Tödliche Grenze im All
Ausnahmefälle, in denen ein abweichendes Verhalten vertretbar ist. Besonders in diesem Fall, der keinen Schaden entstehen läßt.“
An der Wand begann ein Fernsehschirm zu flackern. Einer der Marsleute trat an ihn heran, drückte auf einen Knopf und begann in der Marssprache zu sprechen. Nach ein paar Minuten lebhaften Gesprächs schaltete er das Gerät aus und wandte sich an den Präsidenten. „Yyrmac sagt, der Erdmann werde in etwa einer Stunde erwachen, Sir“, sagte er höflicherweise auf Englisch.
Der Präsident erhob sich. „Dann machen wir uns auf den Weg, meine Herren.“
* *
*
Zum Zentrallaboratorium fuhren sie in einem langen goldenen Wagen, der dem Präsidenten gehörte. Er fegte in wundervoll geschmeidigen Kurven die windungsreiche Straße entlang, nachdem er die Stadt verlassen hatte. Sie versank im dunstigen Hintergrund mit all ihren nadelspitzen Türmen aus silbern gleißendem Metall und Glas.
Die roten Marsberge ragten hoch empor. Der Wind trieb goldenen Sand in Streifen und Wirbeln über das weiße Band der Straße.
Die Fahrt dauerte nicht lange. Der schlanke goldene Wagen schien die Straße zu fressen, ohne daß man seine Geschwindigkeit auf andere Weise wahrnahm. Bald zog sich die Straße höher, und Wade, der aus dem Fenster sah, konnte die weite Ebene überblicken, in der die Städte lagen. Kanäle schimmerten, wie überall auf dem Mars, und hier und da ragten noch einzelne Turmspitzen aus den Dunstschleiern heraus. In der Ferne, knapp über dem Horizont, glomm rötlich die Sonne, und dicht neben ihr erkannte Wade eine Windhose, die Staub als schwarzen Turm zum Himmel zog.
„Wir sind da“, sagte einer der Marsleute.
Im Laboratorium erwartete sie Yyrmac, verbeugte sich vor dem Präsidenten, lächelte Wade zu. Sie gingen in den Hauptsaal, und Wade schrak zusammen. Dort war das Zeithirn, daneben auf einer Liege, die Augen geschlossen, Waring.
Yyrmac näherte sich Wade. „Sie haben wahrscheinlich schon das Wichtigste gehört?“ fragte er.
„Nur, was geschehen ist – nicht aber die Gründe dafür.“
„Nein, allerdings. Ich selber kenne auch höchstens die Hälfte der Gründe. An sich tappe ich genauso im dunkeln wie Sie. Jemand von der Regierung sagte mir, Sie würden mich wahrscheinlich anrufen und um Benutzung des Zeithirns bitten, und in diesem Fall sollte ich Ihnen weitgehend behilflich sein. Warum der Präsident wünschte, daß Sie das Schicksal von Hennesseys Schiff erfahren sollten, weiß ich freilich nicht.“
„Aber Sie wissen doch, was mit dem Schiff geschehen ist, nicht wahr?“
„Ja.“
„Und was war es? Sagen Sie es doch endlich.“
Der Präsident unterbrach ihr Gespräch. „Ich sagte Mr. Wade schon, daß er die Geschichte besser von seinem Freunde erfährt. Über Gründe und alles andere können wir uns hinterher noch ausgiebig unterhalten. Diese Reihenfolge halte ich für richtiger.“
Yyrmac nickte. „Gewiß, Sir. Der Erdmann wird bald erwachen.“
„Wie viele vom Forschungsrat wissen, was hier vorgeht?“ fragte Wade leise.
„Nur ein paar. Ich kenne die meisten Abteilungsvorstände in diesem Laboratorium. Sie wissen nur, daß das Zeithirn von Erdbewohnern benutzt wird! Der Grund ist ihnen unbekannt. Ich habe es ganz unauffällig arrangiert, daß das Zeithirn gleich nach Ihrem Anruf hierhergebracht wurde, angeblich zu einer Reparatur. Dort, wo es sonst steht, kenne ich zu wenig Leute, und es hätte sein können, daß sie argwöhnisch geworden wären und lästige Fragen gestellt hätten.“
Die Anwesenden hatten sich um die Liege versammelt, auf der Waring ruhte und sichtbar atmete.
Was hat er gesehen? dachte Wade. Was steckt hinter all dem, was sollen wir nach dem Willen der Marsleute, oder wenigstens einiger von ihnen, erfahren?
Alle diese Fragen quälten ihn, seit van Carlsberg ihm das Trümmerstück von Hennesseys Schiff gebracht und er sich zur Bitte um Benutzung des Zeithirns entschlossen hatte. Die Fragen ließen ihm keine Ruhe und peinigten ihn unablässig – jetzt, kurz vor der Enthüllung des Geheimnisses, war es kaum noch zu ertragen.
„Da – sehen Sie!“ sagte van Carlsberg plötzlich.
Stille. Das einzige Geräusch war das Sausen der Generatoren.
„Er erwacht“, sagte der Präsident.
11. Kapitel
Waring schlief. Sein Körper lag völlig still, nur seine Brust hob und senkte sich gleichmäßig. Sein Gesicht gab keinen Aufschluß darüber, was er gesehen und erlebt
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