Tödliche Geschäfte
gefallen war, schloß Dr. Mason die Augen und rieb sich mit den Fingerspitzen die Lider. Er war viel zu nervös, und wenn er nicht aufpaßte, würde sich sein Magengeschwür verschlimmern. Und gerade jetzt, wo die Möglichkeit im Raum stand, daß irgendein Psychopath Brustkrebspatientinnen ermordete, war Ärger mit Sushita das letzte, was er gebrauchen konnte. Er bereute es bereits, Clifford Walsh den Gefallen getan zu haben, seinen Doktoranden einzuladen. Es war eine unnötige und lästige Komplikation.
Andererseits wußte Dr. Mason, daß er den Japanern etwas bieten mußte, sonst würden sie ihre Subventionen, ungeachtet anderer Überlegungen, womöglich ganz einstellen. Wenn Sean ihr Problem im Zusammenhang mit der Herstellung eines Antikörpers zu ihrem Glykoprotein lösen konnte, würde sich seine Anwesenheit vielleicht als Geschenk des Himmels erweisen.
Dr. Mason fuhr sich nervös durchs Haar. Das Problem, auf das ihn Hiroshi aufmerksam gemacht hatte, war nur, daß er kaum etwas über Sean Murphy wußte, obwohl dieser Zugang zu ihren Labors haben würde. Er konnte sich mit anderen Mitarbeitern unterhalten, die Computer anzapfen. Und Dr. Mason hatte den dezidierten Eindruck, daß Sean Murphy eher zu den neugierigen Typen gehörte.
Er griff nach dem Telefonhörer und bat seine Sekretärin, ihm eine Verbindung mit Clifford Walsh in Boston herzustellen. Während er wartete, schlenderte er zu seinem Schreibtisch und fragte sich, warum er nicht früher an Clifford gedacht hatte.
Nach ein paar Minuten war Dr. Walsh am Apparat. Dr. Mason setzte sich. Da sie erst in der vergangenen Woche miteinander telefoniert hatten, beschränkten sie die Höflichkeitsfloskeln auf ein notwendiges Minimum.
»Ist Sean gut angekommen?« fragte Dr. Walsh.
»Ja, heute morgen.«
»Ich hoffe, er hat nicht schon jetzt irgendwelchen Ärger bekommen«, sagte Dr. Walsh.
Dr. Mason spürte ein Brennen in der Magengrube. »Das ist eine merkwürdige Aussage«, sagte er. »Vor allem, nachdem du ihn mir so dringend empfohlen hast.«
»Alles, was ich über ihn gesagt habe, stimmt«, entgegnete Dr. Walsh. »Wenn es um Molekularbiologie geht, ist der Bursche fast ein Genie. Aber er ist auch ein Junge aus der Stadt, und seine gesellschaftlichen Umgangsformen sind nicht annähernd so entwickelt wie seine Intelligenz. Er kann ziemlich stur sein. Und er ist kräftig wie ein Ochse. Er hätte es in die Eishockey-Profiliga schaffen können. Eben der Typ, den man gerne auf seiner Seite hat, wenn es eine Schlägerei gibt.«
»Hier bei uns gibt es nur selten Schlägereien«, meinte Dr. Mason mit einem kurzen Lachen. »So daß wir seine Fertigkeiten auf diesem Gebiet wohl kaum in Anspruch nehmen müssen. Aber etwas anderes. Hat er je etwas mit der biochemischen Industrie zu tun gehabt, möglicherweise als Werkstudent in den Semesterferien? Irgendwas in der Richtung?«
»Aber sicher«, erwiderte Dr. Walsh. »Er hat nicht nur dort gearbeitet, er war selbst Unternehmer. Er und eine Gruppe von Freunden haben eine Firma namens ›Immunotherapy‹ zur Produktion von monoklonalen Antikörpern gegründet. Soweit ich weiß, waren sie recht erfolgreich. Aber was die kommerzielle Seite unserer Disziplin angeht, bin ich nicht so auf dem laufenden.«
Der Schmerz in Masons Magengegend wurde intensiver. Das hatte er nicht hören wollen.
Er bedankte sich bei Dr. Walsh, legte auf und schluckte zwei säurehemmende Tabletten. Jetzt mußte er sich auch noch darüber Sorgen machen, daß Sushita möglicherweise von Seans Verquickung mit dieser Immunotherapy-Firma erfuhr. Denn wenn sie davon erfuhren, würden sie das möglicherweise zum Anlaß nehmen, ihre Vereinbarung mit dem Forbes-Krebsforschungszentrum aufzulösen.
Dr. Mason lief hektisch in seinem Büro auf und ab. Sein Instinkt gebot ihm zu handeln. Vielleicht sollte er diesen Murphy nach Boston zurückschicken, wie Dr. Levy vorgeschlagen hatte. Aber das würde bedeuten, daß sie auf seinen möglichen Beitrag zu dem Glykoprotein-Projekt verzichten mußten.
Plötzlich hatte Dr. Mason eine Idee. Er konnte zumindest alles Verfügbare über Seans Firma in Erfahrung bringen. Er griff erneut zum Telefon. Diesmal ließ er sich nicht von seiner Sekretärin verbinden, sondern wählte die Nummer selbst. Er rief Sterling Rombauer an.
Claire hielt Wort und stand um Punkt halb acht vor Seans Apartment. Sie trug ein schwarzes Kleid mit Spaghettiträgern und lange, baumelnde Ohrringe. Ihr dunkelbraunes Haar war an den Seiten
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