Tödliche Gier
Boden scharrten und vereinzelte Schreie ertönten: Blanches vier ungebärdige Kinder verbrachten den Tag bei der Oma. Wegen Fionas nackter Zementböden klang es wie auf einer Rollschuhbahn oder in einem Autoscooter. Ich sagte: »Ich kann Ihnen die Frage nach der Person beantworten, die in dem Haus an der Bay Street lebt. Es ist Clint Augustines Vater, und Clint wohnt bei ihm...«
»Ich habe Ihnen ja gesagt, dass die beiden eine Affäre haben.«
»Tja, nicht ganz.«
Jill kam herein und stellte mir einen Becher Kaffee auf den Schreibtisch. Ich warf ihr ein Küsschen zu und fuhr dann fort, Fiona Clints Leiden zu beschreiben, das ich ihr namentlich nannte. Ich hatte Dermatomyositis in dem Merck-Handbuch nachgeschlagen, das bei mir auf dem Schreibtisch steht. Alles in allem nichts Angenehmes, und speziell Clints Symptome schienen besonders schlimm zu sein. »Ich vermute, dass er im vergangenen Jahr außer Stande war, eine sexuelle Beziehung oder überhaupt eine Beziehung einzugehen.« Es war mir eine Erleichterung, über etwas anderes zu reden als den Vorabend.
Fionas Reaktion kam widerwillig. »Vielleicht habe ich sie falsch eingeschätzt.«
»Schwer zu sagen«, sagte ich, da ich nicht darauf herumreiten wollte.
»Was ist mit dem fehlenden Geld?«
»Darum kümmern sich inzwischen die Cops, also überlasse ich das ihnen. Die Zeit, die ich dafür eingesetzt habe, berechne ich Ihnen nicht.«
Offenbar gelang es ihr, ihre Enttäuschung abzuschütteln. »Tja, dann ist die Sache damit erledigt. Wenn Sie möchten, können Sie ausrechnen, was ich Ihnen schulde und es vom Rest des Vorschusses abziehen. Ein Abschlussbericht ist nicht nötig. Dieser Anruf reicht.«
»Klar, kann ich machen. Ich schicke Ihnen dann heute Nachmittag mit der Post einen Scheck.«
Sie zögerte einen Augenblick. Dann fragte sie: »Sie könnten mir das Geld nicht vielleicht in bar vorbeibringen?«
»Doch, sicher. Kein Problem. Ich kann heute Nachmittag zu Ihnen kommen.«
Eine Stunde lang saß ich am Schreibtisch und bereinigte und ordnete meine Unterlagen. Eigentlich hatte ich keine Lust zu arbeiten, doch die gedankenlose Tätigkeit löste meine Beklommenheit ein wenig. Schließlich griff ich zum Telefon und wählte 713, die Vorwahl für die Umgebung von Houston, Texas, und dann 555-1212, die Nummer der dortigen Auskunft. Als sich eine Telefonistin meldete, bat ich sie um die Nummer des Sheriffbüros in dem Landkreis, wo Hatchet lag. Sie gab sie mir, und ich schrieb sie auf. Ich ließ die Notiz auf dem Schreibtisch liegen, während ich die Unterlagen heraussuchte, die mir Mariah gegeben hatte. Ich blätterte die Zeitungsausschnitte durch, bis ich den Namen des Sheriffs fand, der den Mordfall Hevener bearbeitet hatte. Zuerst versuchte ich es noch einmal unter Mariahs Nummer, wo ich dieselbe Bandansage zu hören bekam wie zuvor. »Hallo, hier spricht Mariah Talbot. Sie sind verbunden mit dem Büro der Guardian Casualty Insurance in Houston, Texas...« Ich drückte auf die Gabel. Jeder kann eine Bandansage auf einem Anrufbeantworter hinterlassen. Und jeder kann sich einen Stoß Visitenkarten drucken lassen.
Ich wählte die Nummer in Texas und bat, mit Sheriff Hollis Cayo verbunden zu werden. Ich stellte mich vor und sagte ihm, woher ich anrief. »Ich interessiere mich für zwei Morde, bei denen Sie 1983 ermittelt haben. Es geht um Brenda und Jared Hevener.«
»An die kann ich mich erinnern«, antwortete er. »Das waren zwei anständige Menschen, die etwas Besseres verdient gehabt hätten. Wie kann ich Ihnen helfen?«
»Ich habe ein paar Neuigkeiten für Sie. Tommy Hevener kam gestern Abend ums Leben. Sein Bruder hat ihn bei einem heftigen Streit erschossen.«
Einen Moment lang herrschte Schweigen, während er die Mitteilung verarbeitete. »Ich kann nicht behaupten, dass mich das erstaunt. Ich hoffe, Sie wollen mir nicht sagen, dass Richard hierher unterwegs ist.«
»Nein, nein. Die Polizei hat ihn festgenommen und hier ins Bezirksgefängnis gesteckt. Soweit ich weiß, ist er pleite, also wird wahrscheinlich ein Pflichtverteidiger den Fall übernehmen«, sagte ich. »Eines wollte ich noch wissen. Wurde Casey Stonehart je gefasst?«
»Nein, Ma’am. Er ist verschwunden, und zwar direkt nach den Morden — vermutlich auch das Werk der beiden Jungs. Wir vermuten, dass er tot ist, aber das werden wir womöglich nie erfahren. Texas ist groß. Da gibt’s jede Menge Land für unmarkierte Gräber.«
»Ich habe erfahren, dass Brenda Heveners Schwester
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