute«, murmelte er und bewegte sich erneut auf sie zu. »Nur eine Minute, ja?«
    Sie hätte sich selbst dann nicht bewegen können, wäre in diesem Augenblick das Dach eingestürzt. Sie konnte kaum atmen, als er ihr Gesicht erneut in seine Hände nahm, dieses Mal allerdings so sanft, als experimentiere er mit einem zarten Stoff. Seine Augen blieben geöffnet, doch als er sich über sie beugte, wirkte sein Blick nicht unbedingt erfreut.
    Sie spürte seine Lippen sanft und liebevoll auf ihrem Mund. Es war eine Art von Berührung, bei der das Blut nicht in Wallung geraten sollte, aber dennoch passierte genau das. Er drehte sie gerade weit genug zu sich herum, daß sich ihre Körper berührten, und legte ihren Kopf gerade weit genug zurück, daß eine Vertiefung des Kusses möglich war.
    Aus ihrer Kehle drang ein Geräusch, dem nicht zu entnehmen war, ob es ein Ausdruck von Entsetzen oder Vergnügen war, doch dann wurden ihre geballten Fäuste schlaff.
    Sie hatte einen köstlichen Mund, merkte

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