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Toedliche Hoffnung

Toedliche Hoffnung

Titel: Toedliche Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tove Alsterdal
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klappte er ein Stück des Tresens hoch und kam dahinter hervor. »Folgen Sie mir«, sagte er und knallte die Platte wieder an ihren Platz.
    Er führte mich an einer Reihe leerer Kisten vorbei, durch einen Korridor und eine schmale Treppe hinab und schloss eine Tür auf.
    »Hier bewahren wir nicht abgeholtes Gepäck auf.« Er drehte an einem Lichtschalter, und eine nackte Glühbirne an der Decke flackerte auf. Eine Abstellkammer. Hinter klapprigen Stühlen und Farbeimern standen in einer Ecke verlassene Koffer, ein Rucksack und einige Plastiktüten, aus denen Kleidung herausquoll. Ich erkannte Patricks braunen Reisekoffer mit den Metallbeschlägen sofort. Mein Hals schnürte sich zu.
    »Ich muss mich um die Rezeption kümmern. Knipsen Sie das Licht hinter sich aus.« Seine Absätze klapperten auf der Steintreppe, als er ging, und wurden vom zerschlissenen Teppich im Flur gedämpft, bis sie schließlich nicht mehr zu hören waren.
    Ich stand wie angewurzelt da und starrte den Koffer an. Erinnerte mich daran, wie er geöffnet in der Wohnung gelegen hatte und Patrick um ihn herumwuselte, seine Sachen ordentlich gefaltet hineinlegte und den Deckel zuklappte.
    Der Koffer war nicht abgeschlossen. Ich legte ihn auf den Boden und öffnete den Deckel. Da lagen seine Kleider, zusammengeknüllt und verknittert, seine grauen Chinohosen und fast neuen Jeans, das blaue Hemd und der Markenpullover aus rotem Kaschmir, den ich ihm zu seinem siebenunddreißigsten Geburtstag geschenkt hatte. Alles war durcheinander, nicht ordentlich zusammengelegt. Ich hielt mir einen Pullover vor das Gesicht, bohrte meine Nase in die weiche Wolle und atmete den Duft ein. Olivenseife und ein wenig Aftershave, möglicherweise ein Anflug von Schweiß. Ich wusste nicht, was ich wirklich roch und was nur eine Erinnerung an seinen Geruch darstellte, und ich atmete vorsichtig, damit die letzten Spuren nicht ganz verschwanden. Und in meinem Kopf entstand ein Bild von Patrick, als er mich verließ, von seinem Rücken, der in einem weißen Nebel verschwand, in dem es nur noch Vergessen gab und Einsamkeit, und mir liefen die Tränen, aber ich kümmerte mich nicht länger darum, sie aufzuhalten.
    Patrick hätte niemals ein solches Durcheinander hinterlassen. Er war der Typ, der die Socken in seinem Schrank nach Farben sortierte. Er war nicht freiwillig verschwunden. Und er war nicht zurückgekommen. Und ich konnte den schlimmsten aller Gedanken nicht mehr zurückhalten: dass er vielleicht tot war.
    Ich weiß nicht, wie lange ich zusammengekrümmt auf dem kalten Steinboden saß und seinen Pullover an mich drückte. Fünf Minuten, zehn, eine Stunde, und ein Leben zieht vorüber, bis es plötzlich vorbei ist. Es war eine Lüge, dass etwas anderes übrig blieb als Einsamkeit.
    Und Patricks Duft, mit jedem Atemzug, sein weicher Pullover an meinem Gesicht.
    Ich wollte dir nur eine gute Nacht wünschen ... ich vermisse dich so.
    Schließlich setzte ich mich auf. Legte den Pullover behutsam zusammen und nahm nacheinander die anderen Sachen aus dem Koffer. Seinen Reiseführer über Paris. Ein Buch über Rimbaud, zwischen schmutzigen Unterhosen und Socken, die einen säuerlichen Duft verströmten, als ich sie hochhob. Ich nahm alle Kleidungsstücke einzeln heraus, legte sie zusammen und wieder in den Koffer. Eine schwarze Chinohose, die er fast immer trug, und ein graues Hemd fehlten. Das graue Jackett. Die Sachen, die er anhatte, als er verschwand. Außerdem fiel mir auf, dass auch der Computer nicht mehr da war, und es gab keinerlei Rechercheunterlagen. Ich klappte den Koffer zu und sperrte ihn mit dem Zahlenschloss ab. Kein anderer sollte in seinen Sachen wühlen. Dann stellte ich den Koffer wieder in die Ecke, machte das Licht aus und schloss die Tür hinter mir.
    Anschließend ging ich nach oben und bezog mein Zimmer.
    Ein schwacher Schimmelgeruch schlug mir entgegen, der Teppich sah aus, als wäre er in den 1960ern verlegt worden. Die Wände hatten die gleiche schmutzig gelbe Farbe wie im übrigen Hotel. Ich öffnete eine Glastür und gelangte auf einen schmalen Balkon, der zur Straße hinausging. Am Geländer hingen einige schlaffe Wimpel mit ausgeblichenen Rändern und Farbflächen. Ein Rollkoffer ratterte über das Kopfsteinpflaster.
    Irgendwo dort draußen gibt es eine Erklärung, dachte ich.
    Und jemanden, der es verdient hat zu büßen und in der Hölle zu schmoren.
    »Wo ist der Laptop?«, fragte ich, als ich zwanzig Minuten später wieder an die Rezeption

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