Tödliche Geschäfte
hin. Wir könnten sogar schlafen. Außerdem brauchten wir dann diesen ›geliehenen‹ Wagen nicht mehr.«
Janet sagte nichts mehr. Eine nächtliche Schiffsreise wäre der passende Abschluß dieses verrückten Tages.
Sie fanden den Hafen ohne Schwierigkeiten. Er lag am Ende einer Sackgasse, an deren Einfahrt ein großer Flaggenmast stand. Aber der Hafen an sich war eine Enttäuschung. Sean hatte sehr viel mehr Leben erwartet, weil er gehört hatte, daß Sportfischen an der Westküste ein beliebter Sport war. Die einzige Werft mit Yachten war fest verriegelt. An einem Anschlagbrett boten diverse Charterbootfirmen ihre Dienste an, aber sonst gab es nicht viel. Nachdem sie den Wagen abgestellt hatten, schlenderten sie den Pier entlang.
Die großen, kommerziellen Boote lagen völlig dunkel im Wasser.
Sie gingen zum Wagen zurück und hockten sich auf die Kühlerhaube. »Sonst noch irgendwelche brillanten Ideen, Einstein?«
Sean dachte nach. Die Vorstellung, per Schiff nach Key West zu gelangen, gefiel ihm nach wie vor. Es war auf jeden Fall zu spät, einen neuen Wagen zu mieten. Außerdem würden sie dann völlig erschöpft ankommen. Er entdeckte ein Bar-Restaurant mit dem passenden Namen »The Dock«.
»Laß uns da drüben reingehen«, sagte er. »Ich könnte ein Bier vertragen, und vielleicht kennt der Barkeeper ja irgend jemanden, bei dem wir ein Boot chartern können.«
Das Dock war ein rustikaler und einfacher Laden mit Mobiliar aus furniertem Preßspan und abwaschbarem Resopal. Statt richtiger Fenster gab es nur mit Rolläden verschließbare Fliegengitter; Fischernetze, Schwimmer und andere maritime Utensilien dienten als Vorhänge. An der Decke drehten sich träge Ventilatoren. An einer Wand erstreckte sich eine dunkel polierte Bar in Form eines großen J.
Am Tresen standen einige Männer und sahen einem Basketballspiel im Fernseher zu, der oben in einer Ecke beim Eingang montiert war. Es war zwar nicht das Old Scully’s zu Hause in Charlestown, aber Sean fand den Laden auf Anhieb gemütlich. Er bekam sogar ein wenig Heimweh.
Sie fanden einen Platz an der Bar mit dem Rücken zum Fernseher. Es gab zwei Barkeeper, einen großen ernsten mit einem Schnurrbart und einen untersetzten mit einem Dauergrinsen im Gesicht. Beide trugen bunt bedruckte T-Shirts mit kurzen Ärmeln und dunkle Shorts. Um die Hüften hatten sie kurze Schürzen gebunden.
Der größere der beiden kam sofort zu Sean und Janet herüber und warf mit einer geübten Handbewegung zwei Bierdeckel auf den Tresen. »Was darf es sein?« fragte er.
»Wie ich sehe, haben Sie fritierte Schnecken«, sagte Sean mit einem Blick auf eine große Speisekarte an der Wand.
»So ist es«, sagte der Barkeeper.
»Wir nehmen eine Portion«, sagte Sean. »Und für mich dazu ein helles Bier vom Faß.« Er sah Janet an.
»Ich nehme das gleiche«, sagte sie.
Bald standen zwei Biergläser vor ihnen, und sie hatten gerade noch Zeit, eine Bemerkung über die entspannte Atmosphäre des Lokals auszutauschen, bis auch die Schnecken fertig waren.
»Wow!« sagte Sean. »Das ging aber schnell.«
»Gutes Essen braucht eben seine Zeit«, meinte der Barkeeper.
Trotz allem, was ihnen an diesem Abend widerfahren war, mußten Sean und Janet lachen, während der Barkeeper, wie jeder gute Komödiant, nicht mal lächelte.
Sean nutzte die Gelegenheit, um sich nach einem Boot zu erkundigen.
»An was haben Sie gedacht?« fragte der Barkeeper.
Sean zuckte die Schultern. »Ich habe keine Ahnung von Booten«, gestand er. »Wir wollen heute nacht noch nach Key West. Wie lange würde das ungefähr dauern?«
»Kommt darauf an«, sagte der Barkeeper. »Es sind Luftlinie neunzig Meilen. Mit einem guten Boot können Sie es in drei bis vier Stunden schaffen.«
»Haben Sie eine Ahnung, wie wir jemanden finden, der uns dorthin bringt?« fragte Sean.
»Das wird aber nicht billig«, meinte der Barkeeper.
»Wieviel?«
»Fünf-, sechshundert«, sagte der Barkeeper schulterzuckend.
»Nehmen die auch Kreditkarten?« fragte Sean.
Janet wollte etwas einwenden, aber Sean faßte ihr Bein unter dem Tresen. »Ich zahl es dir zurück«, flüsterte er.
Der Barkeeper verschwand um eine Ecke, um zu telefonieren.
Mit einer gewissen Schadenfreude wählte Sterling Randolph Masons Privatnummer. Obwohl er gut bezahlt wurde, gefiel es ihm nicht, um zwei Uhr nachts noch arbeiten zu müssen, und er fand, daß dafür auch Dr. Mason seinen Teil an Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen sollte.
Obwohl Dr.
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