Tödliche Grenze im All
Körper nährten. Es waren eigenartige, die Seele unmittelbar ergreifende Töne, und obwohl Wade sie früher schon manchmal gehört hatte, fühlte er sich diesmal tiefer davon berührt denn je. Sie erschienen ihm wie Symbole der Geheimnisse auf dem Mars – Seele und Geist mit Verlangen füllend, diese Geheimnisse zu ergründen, und dabei doch zugleich verratend, daß dem Erdmenschen all diese Geheimnisse noch verschlossen bleiben würden … Wade merkte, daß der Wagen angehalten hatte und die Tür für ihn geöffnet war.
Er stieg aus. Die Luft war kühl und frisch und von dem Duft der künstlichen Pflanzen erfüllt, die die Wand des Hauses vor ihm überzogen.
„Hier, bitte!“ Die Marsleute wiesen ihm den Weg zum Eingang und folgten ihm.
Vier andere Marsleute kamen ihm mit ihrem wippenden Gang entgegen. „Mr. Wade? Folgen Sie uns, bitte“, sagte einer davon und machte eine einladende Bewegung mit der Hand.
Sie betraten einen kreisrunden Fahrstuhl und fuhren damit bis zum obersten Geschoß des Gebäudes. Dann ging es durch transparente Türen und schließlich auf eine Tür zu, in deren glatter blauer Oberfläche das Staatssymbol in Goldrelief eingelassen war. Die Tür öffnete sich bei ihrer Annäherung, und sie traten ein.
Beim Anblick des Präsidenten NNomar verbeugten sich die Marsleute tief.
Wade blieb aufrecht stehen, dicht hinter ihm stand van Carlsberg.
„Treten Sie doch näher, und nehmen Sie Platz, Mr. Wade. Ah – van Carlsberg, glaube ich! Doch Sie werden sich kaum daran erinnern, daß wir uns bereits kennen. Bitte, nehmen Sie Platz!“
Sie ließen sich auf den niedrigen, langen Schaumpolsterstühlen nieder.
Der Präsident sah nicht anders aus als die anderen Marsbewohner – dürr und blau, und seine Augen waren ebenfalls silbrig-flüssig und überraschend beweglich wie Wasser in einer Schale.
„Sicherlich liegen Ihnen Hunderte von Fragen auf der Zunge. Ich habe aber meine Leute angewiesen, Ihnen keinerlei Auskünfte zu geben, ehe ich Sie nicht gesehen habe. Ich gebe zu, daß dies sehr diktatorisch und unhöflich erscheint, aber ich kann Ihnen versichern, daß ich triftige Gründe für diese Anweisung hatte.“
Der Präsident blätterte raschelnd in den Goldfolien, die auf dem Tisch lagen. Dann fand er das Bündel, das er gesucht hatte, und reichte es Wade. „Hier haben Sie einen Bericht über alles, was wir getan haben, aber um Zeit zu sparen, möchte ich es kurz zusammenfassen.
Zunächst: Wir wußten, daß Sie planten die Fixsterne zu erreichen. Es war uns bekannt, daß Hennessey eine Antriebsart erfunden hatte, die dann Superantrieb genannt wurde und Geschwindigkeiten zu erreichen erlaubte, die wesentlich über der Lichtgeschwindigkeit lagen … Ungefähr achtzehn Monate nach Hennesseys Start mit diesem Raumschiff fand eins unserer Fahrzeuge ein Bruchstück eines Erdschiffs. Wir untersuchten das Wrackstück und stellten fest, daß es zu Hennesseys Fahrzeug gehört haben mußte.“
„All das habe ich geahnt.“
„Nun ja. Wir wünschten dringend – aus Gründen, auf die ich noch eingehen werde – daß Sie erfahren, daß Hennesseys Schiff im Weltraum zugrunde gegangen ist. Und wir wollten auch, daß Sie erfahren, was an der Katastrophe schuld war … Das Zeithirn ist das einzige Gerät in unserem System, das erlaubt, in die Vergangenheit zurückzugehen und zu erforschen, was geschah – und wir wollten, daß Sie das Zeithirn benutzen. Hätten wir nun all das einfach mitgeteilt, dann hätten wir unsere Mitteilung an die Erdregierung richten müssen, und diese hätte die Marsregierung offiziell bitten müssen, das Zeithirn benutzen zu dürfen. Das ist Ihnen doch klar, nicht wahr?“
„Gewiß.“
„Schön. Nun arbeitet das Regierungssystem unseres Planeten ungefähr nach dem Prinzip, das bei Ihnen Demokratie heißt, und es war durchaus möglich, daß auf Grund eines Mehrheitsbeschlusses ein solches Ersuchen abgelehnt wird. Ich wollte nicht, daß dies geschah – ich wollte um jeden Preis, daß Sie das Zeithirn benutzen und selbst feststellen, welches Schicksal Hennessey und seine Gefährten erlitten, woran ihr erster Vorstoß über unser Sonnensystem hinaus scheiterte. Ich wollte das aus vielen guten Gründen, doch diese haben Zeit, ich kann sie später erläutern. Um meinen Zweck zu erreichen, mußte ich alles so arrangieren, daß Sie, Mr. Wade, glaubten, selbst den Einfall mit der Benutzung des Zeithirns zu haben. Ich stellte fest, daß van Carlsberg gerade auf dem Mars war
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