Tödliche Geschäfte
seiner Macht lag, alles selbst zu regeln. Sie sagte, sie sei besorgt gewesen wegen dieser neuen Schwester, dieser Janet Reardon.
»Ich hab dir doch gesagt, du brauchst dir keine Sorgen zu machen«, erklärte Tom. »Niemand wird uns je belästigen.«
Sterling Rombauer hatte das Sprichwort, das so etwas wie das Lebensmotto seiner Mutter, einer Lehrerin, gewesen war, immer gemocht: Wer Glück haben will, darf nichts dem Glück überlassen. Er überlegte, daß es in Boston nur eine begrenzte Anzahl von Hotels gab, die Tanaka Yagamuchi akzeptabel finden würde, und er beschloß, ein paar der Hotelangestellten anzurufen, deren Bekanntschaft er in den letzten Jahren gepflegt hatte. Seine Anstrengungen waren sofort erfolgreich. Sterling mußte lächeln, als er erfuhr, daß er und Tanaka nicht nur derselben Profession nachgingen, sondern auch, was Hotels anging, den gleichen Geschmack hatten.
Dies war eine günstige Wendung der Ereignisse. Dank seiner häufigen Aufenthalte im Ritz-Carlton von Boston pflegte Sterling die besten Kontakte zu den Mitarbeitern. Einige diskrete Nachfragen ergaben durchaus nützliche Informationen. Erstens hatte Tanaka denselben Fahrdienst gebucht wie Sterling, was nicht weiter überraschend war, da es bei weitem der beste war. Zweitens hatte er sein Zimmer für mindestens eine weitere Nacht gebucht. Und drittens hatte er für das Mittagessen im Cafe Ritz einen Tisch für zwei Personen reserviert.
Sterling machte sich sofort an die Arbeit. Er rief im Cafe an, einem gut besuchten und ziemlich intimen Ort. Der Maitre versprach ihm, daß Mr. Yagamuchi und sein Gast am entfernten Ende einer langen gepolsterten Bank plaziert würden, während für Mr. Sterling Rombauer der angrenzende, nur Zentimeter entfernt stehende Ecktisch reserviert bleiben würde. Der Inhaber des Fahrdienstes, den Rombauer ebenfalls anrief, versprach, den Namen von Mr. Yagamuchis Fahrer sowie eine Liste der angefahrenen Orte zu besorgen.
»Dieser Japse muß gute Beziehungen haben«, meinte der Besitzer des Fahrdienstes noch. »Wir haben ihn am Flugplatz abgeholt. Er ist in einem Privatjet eingeflogen, und es war keine von diesen Spielzeugmaschinen.«
Ein Anruf beim Flughafen bestätigte, daß die Sushita Gulfstream III dort stand, und Sterling ließ sich die Kennnummer der Maschine geben. Anschließend rief er einen Kontaktmann bei der Luftfahrtbehörde in Washington an, der ihm versprach, ihn über die Bewegungen des Jets auf dem laufenden zu halten.
Nachdem er all das so erfolgreich erledigt hatte, ohne sein Hotelzimmer zu verlassen, und ihm bis zu seiner Verabredung zum Mittagessen noch ein wenig Zeit blieb, ging Sterling in den Burberry-Laden auf der anderen Seite der Newbury Street, um sich ein paar neue Hemden zu gönnen.
Mit unter dem Tisch gekreuzten und ausgestreckten Beinen saß Sean auf einem der Plastikstühle der Klinikkantine. Er hatte den linken Ellenbogen auf den Tisch gestützt und rieb sich das Kinn, während sein rechter Arm über die Rückenlehne baumelte. Stimmungsmäßig befand er sich etwa in demselben Zustand, in dem ihn Janet am Nachmittag zuvor in seinem Apartment angetroffen hatte. Der Vormittag war eine zermürbende Wiederholung des Vortages gewesen, was ihn in seiner Ansicht bestärkt hatte, daß das Forbes-Zentrum ein reichlich bizarrer und überwiegend unfreundlicher Arbeitsplatz war. Hiroshi folgte ihm noch immer wie ein tolpatschiger Detektiv.
Praktisch jedesmal, wenn Sean im sechsten Stock zu tun hatte, weil im fünften die entsprechende Ausstattung fehlte, und er sich umsah, entdeckte er den Japaner. In dem Moment, in dem Sean ihn erblickte, wandte er sich stets rasch ab, als ob Sean ein Idiot wäre, der nicht bemerkte, daß er beobachtet wurde.
Sean sah auf seine Uhr. Er hatte sich um halb eins mit Janet verabredet. Jetzt war es schon fünf nach halb, und obwohl zahlreiche Mitglieder des Pflegepersonals in die Kantine strömten, war Janet noch immer nicht aufgetaucht. Sean stellte sich vor, wie es sein würde, einfach aufzustehen, zum Parkplatz zu gehen, in seinen Isuzu zu steigen und abzuhauen. Aber dann kam Janet durch die Tür, und allein ihr Anblick besserte seine Laune.
Obwohl sie für hiesige Verhältnisse noch immer recht blaß war, hatten die Tage in Miami einen deutlichen rosigen Schimmer auf ihrer Haut hinterlassen. Sean fand, daß sie nie besser ausgesehen hatte. Während er bewundernd zusah, wie sie sich mit sinnlichen Bewegungen einen Weg zwischen den Tischen
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