Tödliche Geschäfte
hat mir heute einen jungen Studenten vorgestellt«, sagte Hiroshi.
»Sean Murphy«, sagte Dr. Mason. »Er ist ein Medizinstudent aus Harvard.«
»Harvard ist eine sehr gute Uni«, bemerkte Hiroshi.
»Eine der besten«, stimmte Dr. Mason ihm zu. »Vor allem im Bereich medizinischer Forschung.« Dr. Mason beäugte sein Gegenüber mißtrauisch. Er wußte, daß Hiroshi direkte Fragen mied, weswegen er ständig erschließen mußte, worauf der Japaner hinauswollte. Eine frustrierende Übung, aber Hiroshi war, wie Mason wußte, Sushitas Außenposten, weswegen es wichtig war, ihn respektvoll zu behandeln. Und jetzt nahm Hiroshi offenkundig Anstoß an Seans Anwesenheit.
Genau in diesem Moment kam der Saft, worauf Hiroshi sich verbeugte und mehrfach bedankte. Er nahm einen Schluck und stellte das Glas dann auf dem Couchtisch ab.
»Vielleicht wäre es hilfreich, wenn ich den Grund für Mr. Murphys Anwesenheit erläutern würde«, schlug Dr. Mason vor.
»Das wäre in der Tat sehr interessant«, fand Hiroshi.
»Mr. Murphy ist ein Doktorand der Medizin«, sagte Dr. Mason. »Im Verlauf des dritten Studienjahres sind Blockpraktika vorgesehen, in denen die Studenten an einer Institution ihrer Wahl hospitieren oder in ihrem Spezialgebiet weiterforschen. Mr. Murphy interessiert sich für die Forschung. Er wird zwei Monate bei uns bleiben.«
»Das ist sehr schön für Mr. Murphy«, meinte Hiroshi. »Er kommt während des Winters in die Sonne von Florida.«
»Ein gutes System«, stimmte Dr. Mason ihm zu. »Der Aufenthalt vermittelt ihm die Erfahrung eines unter normalen Bedingungen arbeitenden Labors, und wir bekommen eine zusätzliche Arbeitskraft.«
»Möglicherweise interessiert er sich für unser Medulloblastom-Projekt«, vermutete Hiroshi.
»Das tut er in der Tat«, erwiderte Dr. Mason. »Aber wir werden nicht erlauben, daß er daran mitarbeitet. Statt dessen wird er in der Entwicklung unseres Kolonkarzinom-Glykoproteins eingesetzt. Er soll versuchen, das Protein zu kristallisieren. Ich muß Ihnen nicht erklären, wie gut es für das Forbes-Zentrum und Sushita wäre, wenn er schaffen würde, woran wir bisher gescheitert sind.«
»Meine Vorgesetzten haben mich nicht über die Ankunft von Mr. Murphy unterrichtet«, sagte Hiroshi. »Es ist merkwürdig, daß sie es vergessen haben.«
Plötzlich begriff Dr. Mason, worum es in dieser Unterhaltung, die sich im Kreis drehte, wirklich ging. Sushita hatte sich ausdrücklich vorbehalten, alle potentiellen Angestellten vorher zu begutachten. Normalerweise handelte es sich dabei um eine Formalität, und da es in diesem Fall lediglich ein Student war, hatte Dr. Mason keinen Gedanken daran verschwendet, zumal es sich nur um ein befristetes Praktikum handelte.
»Die Entscheidung, Mr. Murphy zu einem Praktikum einzuladen, ist sehr kurzfristig gefallen. Vielleicht hätte ich Sushita vorher informieren sollen, aber er ist kein Angestellter im eigentlichen Sinne. Er bekommt kein Gehalt. Außerdem ist er nur ein Student mit begrenzter Erfahrung.«
»Trotzdem wird man ihm Glykoprotein-Proben anvertrauen«, stellte Hiroshi fest. »Und er wird Zugang haben zu den Hefen, in denen die Rekombination für die Produktion des Proteins stattfindet.«
»Natürlich wird er mit den Proteinen arbeiten«, sagte Dr. Mason. »Aber warum sollte man ihm die Rekombinationstechnologie zeigen, mit der sie produziert werden?«
»Was wissen Sie über diesen Mann?« fragte Hiroshi.
»Er kommt auf Empfehlung eines vertrauenswürdigen Kollegen«, sagte Dr. Mason.
»Vielleicht wäre meine Firma an seinem Lebenslauf interessiert«, gab Hiroshi zu bedenken.
»Wir haben keinen Lebenslauf«, sagte Dr. Mason. »Er ist nur ein Student. Wenn es etwas von Bedeutung gäbe, was wir über ihn wissen müßten, hätte mein Freund Dr. Walsh mich bestimmt darüber informiert. Er sagte, Mr. Murphy sei ein wahrer Künstler, wenn es um die Kristallisation von Proteinen und die Anzüchtung von monoklonalen Antikörpern in Mäusen geht. Und wir brauchen einen Künstler, wenn wir mit einem patentierbaren Produkt auf den Markt wollen. Außerdem ist das Harvard-Gütesiegel sehr wertvoll für die Klinik. Es wird uns bestimmt nicht schaden, einen Harvard-Doktoranden ausgebildet zu haben.«
Hiroshi erhob sich und verbeugte sich noch immer lächelnd, wenn auch nicht so tief und lange wie zur Begrüßung. »Vielen Dank, daß Sie mir Ihre Zeit geopfert haben«, sagte er und verließ den Raum.
Als die Tür hinter Hiroshi ins Schloß
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