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Tödliche Feindschaft

Tödliche Feindschaft

Titel: Tödliche Feindschaft
Autoren: Berndt Guben
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schneidende Stimme an sein Ohr.
    Der Pfeifer ließ sich fallen. Einige Schritte von ihm entfernt stand ein älterer Offizier. Wenn er jetzt die Wache alarmiert, dachte Michel, dann war alles umsonst. Mit einem panthergleichen Satz stürzte
    Dieser war viel zu erschrocken, um sich zur Wehr zu setzen. Michel zischte :
    »Muckt Euch nicht, mein Herr. Wenn Ihr mich verratet, ist es aus mit Euch.«
    Er lockerte den Griff ein wenig. Der Offizier blieb still, versuchte jedoch, die klammernden
Hände unwillig von sich zu schütteln.
»Was wagt Er?«
    »Nichts als meine Freiheit. Ich bin soeben aus diesem albernen Gefängnis ausgebrochen und habe keine Lust, mich wieder einsperren zu lassen. Hoffentlich versteht Ihr diesen Standpunkt. Begleitet mich ein Stück, damit ich weiß, daß Ihr mir nicht inzwischen die Wache auf den Hals hetzt. Scheinen ohnehin keine guten Wächter zu sein. Sie schlafen wie die Murmeltiere. Sonst hätten sie den Krach längst hören müssen.«
    »Er ist ein unverschämter Kerl, Er begibt sich sofort wieder in Arrest!«
    »Redet leiser, Mann«, fuhr ihn Michel ungeduldig an. »Kommt jetzt. Wenn wir weit genug
entfernt sind, könnt Ihr Euern Weg unbehelligt fortsetzen.«
»Mann, Er hat einen Oberst Seiner Hoheit vor sich.«
»Oberst oder nicht. — Los, kommt!«
    Michel hakte den sich sträubenden Offizier einfach unter und zog ihn mit sich. Nach einer Weile gab dieser seine Widerspenstigkeit auf und ging neben dem Pfeifer her durch die dunklen Straßen.Als sie sich so weit entfernt hatten, daß keine Gefahr mehr bestand, meinte Michel: »Nett von Euch, daß Ihr für einen Flüchtenden Verständnis hattet. Jetzt könnt Ihr gehen.« Aber nun schien der Oberst nicht zu wollen. »Wer seid Ihr?« fragte er höflicher.
    »Meinen Namen werdet Ihr morgen sowieso erfahren; denn es wird sich ja herumsprechen, daß
ich ausgebrochen bin. Aber verlaßt Euch darauf, Eure Landsknechte kriegen mich nicht. Ich
heiße Michel Baum.«
Der Oberst blieb stehen.
»Seid Ihr etwa der Doktor der Medizin?«
    »Ja, wie kommt Ihr darauf?«
    »Man hat mir heute Vormittag Vortrag über Euch gehalten.« Er sah ihn sich, soweit es die Dunkelheit zuließ, von oben bis unten an. »Dann habe ich also einen regelrechten Deserteur vor mir und kann nichts tun, um ihn dorthin zubringen, wo er gerade hergekommen ist.«
    »Das ist Euer Pech und mein Glück«, lachte Michel. Dann wurde er ernst. »Seht, ich bin weit in der Welt herumgekommen. Ich war in Afrika, in Indien, in Kleinasien. Ich habe viele Menschen und viele Rassen kennengelernt. Aber Intrigen, wie sie hier in Kassel herrschen, habe ich nur noch bei den Türken gefunden. Dort hat so ein dummer, aufgeblasener Pascha auch Macht über Leben und Tod seiner Untertanen, ohne daß diese irgendwo ihr Recht finden könnten.« »Ah, Ihr redet Unsinn. Hier hat kein Mensch Macht über Leben und Tod. Unser oberster Gerichtsherr ist der Landesherr. Wie kommt Ihr zu dieser abwegigen Ansicht?«
    »Es würde zu weit führen, es Euch zu erzählen. Ich habe am eigenen Leib verspürt, welche
Macht so ein hessischer Pascha besitzt.«
»Hessischer Pascha?«
    »Nun, man sagt hierzulande Graf dazu. Pascha wäre treffender.«
    »Erzählt. Ich gehöre ebenfalls zu der Kategorie der — hm — hessischen Paschas.«
    »Diese Bezeichnung scheint Euch sehr nahegegangen zu sein, wie?« fragte Michel und lachte. »Das wäre zuviel gesagt. Immerhin würde es mich interessieren, wie Ihr zu Eurer Auffassung gelangt seid.«
    »Ich sagte schon, es würde zu weit führen, Euch das alles zu berichten. — Aber vielleicht könnt Ihr mir eine Bitte erfüllen. Da Ihr doch Offizier in landgräflichen Diensten seid, so kennt Ihr vielleicht einen Regimentskommandeur Euren Ranges, den ich gern aufsuchen möchte.« »Wie heißt er?«
    »Auch ein Pascha«, lächelte Michel. »Graf Köcknitz. Wißt Ihr, wo der gute Mann wohnt?«
Der Oberst trat erstaunt einen Schritt zurück.
»Was wollt Ihr von dem?«
    »Das laßt meine Sorge sein. Er ist der einzige, der helfen kann. Das heißt, wenn er guten Willens ist.«
    »Er ist immer guten Willens«, erwiderte der Oberst konsterniert. »Um so besser. Kennt Ihr ihn so genau?«
    »Hm, das will ich meinen, Ihr ehrenwerter Medizindoktor. Ich bin es selbst.«
    Jetzt war es an Michel, überrascht zu sein. Aber der Pfeifer wußte seine Verblüffung gut zu verbergen. Wenn der Oberst einen Aufschrei des Erstaunens erwartete, so wartete er vergeblich. Statt dessen kam es ziemlich gleichgültig von
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