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Toedliche Hoffnung

Toedliche Hoffnung

Titel: Toedliche Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tove Alsterdal
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Menschen. Reporter, TV-Teams und Schaulustige. Innerhalb von zwei Tagen war Patricks Tod zu einer weltweiten Nachricht geworden. Journalisten und TV-Produzenten hatten in Windeseile meine Handynummer herausgefunden und bereits am Samstag begonnen, bei mir anzurufen. Ich lehnte alle Interviewanfragen ab und verwies auf Richard Evans. Alles, was es zu sagen gab, hatte ich bereits The Reporter gesagt. Einige Journalisten stöberten auch meine Mailadresse auf. Sie wollten mehr über unser gemeinsames Leben erfahren, darüber, wie Patrick als Mensch gewesen war. Sie wollten mir jede Erinnerung entreißen, die ich besaß.
    Ich hatte kilometerlange Spaziergänge am Strand unternommen. Über weite Strecken zog ich meine Schuhe aus und ging barfuß mit hochgekrempelten Jeans am Wasser entlang. Es war zu kalt, um zu baden, doch das Meer lockte, und ich wünschte, ich hätte hinausschwimmen können, schwimmen, wie ich es vor langer Zeit einmal getan hatte, als ich noch zur Schule ging. Wenn ich damals durch das Wasser geglitten war, verschwand alles um mich herum.
    Auf der anderen Seite der Stadt, im Osten, gab es verlassene Strände, die steinig und unzugänglich waren, und eine Burgruine voller Scherben und benutzter Kondome. Als mir der Wind zu lästig wurde, bog ich in die Altstadt ab, die hinter einer mittelalterlichen Stadtmauer verborgen lag und aus einem ähnlichen arabisch-verschlungenen Gassengewirr bestand wie Alfama in Lissabon. Ich kam an der Kneipe namens Blue Heaven Bar vorbei, wo Terese den Mistkerl getroffen hatte, der ihre Sachen geklaut hatte. Im Café Central, das Tom McNerney empfohlen hatte, aß ich mittags und abends marokkanischen Salat mit Tunfisch und Minze.
    Anschließend schlief ich die ganze Nacht tief und fest.
    Es war ein traum- und farbloser Schlaf, aus dem ich von McNerney geweckt wurde. Er rief an, um zu berichten, dass die spanische Polizei beschlossen hatte, Patrick exhumieren zu lassen.
    Der Druck seitens der amerikanischen und europäischen Medien hatte die Bürokratie beschleunigt.
    Man würde eine Obduktion vornehmen, und die Ermittlungen wegen Mordes waren eingeleitet.
    Die Bilder von der Öffnung des Grabes waren schon bald im Netz zu finden.
    Ich saß an meinem üblichen Platz am Computer hinter der Rezeption und hatte ihn mit drei Euro für insgesamt eine Stunde Surfen gefüttert. Über Patricks Tod zu lesen, hatte etwas Handfesteres, Konkreteres, als ihn selbst zu erleben. Tief in meinem Inneren war die eigentliche Tragweite noch nicht angekommen.
    Nie wieder.
    Rehabilitierung, dachte ich stattdessen. Gerechtigkeit. Das war es, was jetzt zählte. Die Exhumierung war ein erster Sieg, und bald würden diese Dreckskerle vor den Augen der ganzen Welt hinter Schloss und Riegel gebracht.
    Ich überflog ein paar spanische Zeitungen, was allerdings anstrengend war, denn Spanisch war eine mündliche Sprache für mich. Also wandte ich mich den New Yorker Zeitungen zu.
    The Reporter bezeichnete die Öffnung des Grabes als einen Sieg der Gerechtigkeit. Sie brachten mehrere Artikel über aufsehenerregende Fälle von Sklaverei auf der ganzen Welt, aber nichts Neues über den Brand in Paris, Michail Jetjenkos Tod oder Alain Thery. Sein Name wurde noch immer nicht erwähnt. Auch die Angaben aus Jetjenkos Dokumenten waren bisher nicht veröffentlicht worden.
    Dagegen überschlugen sich die Lobeshymnen über Patricks Arbeit.
    Hättet ihr seine Artikel mal gekauft, als er noch lebte, dachte ich und klickte die Zeitungen weg. Dann lehnte ich mich zurück. Allmählich kam mir der Gedanke, bald wieder abzureisen, diese gottverlassene Stadt hinter mir zu lassen. Von hier aus gingen Busse nach Malaga, und dort musste ich nur noch ins Flugzeug steigen.
    Nach Hause, dachte ich. War das möglich? Zurückzukehren, als sei nichts passiert? Die alten Klamotten anziehen, ins alte Leben steigen?
    Ich übersprang alle E-Mails von Journalisten und öffnete die beiden letzten von Benji.
    In der einen schrieb er, wie wahnsinnig leid es ihm tue.
    Dass die Welt ein garstiger Ort sei, an dem die Liebe keinen Platz fände.
    Er hatte ein Gedicht von Auden hineinkopiert, das aus Vier Hochzeiten und ein Todesfall.
    The stars are not wanted now; put out every one,
    Pack up the moon and dismantle the sun ...
    Außerdem hatte er drei Skizzen zu einem Bühnenbild für das Cherry Lane Theatre geschickt, lediglich ein paar Ideen, schrieb er, damit er bei der nächsten Besprechung etwas vorzeigen könne. Ich hatte nicht einmal Lust,

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