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Tödliche Absicht

Tödliche Absicht

Titel: Tödliche Absicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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ihrer Dienststelle in Verbindung und erteilte Anweisung, sie zu benachrichtigen, bevor Armstrong den Rückweg antrat. Anschließend lenkte sie den Wagen nach Südwesten in Richtung Ostflügel der National Gallery, bog links ab, fuhr am Spiegelteich des Kapitols vorbei und nach rechts in die Independence Avenue.
    »Wohin fahren wir?«, fragte Reacher.
    »Nirgendwohin«, erwiderte sie. »Ich will nur etwas Zeit totschlagen und mir dabei überlegen, ob ich heute noch kündigen oder mir weiter den Kopf zermartern soll.«
    Sie fuhr an allen Museen vorbei und bog links auf die 14 th Street ab. Zwischen Straße und Flutbecken ragte rechts von ihnen die Bundesdruckerei auf. Ein mächtiger grauer Gebäudekomplex. Sie hielt gegenüber dem Haupteingang am Bordstein, ließ den Motor laufen und blickte zu einem der hohen Bürofenster hinauf.
    »Joe hat eine Zeit lang dort gearbeitet«, sagte sie. »Als damals der neue Hundertdollarschein entworfen wurde. Da er ihn später würde schützen müssen, wollte er an der Gestaltung beteiligt sein. Aber das ist jetzt schon eine Ewigkeit her.«
    Sie hatte den Kopf ein wenig in den Nacken gelegt. Reacher sah die elegante Linie ihres Halses und auch, wo er im Blusenausschnitt verschwand. Er schwieg.
    »Wir haben uns manchmal hier getroffen«, sagte sie. »Oder auf den Stufen vor dem Jefferson Memorial. Und spätabends sind wir dann ums Flutbecken spaziert. Im Frühjahr oder Sommer.«
    Reacher sah das zwischen unbelaubten Bäumen aufragende Memorial, das sich im ruhigen Wasser des Beckens spiegelte.
    »Ich hab ihn geliebt, wissen Sie«, sagte Froelich.
    Reacher schwieg, betrachtete nur ihre auf dem Lenkrad liegende Hand, das schmale Handgelenk. Ihre makellos glatte Haut wies noch Spuren verblasster Sommerbräune auf.
    »Und Sie sind ihm sehr ähnlich.«
    »Wo hat er gewohnt?«
    Sie sah ihn an. »Wissen Sie das nicht?«
    »Ich glaube nicht, dass er’s mir je gesagt hat.«
    »Er hatte ein Apartment im Watergate«, sagte sie.
    »Gemietet?«
    Sie nickte. »Es war sehr spärlich möbliert. Als sei es nur eine Übergangslösung.«
    »Das kann ich mir vorstellen. Reachers besitzen keine Immobilien. Ich glaube nicht, dass wir jemals eine besessen haben.«
    »Die Familie Ihrer Mutter schon. Sie hatte Grundbesitz in Frankreich.«
    »Tatsächlich?«
    »Das wissen Sie auch nicht?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Ich weiß natürlich, dass sie Französin war. Kann mich aber nicht erinnern, jemals etwas über die Grundbesitzverhältnisse ihrer Familie gehört zu haben.«
    Froelich gab Gas und ordnete sich wieder in den Verkehr ein.
    »Ihr Reachers habt eine verrückte Vorstellung von Familie«, sagte sie. »So viel steht fest.«
    »Ist uns damals normal vorgekommen«, entgegnete er. »Wir dachten, alle Familien seien so.«
    Ihr Handy klingelte. Sie klappte es auf, hörte kurz zu, sagte »Okay« und klappte es wieder zu.
    »Neagley«, erklärte sie. »Sie ist mit den Raumpflegern fertig.«
    »Hat sie was rausgekriegt?«
    »Keine Ahnung. Wir treffen uns im Büro mit ihr.«
    Sie umfuhr die Mall im Süden und war auf der 14 th Street nach Norden unterwegs, als ihr Handy erneut klingelte.
    »Armstrong ist dabei, sich auf den Rückweg zu machen«, sagte sie nach Beendigung des Gesprächs. »Ich will versuchen, ihn dazu zu überreden, mit mir zu fahren. Ich setze Sie in der Garage ab.«
    Sie fuhr die Rampe hinunter, hielt und ließ Reacher aussteigen. Dann wendete sie und raste mit quietschenden Reifen zur Straße hinauf. Reacher fand die Tür mit dem Bullauge aus Drahtglas, ging die Treppe zu dem kleinen Vorraum mit dem einzelnen Aufzug hinauf und fuhr in den zweiten Stock. Dort wartete Neagley bereits im Empfangsbereich. Sie saß in einem Ledersessel.
    »Ist Stuyvesant irgendwo in der Nähe?«, fragte Reacher sie.
    Sie schüttelte den Kopf. »Er ist ins Weiße Haus gefahren.«
    »Ich möchte mir die Kamera vor seinem Büro mal ansehen.«
    Sie gingen den Korridor entlang und erreichten den rechteckigen Vorraum vor Stuyvesants Büro. Seine Sekretärin saß am Schreibtisch. Ihre Handtasche lag offen vor ihr. Sie hielt einen winzigen Schildpattspiegel und einen Lippenstift in den Händen. Diese Geste ließ sie menschlich wirken, liebenswert. Als sie die beiden kommen sah, packte sie die Sachen rasch weg. Reacher sah über ihren Kopf hinweg auf die Überwachungskamera. Neagley betrachtete Stuyvesants Tür. Dann wandte sie sich an die Sekretärin.
    »Erinnern Sie sich an den Morgen, an dem dort drinnen die

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