Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toedliche Hoffnung

Toedliche Hoffnung

Titel: Toedliche Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tove Alsterdal
Vom Netzwerk:
Grenze gefahren, hatte noch größere Dummheiten begangen, um seine Story an Land zu ziehen; dies ist eine Reise in die Dunkelheit ...
    Drinnen im Zimmer schrillte und vibrierte mein Handy. Es war Richard Evans.
    »Was zum Teufel geht hier vor sich!«, schrie er in den Hörer. »Gerade kam ein Telegramm von AP rein. War Patrick etwa auf einer Art Reisereportage?«
    »Das kann nicht stimmen«, sagte ich und schob die Balkontür zu. »Er wäre nie mit einem solchen Boot gefahren.«
    »Und warum nicht?«
    »Patrick hat noch nicht einmal die Fähre nach ...«
    Richard Evans fiel mir ins Wort.
    »Ich verstehe ja, dass das nach einer phantastischen Story klingt, welch ein Augenzeugenbericht, mit den Wellen und den Menschen, die sich über das schonungslose Meer kämpfen. Aber das deckt sich nicht mit dem, was wir gestern im Reporter geschrieben haben. Was habe ich verpasst? Hier rufen schon pausenlos Anwälte an.«
    Ich sank auf das Bett. In meinem Kopf überschlug sich alles.
    »Dieser James muss sich täuschen«, sagte ich. »Vielleicht ist er nur aufgetaucht, um einmal im Fernsehen zu sein.«
    »Sie schätzen ihn als glaubwürdig ein. Es wurde bestätigt, dass in jener Nacht ein Boot in der Meerenge unterging. Offenbar hat man weitere Tote gefunden.« Richard Evans hielt die Hand auf die Sprechmuschel und murmelte irgendjemandem etwas zu, im Hintergrund hörte ich einen Fernseher und andere Stimmen. »Wir gehen der Sache natürlich nach, aber bis auf Weiteres müssen wir unsere Artikel aus dem Netz nehmen.«
    »Was meinen Sie?«
    »Die anderen Zeitungen haben ihre Versionen bereits geändert. Wir können nicht als Einzige auf der Welt dastehen und behaupten, Patrick Cornwall wäre von Kriminellen ermordet worden, damit untergraben wir unsere Glaubwürdigkeit ja völlig. Wir müssen unsere Integrität wahren, umso mehr, weil er hier gearbeitet hat.«
    »Aber es ist wahr«, entgegnete ich schwach und wusste nicht mehr, ob ich selbst noch daran glaubte.
    »Es geht nicht so sehr darum, was wahr ist«, sagte Evans, »sondern darum, was wir beweisen können.«
    Es knackte in der Leitung, und ich hörte, wie die Geräusche leiser wurden, das Gemurmel im Hintergrund verschwand. Anscheinend hatte er vorher den Lautsprecher eingeschaltet.
    »Mir liegt genauso viel an der Sache wie Ihnen«, murmelte er mit ruhigerer Stimme, »aber die Geschäftsführung sitzt mir im Nacken, sie ist der Meinung, dass ich das Ganze zu persönlich angehe.«
    »Aber das, was er schreiben wollte, die ganze Story, ist doch trotzdem wahr«, sagte ich.
    »Wir gehen der Sache weiter nach. Das ist alles, was wir tun können. Fakten überprüfen und gegenchecken, journalistische Beinarbeit. Also dann.«
    Als ich später in der Lobby ins Internet ging, waren die Artikel von der ersten Seite von The Reporter verschwunden. Ein diskreter Verweis auf einen kurzen Artikel war geblieben, versteckt unter der Nachricht über ein geplantes Gipfeltreffen zwischen den USA, Israel und den beiden Palästinenserführern.

TARIFA
    DIENSTAG, 7. OKTOBER
    Die Frau saß in der Lobby direkt hinter den Plastikflamingos und wartete auf mich. Sie war Mitte fünfzig, trug eine weiße Leinenhose und viel zu viele Ketten um den Hals. Miguel von der Rezeption zeigte sie mir mit einer Geste des Bedauerns. Er wusste mittlerweile ebenso wie sein Vater, sein Bruder, seine Frau und die Cousins und Cousinen, dass ich nicht mit Journalisten sprechen wollte. Seit die Nachricht von Patrick die Fernsehsender erreicht hatte, schützten sie mich. Nicht ein einziges kleines Cousinchen hatte sich verplappert und verraten, wo ich wohnte.
    Die Frau mit den Ketten umhüllte ein Duft von Moschus, Räucherstäbchen und Rosenöl, der keinen Zweifel ließ: ein Alt-Hippie.
    Ich blieb zwei Meter von ihr entfernt stehen und verschränkte die Arme.
    »Ich gebe keine Interviews«, sagte ich.
    Sie stand auf und streckte mir die Hand entgegen, eine warme, magere Hand mit vielen Silberringen. Die Frau war fast zwei Meter groß.
    »Ich heiße Jillian Dunne«, sagte sie mit einem britischen Akzent, der an muffige Internate denken ließ. »Mein Beileid.«
    »Danke und auf Wiedersehen«, erwiderte ich.
    Sie lächelte milde.
    »Ich bin keine Reporterin. Ich bin hier, weil ich glaube, dass es eine Person gibt, die Sie gerne treffen würden.«
    Ich musterte sie von oben bis unten, Riemensandalen um sonnengebräunte Knöchel, die Perlen und Sterne, die sie sich an Ketten und Riemchen um Arme und Hals gebunden

Weitere Kostenlose Bücher