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Tödliche Absicht

Tödliche Absicht

Titel: Tödliche Absicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Froelich.
    »Ja«, entgegnete Reacher.
    »Nein«, sagte Neagley. »Ich bin ein schrecklicher Privatgast.«
    Froelich machte ein leicht verblüfftes Gesicht. Aber Reacher überraschte das nicht. Neagley war eine ausgesprochene Einzelgängerin. Sie blieb lieber für sich allein. Warum, wusste er nicht.
    »Na gut«, meinte Froelich. »Aber wir sollten uns jetzt ein wenig Ruhe gönnen. Ich setze Sie ab und fahre dann weiter, um Armstrong sicher nach Hause zu bekommen.«
    Froelich fuhr Neagley ins Hotel und begleitete Reacher in die Hotelhalle, um beim Portier seine in Atlantic City gekauften Klamotten abzuholen. Sie befanden sich zusammen mit seinen alten Schuhen, seiner Zahnbürste und seinem Rasierapparat in einem schwarzen Müllsack, den er sich vom Wagen eines Zimmermädchens geschnappt hatte. Auf den vom Portier gerufenen Pagen machte dieses Gepäckstück nicht gerade Eindruck. Aber er trug es trotzdem zu dem Suburban hinaus, wo ihm Reacher einen Dollar Trinkgeld gab. Dann fuhren er und Froelich weiter. Es herrschte dichter Verkehr. Sie überquerten die 11 th Street Bridge in Richtung Süden und kämpften sich durch ein Labyrinth aus kleinen Straßen zu Froelichs Haus durch. Dort parkte Froelich mit laufendem Motor in der zweiten Reihe, löste ihren Hausschlüssel vom Schlüsselbund am Lenkrad und drückte ihn Reacher in die Hand.
    »Ich bin in ein paar Stunden zurück«, sagte sie. »Fühlen Sie sich wie zu Hause.«
    Er stieg mit seinem Müllsack aus und beobachtete, wie sie davonfuhr. Dann betrat er das Haus. Es war dunkel und warm. Ein Hauch von Parfüm hing in der Luft. Er tastete nach dem Lichtschalter, und in der Stehlampe, die auf einer kleinen Dielenkommode stand, flammte eine schwache Glühbirne auf. Er legte den Hausschlüssel daneben, stellte den Müllsack am Fuß der Treppe ab und trat ins Wohnzimmer. Machte auch dort Licht. Ging in die Küche. Sah sich um.
    Hinter einer Tür führte von der Küche aus eine Treppe in den Keller. Er blieb einen Augenblick stehen und kämpfte mit seiner Neugier. Sie war ein so tief verwurzelter Reflex wie seine Atmung. Aber war es höflich, das Haus seiner Gastgeberin zu durchsuchen? Nur aus alter Gewohnheit? Natürlich nicht. Trotzdem konnte er der Versuchung nicht widerstehen, ging die Treppe hinunter. Der Keller war ein dunkler Raum mit glatten Betonwänden. Es gab einen Heizkessel und ein Gerät zur Wasseraufbereitung. Eine Waschmaschine und einen elektrischen Trockner. Wandregale. Alte Koffer. Ziemlich viel Krempel, aber nichts Auffälliges. Er ging wieder nach oben. Gegenüber der Kellertreppe lag ein von der Küche aus zugänglicher Raum. Größer als ein Einbauschrank, kleiner als ein Zimmer. Vermutlich die ehemalige Speisekammer. Der winzige Raum war als Büro eingerichtet. Schreibtisch, Drehstuhl und Regale. Die Möbel sahen wie Kaufhausmodelle aus und waren schon ziemlich abgenutzt. Vielleicht gebraucht gekauft. Auch der PC auf dem Schreibtisch war nicht gerade der letzte Schrei. Ein dickes Kabel verband ihn mit einem Tintenstrahldrucker. Reacher ging in die Küche zurück.
    Er suchte die üblichen Küchenverstecke von Frauen ab und fand im obersten Fach des Geschirrschranks in einer Kasserolle aus Tonware etwa fünfhundert Dollar in unterschiedlichen Scheinen. Bargeld für Notfälle. Vielleicht eine Vorsichtsmaßnahme zum Jahreswechsel zweitausend, die sie später beibehalten hatte. In einer Schublade fand er – sorgfältig unter einem Stapel Sets versteckt – eine Beretta M9, eine Neunmillimeter-Pistole. Sie war alt und verkratzt und von angetrocknetem Waffenöl fleckig. Vermutlich bei der Army ausgemustert und an andere Dienste weitergegeben. Eine Secret-Service-Waffe der alten Generation. Sie war ungeladen. Das Magazin fehlte. Er zog die nächste Schublade auf und fand unter einem Topfhandschuh vier ordentlich nebeneinander aufgereihte Pistolenmagazine mit den handelsüblichen Stahlmantelgeschossen. Das war gut und schlecht zugleich. Die Anordnung war clever. In der rechten Hand die Pistole halten, mit der linken nach den Magazinen greifen. Aber die Magazine voll aufzubewahren war eine weniger gute Idee. Ließ man sie lange genug liegen, gewöhnte die Feder im Magazinboden sich an ihren zusammengedrückten Zustand und funktionierte nicht mehr richtig. Erschlaffte Magazinfedern waren die Hauptursache von Ladehemmungen. Es war besser, die Waffe mit nur einer Patrone in der Kammer zu lagern und alle restlichen Patronen lose aufzubewahren. Dann konnte man zum

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