Tödliche Geschäfte
einfach an.«
Sean bedankte sich und machte Anstalten zu gehen, aber Ms. Barington bestand darauf, ihn durch ihre Abteilung zu führen. Sean bemühte sich, einen interessierten Eindruck zu machen, während sie ihm die Computerkapazitäten der Klinik, die Laser-Drucker und den Lastenaufzug zeigte, mit dem Patientenakten aus dem Lagerraum im Keller hochgekarrt wurden. Dann machte sie ihn noch auf die phantastische Aussicht auf den träge dahinfließenden Miami River aufmerksam.
Als Claire und Sean wieder auf dem Flur standen, entschuldigte sie sich.
»Das hat sie noch nie gemacht«, fügte sie hinzu. »Sie müssen ihr gefallen haben.«
»Das ist mein Schicksal«, sagte er. »Ältere Damen und Mädchen vor der Pubertät sind immer ganz entzückt von mir. Nur mit den Frauen dazwischen habe ich Probleme.«
»Und das soll ich vermutlich glauben«, entgegnete Claire sarkastisch.
Es folgte ein schneller Rundgang durch das moderne Achtzigbetten-Krankenhaus. Es war sauber, geschmackvoll eingerichtet und offenbar personell gut ausgestattet. Obwohl viele der hier liegenden Patienten schwer krank waren, wirkten die Stationen mit ihren tropischen Farben und den frischen Blumen fröhlich. Auf diesem Teil der Tour erfuhr Sean auch, daß sich das Forbes-Zentrum mit dem National Institute of Health zusammengetan hatte, um fortgeschrittene Melanome zu behandeln.
Nach Beendigung des Rundgangs erklärte Claire Sean, daß es Zeit wurde, zum Cow’s Palace zu fahren, damit er sich ein wenig häuslich einrichten konnte. Er versuchte anzudeuten, daß er schon allein zurechtkommen würde, doch sie wollte nichts davon hören. Mit der strikten Anweisung, dicht hinter ihr zu bleiben, folgte er ihrem Wagen vom Parkplatz der Klinik weiter südlich entlang der 12th Avenue. Er fuhr vorsichtig, weil er gehört hatte, daß in Miami die meisten Autofahrer Pistolen im Handschuhfach hatten, weswegen die Stadt auch die weltweit höchste Sterblichkeitsrate bei Auffahrunfällen hatte.
Am Calle Ocho bogen sie links ab, und Sean erhaschte einen kurzen Blick auf die bunte kubanische Kultur, die das moderne Miami so nachhaltig geprägt hatte. An der Brickell Street ging es dann rechts ab, und die Stadt veränderte erneut ihr Gesicht. Jetzt fuhr er an den Glitzerpalästen der Banken vorbei, jeder von ihnen ein unverhohlenes Zeugnis für die Macht des illegalen Drogenhandels.
Cow’s Palace war, gelinde gesagt, wenig eindrucksvoll. Wie viele andere Gebäude in der Gegend war es ein zweistöckiger Betonkasten mit Schiebetüren und -fenstern aus Aluminium. Er erstreckte sich über fast einen ganzen Block mit asphaltierten Parkplätzen auf der Vorder- und Rückseite. Das einzig Attraktive an dem Apartmentkomplex waren die tropischen Pflanzen, von denen viele gerade in voller Blüte standen.
Sean parkte seinen Wagen neben Claires Honda.
Sie las die Nummer auf dem Schlüssel und führte Sean dann nach oben. Sein Apartment lag etwa in der Mitte des Flurs hinten heraus. Während Claire mit dem Schlüssel am Schloß herumfummelte, ging die Tür direkt gegenüber auf.
»Ziehen Sie gerade ein?« fragte ein etwa dreißigjähriger blonder Mann mit nacktem Oberkörper.
»Sieht so aus«, erwiderte Sean.
»Ich heiße Gary«, sagte der Mann. »Gary Engels aus Philadelphia. Ich bin Röntgentechniker. Nachts arbeite ich, und tagsüber suche ich eine Wohnung. Und Sie?«
»Ich bin Medizinstudent«, sagte Sean, als Claire endlich die Tür öffnete.
Es war ein möbliertes Zweizimmerapartment mit komplett ausgestatteter Küche. Schiebetüren führten sowohl vom Wohnzimmer als auch vom Schlafzimmer auf den Balkon, der um das gesamte Gebäude lief.
»Und, wie finden Sie es?« fragte Claire und öffnete die Schiebetür zum Wohnzimmer.
»Es ist mehr, als ich erwartet hatte«, sagte Sean.
»Die Klinik hat zum Teil große Schwierigkeiten, Personal zu bekommen«, sagte Claire, »vor allem hochqualifizierte Krankenschwestern. Da müssen sie schon eine passable vorübergehende Wohnmöglichkeit anbieten, wenn sie mit den anderen hiesigen Krankenhäusern konkurrieren wollen.«
»Vielen Dank für alles«, sagte Sean.
»Noch eins«, sagte Claire. Sie gab ihm einen Zettel. »Das ist die Telefonnummer des Frackverleihs, den Dr. Mason erwähnt hat. Ich nehme doch an, daß Sie heute abend kommen.«
»Das hatte ich schon wieder völlig vergessen«, gestand Sean.
»Sie sollten auf jeden Fall kommen«, meinte Claire. »Diese Dinnerparties gehören zu den Belohnungen für die harte
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