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Tödliche Feindschaft

Tödliche Feindschaft

Titel: Tödliche Feindschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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längst gewichen. Und als die ersten Sonnenstrahlen ins Zimmer fielen, hatte er die Überzeugung gewonnen, daß Eberstein wirklich der Lump war, für den ihn der Pfeifer hielt.

    55

    Ojo wartete Stunde um Stunde. Um halb vier war Michel weggegangen. Als es zehn Uhr abends war, wurde der treue Begleiter des Pfeifers unruhig. Er ging in die Wirtsstube hinunter und bestellte sich einen Krug Wein. Zuerst trank er nur langsam. Aber als es elf war, leerte er die Becher schneller.
    Stets, wenn Jehu Rachmann eine Pause in seinem Spiel einlegte, trat Ojo zu ihm ans Klavier. Und obwohl sie sich nicht verständigen konnten, verstanden sie sich doch ausgezeichnet. Auch Jehu packte die Unruhe. Es sah fast so aus, als sei es Eberstein gelungen, sich Michel Baums zu bemächtigen.
    Um Mitternacht brachte der Wirt den zweiten Krug zu Ojo. Die Aufregung machte ihn durstig. Die Becher waren ihm zu klein. So setzte er denn das schwere Tongefäß an die Lippen und leerte es zum Erstaunen des Krugwirts zur Hälfte in einem Zug.
    Um halb ein Uhr saß nur noch ein einzelner verspäteter Gast in der Stube. Der aber gehörte nicht zur Stammkundschaft, und so hatte der Wirt ein Einsehen und entließ den Musikus.
    Als Ojo auch den zweiten Krug geleert hatte, klappte der Deckel des Cembalos mit hörbarem Krach zu. Jehu setzte sich an den Tisch des Spaniers, und beide gestikulierten wild, obwohl keiner die Zeichen des anderen richtig deutete.
    Um eins wurde es Ojo zu bunt. Er hieb mit der Faust auf den Tisch, beglich die Zeche und stand auf.
    Der Wirt bekam einen ungeheuren Respekt, als er sah, wie der große Mann, ohne auch nur im geringsten zu schwanken, neben Jehu die Wirtsstube verließ.
    Ojo machte keine Anstalten, die Treppe hinauf in sein Zimmer zu gehen. Jehu blieb neben ihm. In des Spaniers Gehirn arbeitete es schwer. Er suchte nach Worten, nach deutschen Worten, mit denen er sich dem jungen Mann verständlich machen konnte. Endlich fand er ein paar französische Brocken. So machte er denn einen Versuch: »Du — mir — zeigen — wo prison — Gefängnis.«
    Und siehe da, Jehu hatte verstanden. Ein wenig Französisch konnte er auch. »Voila«, meinte er, »gehen wir.«
    Sie wanderten ins Stadtinnere, und auf der anderen Seite wieder hinaus, bis sie in jene Gasse kamen, an der das Wachlokal und die Arrestzellen lagen.
    Jehu deutete darauf. Ojo nickte, zum Zeichen, daß er verstanden hatte. Er nahm Jehu beim Arm, führte ihn zu einem Baum, der nicht weit entfernt stand, und stellte den verblüfften jungen Mann dicht an den Stamm, so daß ihn das Licht der Sterne nicht erreichen konnte.
    Jehu blieb stehen. Ojo wandte sich dem Eingang des Wachlokals zu und blickte, als er sah, daß dieses ein Fenster hatte, hinein. Auch er fand den Sergeanten am Tisch sitzen und schlafen. Da sah er, wie im Hintergrund des Wachzimmers ein Soldat von einer Pritsche aufstand.
    Er gähnte, reckte und streckte sich, trat dann, ohne den Sergeanten zu wecken, an den Tisch, nahm die Kerze zur Hand und verschwand in dem Gang, an dem die Zellen lagen.
    Ojo zuckte die Schultern. Was sollte er tun? Sollte er hineingehen? Was würde das nützen? Niemand würde ihn verstehen. Das einzige, was ihm blühen konnte, war, daß man ihn selbst verhaftete. Eine verteufelte Situation. Ohne sich über das schlüssig zu werden, was er tun wollte, blieb er am Fenster stehen und beobachtete die Soldaten weiter.
    Plötzlich sah er, wie derjenige, der soeben im Zellengang verschwunden war, wie der Blitz
wieder hervorgeschossen kam und auf den Sergeanten zustürzte, diesen an den Schultern rüttelte
und auf ihn einschrie:
Der Sergeant fuhr hoch.
»Was sagst du? Sag das noch mal!«
    »Ja, Herr Sergeant, es stimmt. Die Zelle ist leer. Ich wollte austreten gehen, und da mich der Mann interessierte, weil er so laut gepfiffen hat vorher, habe ich durch das Guckfensterchen gesehen. Er ist nicht drin.«
    Der Sergeant griff nach seinem Säbel und schnallte ihn um. Dann nahm er einen Schlüssel von dem Brett. Mit dem Soldaten als Lichtträger wandte er sich dem Gang zu, um sich selbst zu überzeugen.
    Ein paar Sekunden später stand er wieder im Wachraum. Die anderen Mannschaften, es waren sechs an der Zahl, wurden ebenfalls geweckt.
    Ojo, der natürlich nichts verstanden hatte, trat achselzuckend zu Jehu an den Baum. Es hatte den Anschein, als würden die Soldaten nach draußen kommen. Deshalbwollte sich der lange Spanier nicht von ihnen sehen lassen. In diesem Augenblick klangen Schritte aus

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