Tödliche Geschäfte
»vernünftig« mit ihm reden wollte.
Hiroshi fühlte sich in der Gegenwart Tanakas überhaupt nicht wohl. Seit er von dessen Verbindungen zur Yakuza wußte, war ihm der Mann unheimlich. Außerdem ließ er Hiroshi durch subtile Gesten wissen, daß er ihn nicht respektierte. Er hatte sich zwar verbeugt, als sie sich getroffen hatten, aber nicht besonders tief oder lang. Ihr Gespräch auf dem Weg zum Hotel hatte sich auf Belanglosigkeiten beschränkt. Sean Murphy hatte Tanaka mit keinem Wort erwähnt. Und sobald sie im Hotel angekommen waren, hatte er Hiroshi komplett ignoriert. Schlimmer noch, er hatte ihn nicht einmal eingeladen, mit ihm Golf zu spielen.
All diese Kränkungen waren Hiroshi schmerzhaft bewußt, und die Implikationen waren klar.
Hiroshi wählte die Nummer des Doral Country Clubs und bat, Mr. Yagamuchi zu sprechen. Man verband ihn mit dem Clubhaus, da Mr. Yagamuchi in exakt zwanzig Minuten einen Abschlag vom ersten Loch gebucht hatte.
Tanaka meldete sich. Als er hörte, daß es Hiroshi war, war er besonders kurz angebunden. In einem Schwall von hektischem Japanisch kam Hiroshi direkt zur Sache.
»Mr. Sean Murphy hält sich jetzt hier im Forschungsgebäude auf«, sagte er.
»Danke«, sagte Tanaka. »Das Flugzeug ist unterwegs. Alles läuft nach Plan. Wir werden heute nachmittag im Forbes-Zentrum sein.«
Sean hatte den Vormittag bester Laune begonnen. Nachdem er das Immunglobulin und die drei Zytokinine so leicht identifiziert hatte, hatte er genauso schnelle Fortschritte bei der Bestimmung erwartet, auf genau welches Antigen das Immunglobulin reagierte. Da es so heftig mit der Tumorzellen-Suspension reagiert hatte, schloß er, daß das Antigen membranständig sein mußte. Mit anderen Worten, es mußte sich auf der Oberfläche der Krebszellen befinden.
Um diese Vermutung sowie seine Annahme zu bestätigen, daß das Antigen zumindest teilweise ein Peptid war, hatte Sean intakte Zellen von Helens Tumor mit Trypsin behandelt. Als er jetzt probierte, ob die derart behandelten Zellen mit dem Immunglobulin reagierten, stellte er rasch fest, daß das nicht der Fall war.
Und von da an gab es nur noch Schwierigkeiten. Er konnte das membranständige Antigen nicht bestimmen. Er testete zahllose bekannte Antigene auf eine Reaktion mit der Antigenbindungsstelle des unbekannten Immunglobulins, ohne Erfolg. Er verwendete Hunderte von Zellreihen, die in Gewebekulturen gewachsen waren, und verbrachte Stunden damit, die kleinen Mulden zu füllen, ohne eine Reaktion hervorzurufen, wobei ihn besonders die in neuralem Gewebe gezüchteten Zellreihen interessierten. Er versuchte es mit normalen sowie mit transformierten oder neoplastischen Zellen. Er versuchte, alle Zellen durch Detergenzien in immer höherer Konzentration aufzuschlüsseln, zunächst, um die Zellmembran zu öffnen und die zytoplasmatischen Antigene zu exponieren, dann, um den Zellkern freizulegen, um auch die nuklearen Antigene zu erfassen. Doch es wollte ihm nicht gelingen, eine Reaktion hervorzurufen. In keiner der Hunderten von Vertiefungen war eine Immunfluoreszenz zu beobachten.
Sean konnte nicht glauben, daß es so schwierig sein sollte, ein Antigen zu finden, auf das das geheimnisvolle Immunglobulin reagierte. Bisher hatte er nicht einmal eine Teilreaktion. Als er gerade im Begriff war, die Geduld zu verlieren, klingelte das Telefon. Er ging zu einem Nebenanschluß, der an der Wand des Labors montiert war, und nahm ab. Es war Janet.
»Und, wie läuft’s, Einstein?« fragte sie fröhlich.
»Beschissen«, antwortete Sean. »Ich komme überhaupt nicht weiter.«
»Das tut mir leid für dich«, sagte Janet. »Aber ich habe etwas, was deine Laune möglicherweise bessert.«
»Was?« fragte Sean. Im Moment konnte er an nichts anderes denken als an das gesuchte Antigen. Und das konnte ihm Janet ganz bestimmt nicht liefern.
»Ich habe eine Probe von Louis Martins Medikament aus dem großen Fläschchen«, sagte Janet. »Ich habe es so gemacht, wie du gesagt hast.«
»Toll«, sagte Sean wenig enthusiastisch.
»Was ist los?« wollte Janet wissen. »Ich dachte, du würdest dich freuen.«
»Ich freue mich auch«, sagte er. »Aber ich bin auch frustriert, weil ich nicht weiterkomme. Ich bin wirklich ratlos.«
»Laß uns uns treffen, damit ich dir die Ampulle geben kann«, sagte Janet. »Vielleicht brauchst du einfach eine Pause.«
Sie trafen sich wie üblich in der Kantine. Sean nutzte die Gelegenheit, um etwas zu essen. Wie beim letzten Mal,
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