Tödliche Beute
gebracht, die ihn offenbar gerettet hatten. Die
Times
spürte Mr. Heinz in einem Krankenhaus auf, wo er kurz darauf verstarb.
Bei unserem Gespräch sagte er:
»Ich befand mich zum größeren Ruhme des Vaterlands auf einer geheimen Reise zum Nordpol. Wir sind am Pol gelandet, und auf dem Rückweg haben wir ein im Eis eingefrorenes Bootswrack erspäht. Unser Kapitän bestand darauf, zu landen und eine Untersuchung vorzunehmen. Es handelte sich um ein sehr altes Boot aus einem früheren Jahrhundert. Wir bargen eine gefrorene Leiche und verstauten sie samt einiger ungewöhnlicher Gegenstände im Kühlraum des Luftschiffs.
Nach dem erneuten Aufstieg kam es schon bald zu technischen Problemen, die eine Notlandung unumgänglich machten. Die anderen Überlebenden beschlossen, das Eis zu Fuß zu überqueren. Ich hingegen blieb zurück, um das Luftschiff zu bewachen. Es fehlte nicht mehr viel zu meinem Tode, als die dortigen Eingeborenen mich fanden und wieder ins Leben zurückholten.«
Mr. Heinz sagte, die Eingeborenen hätten kein Englisch gesprochen, aber er habe erfahren, dass der Name ihres Stammes »Kiolya« lautete. Angeblich habe man ihn für einen Gott gehalten, der vom Himmel herabgestiegen sei, und als er per Zeichensprache darum bat, in die nächstgelegene Ansiedlung gebracht zu werden, habe man diesen Wunsch erfüllt.
Die deutschen Behörden ließen auf Anfrage der
Times
verlauten, sie wüssten weder etwas von Mr. Heinz noch von einer Luftschiffreise zum Nordpol.
Austin bat Gleason um eine Fotokopie des Artikels und bedankte sich für die Hilfe. »Es tut mir Leid um Ihre Ausstellung«, sagte er auf dem Weg nach draußen.
Gleason schüttelte den Kopf. »Ich kann einfach nicht begreifen, wieso die so schnell ihre Zelte abgebrochen haben. Ach, übrigens, haben Sie schon von Senator Graham gehört? Noch so ein Unglück. Er ist einer von unseren größten Gönnern.«
»Ich glaube, ich habe ihn gestern Abend auf dem Empfang gesehen«, sagte Austin.
»Stimmt, er war hier. Während der Rückfahrt nach Virginia hat ein Laster seinen Wagen von der Straße abgedrängt. Der Senator befindet sich in einem kritischen Zustand. Der andere Kerl hat Fahrerflucht begangen.«
»Auch das tut mir sehr Leid.«
»Verflucht«, sagte Gleason. »Ich hoffe, es ist nichts an dem Sprichwort dran, dass das Unheil immer dreimal zuschlägt.«
»Es gibt vielleicht eine einfachere Erklärung für Ihre Pechsträhne«, erwiderte Austin.
»Ach, und welche?«
Austin deutete gen Himmel. »Toonook«, sagte er, ohne eine Miene zu verziehen.
27
St. Julien Perlmutter betrat sein geräumiges Kutschenhaus in Georgetown und ließ den Blick wohlwollend über die vielen hundert alten und neuen Bücher schweifen, die wie ein breiter Strom aus Wörtern aus den sich biegenden Wandregalen hervorquollen und sich mit mehreren Nebenarmen in die restlichen Räume verzweigten.
Ein normaler Mensch hätte angesichts dieses scheinbaren Durcheinanders die Flucht ergriffen.
Perlmutter jedoch schaute mit glückseligem Lächeln von einem Stapel zum anderen. Dies war weltweit die anerkannt vollständigste Literatursammlung zur Seefahrtgeschichte, und er kannte nicht nur die Titel der Bände auswendig, sondern konnte sogar ganze Passagen aus dem Gedächtnis zitieren.
Nach den Entbehrungen des Transatlantikflugs kam er fast um vor Hunger. Es war kein Problem, an Bord eines Flugzeugs genug Platz für seinen massigen Leib zu finden; er reservierte einfach zwei Sitze. Aber sogar das kulinarische Angebot der ersten Klasse war nach Perlmutters Maßstäben ungefähr so schmackhaft wie eine Bohnensuppe aus der Armenspeisung. Gleich einer zielsuchenden Rakete steuerte er die Küche an und stellte erfreut fest, dass die Haushälterin die erwünschten Einkäufe getätigt hatte.
Obwohl es noch früh am Morgen war, saß er schon wenig später vor einem gefüllten Lammbraten nach provenzalischer Art, der mit Kartoffeln serviert wurde und nach Thymian duftete. Dazu trank Perlmutter einen einfachen, aber ausgewogenen Bordeaux. Solchermaßen gestärkt, tupfte er sich soeben den Mund und den prächtigen grauen Bart mit einer Serviette ab, als das Telefon klingelte.
»Kurt!«, rief er, als die vertraute Stimme erklang.
»Woher zum Teufel wussten Sie, dass ich zurück bin?«
»Auf CNN wurde gemeldet, in Italien gebe es keine Pasta mehr. Da habe ich mir gedacht, dass Sie bestimmt heimkehren, um etwas Anständiges zu essen zu bekommen.«
»Falsch gedacht«, dröhnte Perlmutter.
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