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Toedliche Hoffnung

Toedliche Hoffnung

Titel: Toedliche Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tove Alsterdal
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einfach den Mund halten sollen.
    »Vielleicht wollen Sie den Ort sehen, an dem Jetjenko starb«, sagte Helder Ferreira hinter meinem Rücken.
    Ich stoppte auf dem Weg zur Tür und drehte mich um. Der Kommissar zeigte mit seinem Stift nach Norden, wenn ich die Himmelsrichtung korrekt deutete. »Nehmen Sie die Straßenbahnlinie 28 nach Alfama und steigen Sie am Largo das Portas do Sol aus. Wenn Sie die Treppe neben dem Aussichtspunkt hinabsteigen, kommen Sie dort vorbei, wo Jetjenko aufschlug.« Er warf einen Blick in seine Papiere. »An der Gasse, die nach unten führt, gibt es eine Pforte mit der Nummer 62. Die Straße lässt sich nur schwer zuordnen, aber es wäre ohnehin nur verwirrend, in Alfama von Straßen zu sprechen. Sie sind auch auf keiner Karte eingezeichnet.«
    »Danke«, sagte ich.
    »Ganz am oberen Ende.« Er hielt seinen Stift senkrecht in die Luft.
    »Und sollte sie Namen nennen ...«
    »Dann werde ich es Ihnen erzählen«, sagte ich.
    »Richten Sie Vera Jetjenkova aus, dass sie ihren Mann bald beerdigen kann.«
    »Patrick Cornwall?« Der Hotelchef stand auf, nachdem er meine Angaben zur Reservierung eingegeben hatte. »Sie meinen den Amerikaner?«
    Er ist hier, dachte ich. Er muss hier sein. Ich spürte ein Flattern in der Brust. Eigentlich war es ganz logisch. Hier hatte er sich die ganze Zeit versteckt, in einem muffigen, drittklassigen Hotel inLissabon, in einem Viertel, wo sich die Häuser an den Hang schmiegten und die Bars mit peep shows lockten.
    »Ja«, sagte ich und lächelte. »Er ist mein Mann.«
    Der Hotelchef senkte den Kopf und ging langsam auf mich zu, wie ein Boxer in Angriffsstellung.
    »Sind Sie gekommen, um die Rechnung zu bezahlen?«
    Instinktiv wich ich zurück.
    »Was? Was meinen Sie?«
    »Er ist abgereist, ohne zu zahlen.« Der Mann zeigte auf den Schlüssel in meiner Hand. »Wenn Sie die Rechnung nicht übernehmen, kann ich Ihnen kein Zimmer geben.«
    Meine Hand schnellte zu meiner Brust, ich atmete und hatte doch das Gefühl, keine Luft zu bekommen. Es war ein körperliches Gefühl – die Hoffnung, die aus mir herausgerissen wurde, die Leere, die zurückblieb.
    »Wir haben nicht sofort bemerkt, dass er sich aus dem Staub gemacht hat, also sind es insgesamt vier Nächte.«
    Der Portier pfefferte einen Ausdruck auf den Tresen und zeigte auf die Ziffern ganz unten, 144 Euro. Ich starrte auf den Namen oben auf der Rechnung, Patrick Cornwall. Darunter unsere Adresse in New York. Datum: Dienstag, der sechzehnte, bis Freitag, der neunzehnte September. Die Tage verschwommen vor meinen Augen.
    »Sonst können wir das gern im Beisein der Polizei erörtern«, sagte er und trommelte mit den Fingern auf das Furnier des Tresens.
    Ich wandte mich ab. Von der Rezeption aus konnte ich direkt in die Bar blicken. Ein Gemälde bedeckte die eine Wand, Schiffe im Hafen von Lissabon, Kanonen. Der Raum war leer: keine Gäste, keine Musik, nur eine zeitlose Stille, schwer wie die Möbel, die dicken Vorhänge vor den Fenstern, die wohl noch nie ausgewechselt worden waren. Die Flecken an der Decke, der Staub. Über allem lag eine Müdigkeit, etwas längst Vergangenes.
    Patrick hätte sich nie davongeschlichen, ohne die Hotelrechnung zu zahlen. Dazu war er viel zu sehr Muttersöhnchen, wohlerzogenund stets darauf bedacht, das Richtige zu tun. Allerdings war das der Patrick, den ich kannte, bevor er voller Erwartungen aus New York abgereist war. Doch zwischenzeitlich, bevor er in diesem Dreckshotel eingecheckt hatte, war viel passiert.
    »Wo sind seine Sachen?«, presste ich hervor. »Hat er sie mitgenommen, oder sind sie noch hier?«
    Der Hotelleiter antwortete nicht. Er trommelte ununterbrochen mit seinen Fingern auf den Tresen.
    »Ich bezahle das Zimmer natürlich«, sagte ich. »Ich bin mir sicher, dass auch er das vorhatte, aber ...«
    Ich holte meine Geldbörse hervor und legte zwei Hundert-Euro-Scheine auf den Tisch. Am Flughafen hatte ich Tausend Euro abgehoben. Jetzt waren von unserem Geld nur noch rund dreitausendfünfhundert Dollar übrig.
    Der Portier nahm das Geld und meinen Pass. Dabei kam mir der Gedanke, dass es Dinge gab, die man bei sich trug, wo auch immer man hinreiste, was man auch vorhatte.
    »Haben Sie seinen Pass noch?«
    »Nein, den hatten wir ihm zurückgegeben. Wir nehmen ihn nur beim Check-in vorübergehend an uns, um alle Angaben zu kontrollieren.«
    »Und die anderen Sachen? Seine Kleidung, sein Computer?«
    Der Portier nahm einen Schlüsselbund aus einer Schublade, dann

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