Tödliche Geschäfte
angespanntes Schweigen, während die Fahrt in nordöstlicher Richtung weiterging. Sean erwog seine Optionen.
Viele waren es nicht. Die Gewaltandrohung gegenüber Janet hatte ihn schlagartig ernüchtert, und die Waffe in seiner Jacke war auch kein Trost.
Was die Fahrt anging, hatte Tanaka recht. Nach weniger als zwanzig Minuten fuhren sie auf das Gelände des Flughafens von Naples. So spät an einem Samstagabend gab es kaum Anzeichen von Leben, lediglich ein paar Lichter im Hauptgebäude brannten. Sean überlegte, wie er jemanden auf sie aufmerksam machen konnte, aber die Vorstellung, daß ihre Entführer Janet etwas antun könnten, hielt ihn davon ab. Obwohl er bestimmt nicht zwangsweise nach Japan verfrachtet werden wollte, sah er keine Möglichkeit, das zu verhindern.
Die Limousine passierte ein Tor in einem Gitterzaun und fuhr auf das Rollfeld. Vorbei an der Rückseite des Flughafengebäudes steuerte der Wagen auf einen großen Privatjet zu, der ganz offensichtlich bereit war, jeden Moment zu starten. Die Turbinen liefen, die Anti-Kollisions- und Navigationslichter brannten, die Tür stand offen, und die Gangway war ausgefahren.
Keine zwanzig Meter von dem Jet entfernt kam die Limousine zum Stehen. Sean und Janet wurden höflich gebeten, aus dem Wagen zu steigen und die kurze Strecke bis zur Gangway zu laufen. Die Hände gegen den Lärm der dröhnenden Turbinen auf die Ohren gepreßt, setzten sich die beiden zögerlich in Richtung Flugzeug in Bewegung. Erneut erwog Sean seine Chancen, ohne daß ihm eine vielversprechende Möglichkeit eingefallen wäre. Sein Blick kreuzte sich mit Janets. Sie sah verzweifelt aus. Vor den Stufen der Gangway blieben sie stehen.
»Bitte«, brüllte Tanaka, um sich bei dem Lärm verständlich zu machen, und wies auf die Stufen.
Erneut tauschten Sean und Janet Blicke. Sean nickte ihr zu, und sie ging voran. Beim Einsteigen mußten sich beide ducken, aber in der Kabine konnten sie aufrecht stehen. Links von ihnen befand sich die Tür zum Cockpit. Sie war verschlossen.
Die Kabine war schlicht, aber geschmackvoll eingerichtet und ganz in dunklem Mahagoni und schwarzem Leder gehalten. Als Sitzgelegenheiten standen eine Bank und eine Reihe von drehbaren Sesseln mit verstellbarer Rückenlehne zur Verfügung. Im hinteren Teil der Kabine befand sich eine kleine Kombüse und eine Tür zur Toilette.
Auf dem Tresen in der Kombüse stand eine offene Flasche Wodka neben einer in Scheiben geschnittenen Limone.
Sean und Janet blieben bei der Tür stehen, unsicher, wohin sie sich wenden sollten. In einem der Clubsessel saß ein weißer Mann in einem dunklen Anzug. Wie die Japaner strahlte er ruhiges Selbstvertrauen aus. Er hatte ebenmäßige und attraktive Gesichtszüge, sein Haar war leicht wellig. In der rechten Hand hielt er einen Drink. Sean und Janet konnten die Eiswürfel klirren hören, als er daran nippte.
Tanaka, der direkt nach Sean und Janet eingestiegen war, sah den Mann nur Sekunden nach ihnen. Er wirkte überrascht.
Der große Japaner rempelte ihn von hinten an, weil Tanaka so abrupt stehengeblieben war, worauf jener ihn wütend auf japanisch anfuhr. Der große Japaner wollte etwas antworten, wurde jedoch von dem Weißen in dem Sessel unterbrochen.
»Ich sollte Sie warnen«, sagte er. »Ich spreche fließend Japanisch. Mein Name ist Sterling Rombauer.« Er stellte sein Glas auf einer dafür vorgesehenen Einbuchtung in der Lehne des Sessels ab, erhob sich und zückte eine Visitenkarte, die er Tanaka mit einer höflichen Verbeugung überreichte.
Tanaka nahm die Karte ebenfalls mit einer Verbeugung entgegen und begann nun, trotz der Besorgnis, die ihm die Anwesenheit des Fremden offensichtlich bereitete, die Karte sorgfältig zu studieren, bevor er sich erneut verbeugte. Dann redete er in hektischem Japanisch auf einen der beiden Männer hinter ihm ein.
»Ich glaube, diese Frage kann ich Ihnen beantworten«, sagte Sterling beiläufig, während er wieder Platz nahm und nach seinem Glas griff. »Der Kapitän, der stellvertretende Kapitän und die Kabinenbesatzung sind nicht im Cockpit. Sie ruhen sich auf der Toilette aus.« Sterling wies hinter sich.
Erneut fuhr Tanaka seine Kohorte hörbar wütend auf japanisch an.
»Verzeihen Sie, daß ich Sie wieder unterbreche«, sagte Sterling. »Aber was Sie von Ihrem Kollegen verlangen, wäre unvernünftig. Ich bin sicher, daß Sie, wenn Sie die Situation sorgfältig analysieren, mit mir einig sein werden, daß es unvernünftig und
Weitere Kostenlose Bücher