Tödliche Beute
oder das Pilotwalsteak vor.«
Austin sah sich schon am Unterschenkel eines der plumpen kleinen Vögel knabbern und entschied sich dagegen. Da er wusste, auf welch blutige Art die Pilotwale hier erlegt wurden, neigte er eher zu Haifischschnauze, beschloss dann aber, das
skerpikjot
zu bestellen, gut abgehangenes Lammfleisch. Nach einem Bissen wünschte er, er hätte den Papageientaucher gewählt.
»Wie ist das Lamm?«, fragte Jorgensen.
»Nicht ganz so zäh wie eine Schuhsohle«, erwiderte Austin unter angestrengtem Kauen.
»Herrje, ich hätte Ihnen raten sollen, lieber den Lamm
eintopf
zu bestellen, so wie ich. Das
skerpikjot
wird im Wind getrocknet. Normalerweise bereitet man es an Weihnachten zu und serviert es dann für den Rest des Jahres. Es ist nicht besonders frisch, fürchte ich.« Ihm kam ein neuer Gedanke, und seine Miene hellte sich auf. »Die Lebenserwartung auf den Färöern ist ziemlich hoch, also dürfte das Essen Ihnen gut bekommen.«
Austin säbelte ein kleines Stück ab, kaute lange darauf herum und schluckte es mühsam herunter. »Warum sind Sie hier auf den Inseln, Dr. Jorgensen? Bestimmt nicht wegen der einheimischen Küche.«
Die Augen des Professors funkelten vergnügt. »Ich bin Berichten nachgegangen, laut denen die hiesigen Fischbestände rapide abnehmen. Es ist ein echtes Rätsel!«
»Inwiefern?«
»Zuerst dachte ich, es könnte an irgendeiner Verschmutzung liegen, aber die Gewässer der Färöer sind erstaunlich sauber. Hier vor Ort kann ich die Proben nicht vollständig analysieren, also fliege ich morgen nach Kopenhagen zurück und schicke sie durch den Computer.
Es gibt minimale Chemikalienrückstände, die vielleicht etwas mit dem Problem zu tun haben.«
»Wissen Sie schon, woher diese Chemikalien stammen könnten?«
»Das ist merkwürdig«, sagte er und spielte an einem seiner Haarbüschel herum. »Ich bin sicher, das alles hat mit einer nahen Fischzucht zu tun, aber bisher gibt es keine erkennbare Verbindung.«
Austin hatte unterdessen das Lammfleisch beäugt und sich gefragt, ob er wohl irgendwo einen Burger bekommen könnte. Die Worte des Professors ließen ihn aufhorchen.
»Haben Sie gerade gesagt, die Wasserproben seien in der Nähe einer Fischzucht entnommen worden?«
»Ja. Es gibt hier auf den Inseln mehrere Aquakulturen, die unter anderem Lachse und Forellen produzieren.
Meine Proben habe ich bei einer Anlage in Skaalshavn genommen. Der Ort liegt ein paar Stunden von Tórshavn entfernt. Man muss an der Küste entlang dem Sundini folgen, der lang gestreckten Meerenge, die zwischen den Inseln Streymoy und Eysturoy verläuft. Früher war dort eine Walfängerstation. Die Fischzucht gehört einem großen Konzern.«
Austin wagte eine Vermutung. »Oceanus?«
»Ja. Sie haben bereits von der Firma gehört?«
»Erst kürzlich. Wenn ich Sie also recht verstehe, Professor, dann sind die Fischbestände im Umkreis dieses Betriebs geringer, als sie eigentlich sein sollten.«
»Richtig«, bestätigte Jorgensen stirnrunzelnd. »Und die Ursache ist mir vollkommen schleierhaft.«
»Ich habe gehört, eine Fischzucht könne sich schädlich auf die Umwelt auswirken«, sagte Austin, der an das Gespräch mit Therri Weld denken musste.
»Stimmt. Die Abfallprodukte können toxisch wirken.
Man zieht die Fische mit einer speziellen Chemikaliendiät auf, damit sie schneller wachsen, aber Oceanus behauptet, man verfüge über hochmoderne Filteranlagen. Bislang habe ich noch keinen gegenteiligen Beweis gefunden.«
»Haben Sie die Fischzucht besichtigt?«
Jorgensen entblößte seine großen Zähne zu einem breiten Grinsen. »Besucher sind dort unerwünscht, und der Laden wird besser bewacht als die Kronjuwelen. Ich habe lediglich außerhalb des Geländes mit einem der Anwälte sprechen können, dessen Kanzlei die Interessen der Firma in Dänemark vertritt. Er hat mir versichert, dass man in dieser Fischzucht keinerlei Chemikalien verwenden und erstklassige Wasserfilter einsetzen würde. Als skeptischer Wissenschaftler habe ich ein kleines Haus unweit der Oceanus-Anlage gemietet und mich mit dem Boot so nah wie möglich angeschlichen, um die Wasserproben zu entnehmen. Wie ich schon sagte, ich werde morgen nach Kopenhagen abreisen, aber Sie und Ihre junge Freundin können gern mal einen Ausflug zu dem Häuschen unternehmen. Es ist eine schöne Fahrt.«
»Danke, Professor. Leider wird Miss Weld noch einige Tage mit ihrer Arbeit beschäftigt sein.«
»Wie schade.«
Austin nickte
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