Tödliche Beute
Freund.«
»Die meisten meiner Probleme haben mit einer Firma namens Oceanus zu tun. Ich habe gehofft, wir würden vielleicht noch einmal über das Thema plaudern. Bei der Gelegenheit könnten Sie mir auch erzählen, ob Sie bei Ihren archäologischen Forschungen weitergekommen sind.«
»Sehr gern sogar«, sagte Aguirrez. »Morgen Vormittag muss ich einige Termine wahrnehmen, aber nachmittags würde es mir gut passen.«
Sie vereinbarten eine Zeit, und Austin notierte sich die Wegbeschreibung zu der Washingtoner Adresse, die Aguirrez ihm nannte. Dann legte er auf und wollte Gunn den Inhalt des kurzen Gesprächs schildern, als das Telefon klingelte. Es meldete sich Zavala, der aus Europa zurückgekehrt war. Joe hatte die technischen Probleme der
Sea Lamprey
in den Griff bekommen und war von Bord der
William Beebe
gegangen, die anschließend Kurs auf die Färöer-Inseln genommen hatte, um auf Einladung der dänischen
Thor
an einem Forschungsprojekt teilzunehmen.
»Ich wollte dich nur wissen lassen, dass ich wieder im Lande bin. Ich habe bereits zärtlich meine Corvette um-armt und werde nun in Gesellschaft einer wunderhübschen jungen Lady einen Schlummertrunk zu mir nehmen«, sagte Zavala. »Gibt’s bei dir was Neues zu berichten?«
»Das Übliche. Heute Abend hat mich ein verrückter Eskimo auf einem Hundeschlitten quer durch die Mall gehetzt und wollte mich ermorden. Ansonsten ist alles ruhig.«
Am anderen Ende der Leitung herrschte einen Moment lang Stille. »Das war kein Scherz, nicht wahr?«, fragte Zavala dann.
»Nein. Rudi ist hier bei mir. Komm vorbei, dann erfährst du die ganze schmutzige Geschichte.«
Zavala wohnte in einem kleinen Haus in Arlington, Virginia, das einst eine Stadtteilbücherei beherbergt hatte.
»Ich schätze, ich sage der jungen Lady ab. Dann mache ich mich gleich auf den Weg.«
»Moment noch. Hast du noch die Flasche Tequila, die wir an Bord der
Thor
köpfen wollten?«
»Klar, die steckt in meiner Reisetasche.«
»Ich glaube, du solltest sie lieber mitbringen.«
26
Am nächsten Morgen legte Austin auf dem Weg zur Zentrale der NUMA einen Zwischenstopp beim naturgeschichtlichen Museum ein. Als Kurt den Ausstellungssaal betrat, fand er dort Gleason vor. Der Mann sah alles andere als glücklich aus. Die Gäste, das Büfett und die Musik vom Vorabend waren weg, aber er hatte im Augenblick ganz andere Probleme. Die Schaukästen waren leer. Nicht mal ein einziges Plakat war hängen geblieben.
Gleason stand völlig neben sich. »Das ist furchtbar, absolut furchtbar«, murmelte er.
»Hier sieht’s aus wie nach einem Räumungsverkauf«, sagte Austin.
»
Schlimmer.
Es ist eine totale Katastrophe. Die Sponsoren haben die Ausstellung zurückgezogen.«
»Können die das denn so einfach?« Noch während die Worte seinen Mund verließen, erkannte Austin, wie dämlich die Frage war.
Gleason fuchtelte mit den Armen. »Ja, laut dem Kleingedruckten des Vertrags, den wir auf deren Drängen hin unterzeichnen mussten. Sie haben das Recht, die Ausstellung zu jedem beliebigen Zeitpunkt für beendet zu erklären, und müssen uns im Gegenzug eine kleine finanzielle Entschädigung zahlen.«
»Und was war der Grund für diese Entscheidung?«
»Wenn ich das bloß wüsste. Die Werbeagentur, die alles in die Wege geleitet hat, behauptet, sie würde nur Befehle befolgen.«
»Was ist mit Dr. Barker?«
»Ich habe versucht, ihn zu erreichen, aber er hat sich in Luft aufgelöst.«
»Sie haben mehr mit Oceanus zu tun gehabt als die meisten anderen Leute«, sagte Austin und kam damit auf den eigentlichen Anlass für seinen Besuch zu sprechen.
»Was wissen Sie über Dr. Barker?«
»Nicht viel, fürchte ich. Über seinen Vorfahren weiß ich mehr.«
»Über den Walfangkapitän, den er erwähnt hat?«
»Ja, Frederick Barker senior. Eines der hier ausgestellten Kiolya-Messer hat ursprünglich ihm gehört. Es war mehr als hundert Jahre alt. Ein grässliches Ding und rasiermesserscharf. Schon beim bloßen Hinschauen ist mir ganz flau geworden.«
»Wo könnte ich mehr über Kapitän Barker herausfinden?«
»Zunächst mal in meinem Büro.« Gleason warf einen kummervollen Blick auf die leeren Vitrinen. »Kommen Sie. Ich kann hier ohnehin nichts mehr tun.«
Das Büro lag im Verwaltungsflügel. Gleason bot Austin einen Stuhl an und zog dann ein altes Buch aus dem Regal. Der Titel lautete
Die Walfangkapitäne von New Bedford
. Er klappte den Band auf und legte ihn vor Austin hin.
»Ich habe dieses Buch in
Weitere Kostenlose Bücher