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Tödlich ist die Nacht

Tödlich ist die Nacht

Titel: Tödlich ist die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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sei. Er schüttelte den Kopf.
    Der große Cop informierte Chi über seine Rechte. Madame Chen starrte ihren Neffen böse an und sagte ihm mit unmissverständlichen Worten, dass er eine Schande für die Familie sei. Tyler sah zu Chi, zog eine Grimasse und streckte ihm die Zunge heraus.
    »Ich habe ihm doch gar nichts getan!«, rief Chi. »Der kleine Scheißer hat nach mir getreten!«
    Mit ein paar schnellen Schritten war Madame Chen bei ihrem Neffen, packte sein Ohr und verdrehte es, dabei brüllte sie ihn auf Chinesisch an. Tyler hatte sie noch nie so wütend gesehen.
    »Ma'am«, sagte Detective Kyle und versuchte sie sanft von Chi wegzuziehen. »Wir kümmern uns schon darum. Wir kümmern uns um ihn.«
    »Gut!«, sagte sie und funkelte Chi an. »Vielleicht wird er im Gefängnis etwas lernen. Vielleicht einen Beruf, mit dem er sein Geld verdienen kann, wenn er wieder draußen ist.«
    »Du bevorzugst immer die beiden!«, rief Chi. »Ich gehöre zur Familie! Ich bin dein Fleisch und Blut! Ich verdiene…«
    Wütend unterbrach ihn Madame Chen und ließ eine neue Salve chinesischer Beschimpfungen auf ihn niedergehen. Die Detectives sahen sich an, frustriert, weil sie den Austausch der beiden nicht verstanden. Der eine, der Kyle hieß, sah auf Tyler hinunter.
    »Kannst du uns sagen, worum es gerade geht? Was hat er gemeint, als er sagte, sie würde immer die beiden bevorzugen?«
    »Manchmal ist Chi ein bisschen pa-ra-no-id«, sagte Tyler und rieb sich seine schmerzenden Schultern. »Wenn Sie nicht wissen, was das Wort bedeutet, können Sie es nachschlagen. Steht im Wörterbuch.«
    »Ich weiß, was es bedeutet«, sagte Kyle. »Aber woher kennst du solche Wörter?«
    »Weil ich schlau bin und ein unstillbares Bedürfnis habe, Neues zu lernen.«
    Kyle wusste nicht, was er darauf sagen sollte. Stattdessen wechselte er das Thema. »Bist du verletzt? Musst du ins Krankenhaus?«
    Tyler schüttelte den Kopf.
    »Ist das schon einmal passiert? Hat er dir schon einmal wehgetan?«
    »Nein. Er hat mir auch jetzt nicht wehgetan.«
    »Du kannst es mir ruhig erzählen«, erklärte ihm Kyle in dem herablassenden Ton, den er zuvor schon angeschlagen hatte. »Dann musst du dir keine Sorgen machen, dass er dich jemals wieder verletzt.«
    »Werden Sie ihn ins Gefängnis stecken?«, fragte Tyler. »Ich finde nicht, dass Sie das tun sollten. Er ist für den Fischmarkt zuständig. Er wird hier sozusagen gebraucht.«
    »Wir werden sehen«, sagte Kyle. »Jetzt muss er erst einmal ins Gefängnis.«
    »Er ist ein Lügner und ein gemeiner Kerl«, sagte Tyler. »Das sollten Sie auf jeden Fall wissen. Sie dürfen kein Wort von dem, was er sagt, glauben.«
    Es war eine Sache, Chi Schwierigkeiten zu bereiten, aber ihn ins Gefängnis zu bringen war eine andere. Wer wusste schon, was er der Polizei alles erzählen würde?
    »Er hat mir wirklich nicht wehgetan«, sagte Tyler. »Und ich habe ihn zuerst getreten.«
    »Warum hast du das getan, mein Sohn?«, fragte Kyle.
    Tyler ärgerte sich über das »mein Sohn«. »Weil er aus reiner Gemeinheit böse Dinge sagt.«
    »Ach ja? Was hat er denn gesagt?«
    »Dass er ein größeres Recht hätte, hier zu sein, als ich, weil ich nur adoptiert bin. Aber ich finde, Sie sollten ihn deswegen nicht ins Gefängnis stecken.«
    »Kindsmissbrauch ist ein Verbrechen«, erläuterte Kyle, als sei Tyler etwas schwer von Begriff. »Wir müssen ihn mitnehmen. Und es wird wohl jemand vom Jugendamt kommen und mit dir sprechen.«
    Tyler sah mit erschreckten Augen zu Madame Chen hoch.
    »Das wird nicht nötig sein«, sagte sie zu Kyle.
    »Ma'am, wenn ein Kind in seiner unmittelbaren Umgebung in Gefahr ist…«
    »Er ist nicht in Gefahr. Chi leitet den Fischmarkt, er hatte eine kleine Auseinandersetzung mit Tyler. Einen ähnlichen Vorfall hat es bislang noch nicht gegeben, und es wird auch keinen mehr geben. Ich habe nicht vor, ihn anzuzeigen.«
    »Das müssen Sie auch nicht, Ma'am. Die Behörden sind für die Wahrung der Rechte von Kindern zuständig.«
    »Ich sorge für die Wahrung meiner Rechte. Und die meiner Familie«, sagte Madame Chen entschieden. »Und ich brauche und will keine Hilfe von Ihnen. Was hier eben geschehen ist, ist eine Ausnahme. Eifersucht zwischen Familienangehörigen, wenn Sie so wollen. Eine rein familiäre Angelegenheit. Es ist nicht nötig, die Gerichte mit einem Familienstreit zu belästigen, der innerhalb von fünf Sekunden beigelegt war.
    Sind das die Probleme, mit denen Sie sich den lieben langen Tag

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