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Tödlich ist die Nacht

Tödlich ist die Nacht

Titel: Tödlich ist die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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an, sich umzusehen. Sein Partner, ein großer blonder Kerl ohne Hals, dafür mit Bürstenhaarschnitt und Hornbrille, machte sich schweigend Notizen. Parker sah den beiden einen Augenblick zu und verspürte dabei ein unangenehmes Gefühl im Magen. Das Raub- und Morddezernat tauchte nicht aus reiner Neugier am Schauplatz eines Verbrechens auf. Die arbeiteten an den medienwirksamen Fällen, wie
    O. J., wie Robert Blake, wie Rob Cole – derzeit der prominenteste Killer von L.A.
    »Sie sollten mir an meinem Tatort besser nicht in die Quere kommen, Bradley .« Parker betonte den Namen, zog ihn in die Länge, weil er wusste, dass Kyle das hasste. Er wollte Kyle genannt werden oder wenigstens Brad. Bradley war ein Name für einen Inneneinrichter oder einen Friseur, nicht für einen erfolgreichen Detective.
    Kyle warf ihm einen kurzen Blick zu. »Wer sagt denn, dass es Ihrer ist?«
    »Mein Revier, mein Anruf, mein Mord«, erwiderte Parker und trat auf den jüngeren Detective zu.
    Kyle ignorierte ihn und ging in die Hocke, um die mutmaßliche Mordwaffe in Augenschein zu nehmen – ein alter Bowlingpokal, jetzt blutverkrustet und mit Lenny Lowells Haaren und einem Stück seiner Kopfhaut verziert.
    Kyle war auf der Karriereleiter im Raub- und Morddezernat gerade auf dem Weg nach oben gewesen, als Parker abserviert wurde. Jetzt hatte er die Spitze erreicht und sonnte sich im Scheinwerferlicht, wann immer sich ihm die Gelegenheit bot, was nur allzu oft der Fall war.
    Er sah gut aus, sein Gesicht kam gut im Fernsehen, und seine perfekte Sonnenbräune erweckte den Eindruck, sie sei aufgesprüht. Er war durchtrainiert, aber von eher kleiner Statur, und in dieser Hinsicht empfindlich. Beharrte darauf, er sei eins einundachtzig Komma fünf groß, und das in einem Ton, als wollte er jedem in den Hintern treten, der das anzweifelte. Parker, der selbst knapp unter eins dreiundachtzig war, schätzte Kyle auf eins fünfundsiebzig und keinen Millimeter mehr.
    Parker ging neben ihm in die Hocke.
    »Was wollen Sie hier?«, fragte er ruhig. »Warum kreuzt Raub und Mord nach dem Mord an einem billigen Winkeladvokaten wie Lenny Lowell auf?«
    »Wir gehen, wohin man uns schickt. Stimmt's, Moosie?« Kyle warf seinem Partner einen kurzen Blick zu. Moose knurrte etwas Unverständliches und machte sich weiter Notizen.
    »Was soll das heißen?«, fragte Parker. »Wollen Sie damit sagen, dass ihr den Fall übernehmt? Warum? Er wird es noch nicht mal in die Zeitung schaffen. Die Klientel dieses Kerls bestand aus Kleinkriminellen und ähnlichem Gesindel.«
    Kyle tat so, als habe er ihn nicht gehört, und erhob sich. Ruiz stand nur ein paar Zentimeter von ihm entfernt. In ihren lächerlichen Stöckelschuhen war sie fast so groß wie er.
    »Detective Kyle«, sagte sie mit lasziver Telefonsexstimme und streckte die Hand aus. »Detective Renee Ruiz. Ich will Ihren Job.«
    Im gleichen Ton sagte sie vermutlich auch: »Ich will dich in mir«, was nicht heißen sollte, dass Parker den Wunsch verspürte, das herauszufinden. Er stand auf und sah seine Partnerin kühl an. » Trainee Ruiz, haben Sie eine Skizze vom Tatort angefertigt?«
    Sie gab einen genervten Seufzer in Parkers Richtung von sich, bedachte Kyle mit einem verführerischen Blick und stöckelte dann davon wie eine Frau, die weiß, dass ihr ein Kerl auf den Hintern starrt.
    »Vergessen Sie's, Kyle«, sagte Parker. »Die verspeist Sie zum Frühstück. Außerdem ist sie zu groß für Sie.«
    »Entschuldigen Sie, meine Herren.« Abby Lowell trat zu ihnen. »Dürfte ich Ihre kleine Diskussion, wer den Größeren hat, kurz unterbrechen?« Sie hielt Kyle die Hand entgegen, jetzt wieder ganz sachlich. »Abby Lowell. Der Tote ist – war – mein Vater.«
    »Mein Beileid, Ms. Lowell.«
    »Sie sind beim Raub- und Morddezernat«, sagte sie. »Ich kenne Sie aus den Nachrichten.«
    »Ja.« Kyle wirkte so erfreut wie ein zweitklassiger Boulevardschauspieler, der glaubte, jemand würde ihn gleich um ein Autogramm bitten.
    Parker rechnete damit, dass Abby sagen würde: »Gott sei Dank sind Sie hier.« Stattdessen sah sie Kyle in die Augen und fragte: »Warum sind Sie hier?«
    Kyle machte ein Pokerface. »Verzeihung?«
    »Kommen Sie, Detective. Ich weiß doch, was für Fälle mein Vater übernommen hat. Seine Mandanten und ihre Vergehen dürften Sie wohl kaum interessieren. Was glauben Sie, was hier passiert ist? Wissen Sie etwas, das ich nicht weiß?«
    »Ein Mann wurde ermordet. Wir beschäftigen uns mit Morden.

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