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Tödliche Feindschaft

Tödliche Feindschaft

Titel: Tödliche Feindschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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Knebel aus dem Mund
nahm, meinte er :
»Du sein Massa Pfeifer?«
    »Ja«, sagte Michel, »danke Gott, daß ich dich nicht totgeschlagen habe.«
    »Oh —, oh —, Ugawambi sein gar nicht so untreu, wie Massa denken. Aber warum stecken Massa Ugawambi so furchtbar stinkenden Knebel in Maul?«
    Michel freute sich, daß er wieder einmal englische Laute vernahm. Er lachte, dann schnitt er ihm die Fesseln durch. »Ich glaube nicht, daß du versuchen wirst, mir zu entfliehen.«
    »Massa Pfeifer ganz sicher sein. Ugawambi bleiben bei Massa Pfeifer.«
    »Nun, so will ich dir auch deinen Knebel zeigen. — Hier.«Ugawambi nahm das stinkende Etwas in die Finger und hielt es sich dicht vor die Augen. Plötzlich stieß er einen Schrei aus. »Das — , das sein Ugawambis viel schöne, gut Perücke ! Oh —, Ugawambi nicht wissen, wie Perücke stinken.«
    Er fuhr sich mit der linken Hand ein paarmal durch das Kraushaar, um sich zu vergewissern, daß die Perücke wirklich nicht mehr an ihrem Platz war. Aber trotz seiner eigenen eindeutigen Feststellung über den Geruch stülpte er sich die anrüchige Hauptzierde mit schnellem Griff wieder über. Er atmete sichtlich auf.
    »Willst du dich denn nie von diesem Ding trennen?« fragte Michel belustigt.
    »Nein, nein! Ugawambi vornehmes Mann. Massa sehen Portugiesen an. Alles vornehmes Mann. Tragen alle Perücken.«
    Dem Pfeifer konnte es ziemlich gleichgültig sein, ob er Ugawambi mit oder ohne Perücke gefangen hatte. Er hatte die Sklavenkarawane praktisch führerlos gemacht. Und das war ein Schachzug, mit dem Imi Bej sicher nicht gerechnet hatte.
    Als sie eine Weile schweigend geritten waren, fragte Ugawambi plötzlich:
    »Warum Massa Pfeifer nicht reiten geradeaus? — Königsstadt liegen da vorn. Ugawambi genau wissen.«
    »Meinst du, ich habe Lust, Imi Bej eine Spur zu hinterlassen, die ihn direkt zum Ziel führt?« »Ah —, Ugawambi verstehen. Massa Pfeifer nehmen gefangen Ugawambi, damit böse Bej nicht finden den Weg.«
    Als Michel jetzt antwortete, verlieh er seiner Stimme einen drohenden Klang.
    »Ja, du hast ganz recht. Was aber glaubst du, werde ich mit dir machen?« »Ugawambi nicht wissen«, sagte der Schwarze treuherzig.
    »Nun, ich werde dich dem König ausliefern. Und weißt du, wie die Wadschagga Verräter zu
bestrafen pflegen?«
Ugawambi schwieg schuldbewußt.
    »Sie binden sie an einen Baum und schneiden sie in breite Streifen.«
    Dem langen Neger traten vor Entsetzen die Augen aus dem Kopf.
    »Du meinen, schneiden Ugawambi in breite Streifen, wenn Ugawambi noch leben?«
»Hm.«
»Das sein viel schrecklich, gräßlich, furchtbar!«
    »Was du getan hast, ist noch furchtbarer! Wie konntest du dein Wort brechen? Wie konntest du die wilde Meute in diese Gegend führen? Hast du dir nicht denken können, daß damit Unglück über dieses friedliche Volk hereinbricht?«
    »Ugawambi nichts denken. Ugawambi böse Schwiegermutter und habgierige Frau. Ugawambi viel Schnaps getrunken. Imi Bej sagen, Ugawambi Geschäftspartner von Imi Bej. Ein Viertel mein Anteil. Ein Viertel viel Whisky, sehr viel Whisky.«
    »Du bist ein unverbesserlicher Säufer. Du verkaufst deine Seele, um dich mit dem berauschenden Zeug volllaufen zu lassen. Was hast du davon?«
    »Was haben?« fragte Ugawambi erstaunt. »Viel schön, gute Bilder. Ganze Welt friedlich. Schwarze Mann lieben weiße Mann, wenn Ugawambi hat getrunken viel Whisky.«
    Michel berührten diese Worte in tiefster Seele, so komisch sie klangen. Ohne zu wollen, ja ohne es zu wissen, hatte ihm Ugawambi einen tiefen Einblick in sein Innerstes gewährt. Da war er, der arme, dürre, lange Neger. Einen Stolz hatte er, das war seine Perücke. Und eine Freude gab es für ihn, das war der Whisky. Nicht der Whisky, sondern der Rausch, den er sich antrinken konnte. Und weshalb wollte er den Rausch? Um in einer schönen Welt zu leben. In einer Welt, die keinen Haß, keine Rachsucht, keine Feindschaft kannte. Und wenn man bedachte, einen wie wachen Geist dieser Neger hatte, so waren die Umstände, unter denen er sein Leben fristen mußte, alles andere als schön. Vielleicht wäre er ein glücklicher Mensch, wenn sein Vater oder Großvater nicht von Sklavenjägern gefangen worden und mit den Weißen in Berührung gekommen wäre. Diese Eingeborenen waren wie Pflanzen, die erst eine gewisse Zeit brauchen, bis sie sich an den anderen Boden gewöhnt haben. In Ugawambi lebte bereits der Zwiespalt zwischen der schwarzen Haut und der weißen Umgebung. Und

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