Tödliche Geschäfte
ihrer Bewegungen könnte ihre eindrucksvollen Brüste bloßlegen. Ihre Frisur wirkte leicht ramponiert, und ihr Make-up wäre passender für ein Mädchen gewesen, das halb so alt war. Außerdem war sie sichtlich angetrunken.
»Willkommen, Sean«, sagte Dr. Mason. »Ich hoffe, Claire hat sich gut um Sie gekümmert.«
»Bestens«, sagte Sean.
Dr. Mason stellte Sean seiner Frau vor, die ihre mascara-schweren Wimpern klappern ließ. Sean drückte ihr pflichtschuldig die Hand, verweigerte jedoch den von ihr erwarteten Kuß auf die Wange.
Dr. Mason winkte ein weiteres Paar herüber und stellte Sean als einen Medizinstudenten aus Harvard vor, der ein Praktikum an ihrem Institut absolvieren würde. Sean hatte das unangenehme Gefühl, herumgezeigt zu werden.
Der Name des Mannes war Howard Pace, und Dr. Masons Vorstellung entnahm Sean, daß er Vorstandsvorsitzender eines Flugzeugherstellers in St. Louis war und das Forbes-Zentrum in Kürze mit einer großzügigen Spende bedenken wollte.
»Wissen Sie was, mein Junge«, sagte Mr. Pace und legte einen Arm um Seans Schulter. »Meine Spende soll dazu beitragen, daß junge Frauen und Männer wie Sie an der Forbes-Klinik ausgebildet werden können. Sie werden dort eine Menge lernen. Studieren Sie eifrig!« Und mit diesen Worten gab er Sean einen letzten Klaps von Mann zu Mann auf die Schulter.
Dann wandte sich Dr. Mason ab, um Mr. Pace einigen anderen Gästen vorzustellen, und Sean stand auf einmal allein da. Er wollte sich gerade einen Drink besorgen, als hinter ihm jemand mit schwankender Stimme sagte: »Hallo, schöner Mann!«
Sean drehte sich um und blickte in die blutunterlaufenen Augen von Sarah Mason.
»Ich möchte Ihnen was zeigen«, sagte sie und packte Sean am Ärmel.
Sean sah sich verzweifelt nach Claire um, die jedoch nirgends in Sicht war. Mit einer für ihn seltenen Schicksalsergebenheit ließ er sich die Treppe von der Terrasse hinunter zum Pier führen. Alle paar Schritte mußte er Sarah festhalten, weil sie mit ihren Absätzen zwischen den Planken hängenblieb. Auf dem Steg zur Yacht stand Sean dann auf einmal einem knurrenden, ausgewachsenen Dobermann mit beschlagenem Halsband und gefletschten Zähnen gegenüber.
»Das ist mein Boot«, sagte Sarah. »Es heißt Lady Luck. Soll ich Ihnen die Yacht mal zeigen?«
»Ich glaube, das Untier an Bord ist nicht besonders erpicht auf Gesellschaft«, meinte Sean.
»Batman?« fragte Sarah. »Machen Sie sich wegen ihm keine Sorgen. Solange Sie in meiner Nähe bleiben, ist er lammfromm.«
»Vielleicht sollten wir später noch einmal herkommen«, sagte Sean. »Ich bin, ehrlich gesagt, völlig ausgehungert.«
»Ich habe etwas zu essen im Kühlschrank«, beharrte Sarah.
»Ja, aber ich hatte mich schon so auf die Austern gefreut, die ich im Zelt gesehen habe.«
»Austern, was?« meinte Sarah. »Hört sich gut an. Wir können uns das Boot auch später noch ansehen.«
Sobald er Sarah wieder sicher an Land gebracht hatte, ließ er sie in Gesellschaft eines nichtsahnenden Paares zurück, das auf die Yacht zugeschlendert kam, und verschwand zwischen den anderen Gästen. Als er in der Menschenmenge nach Claire suchte, wurde er auf einmal von einer kräftigen Hand am Arm gepackt. Sean wandte sich um und blickte in das aufgedunsene Gesicht von Robert Harris, dem Chef des Sicherheitsdienstes. Mit seinem Ledernacken-Kurzhaarschnitt sah er selbst im Frack fast unverändert aus. Offenbar war sein Kragen zu eng, denn seine Augen quollen förmlich aus ihren Höhlen.
»Ich möchte Ihnen einen Rat geben, Murphy«, sagte Harris mit unverhohlener Verachtung.
»Ach, wirklich?« fragte Sean. »Das wird bestimmt sehr interessant und nützlich, wo wir doch so vieles gemeinsam haben.«
»Sie sind ein Klugscheißer«, zischte Harris.
»War das der Rat?« fragte Sean.
»Halten Sie sich von Sarah Forbes fern«, sagte Harris. »Ich sage es Ihnen nur einmal.«
»Verdammt«, erwiderte Sean. »Dann muß ich unser Picknick morgen wohl wieder absagen.«
»Provozieren Sie mich nicht!« warnte Harris ihn noch, bevor er mit einem letzten wütenden Blick davonstapfte.
Schließlich fand Sean Claire am Büffet, wo sie vor einem Tisch mit Austern, Garnelen und Krabben stand. Während er seinen Teller vollpackte, beschwerte er sich, daß sie ihn den Krallen von Sarah Mason überlassen hatte.
»Ich hätte Sie vermutlich warnen sollen«, meinte Claire. »Sie ist berüchtigt dafür, Jagd auf alles zu machen, was Hosen trägt, wenn sie
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