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Toedliche Hoffnung

Toedliche Hoffnung

Titel: Toedliche Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tove Alsterdal
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die Dateien zu öffnen. Benji sollte die Kunden vertrösten, bis ich wieder da war.
    »Wir nehmen die Erste als Ausgangspunkt«, schrieb ich. »Wenn die Idee nicht von Anfang an da war, existiert sie nicht.«
    Ich wollte den Posteingang gerade wieder schließen, als ich eine Nachricht von Caroline Kenney zwischen all den ungeöffneten Mails entdeckte. Ihre lilafarbene Gestalt erschien vor meinem inneren Auge wie aus einer anderen Epoche. Paris schien mir unendlich fern.
    »Oh, my darling, oh, my dear«, schrieb sie. Mehrere Zeilen mit Beileidsbekundungen und dann ein PS: »Treffe morgen Guy de Barreau. Habe Alain Thery gesucht, der die Stadt jedoch verlassen hat. Man munkelt, dass er sich auf einer seiner Yachten aufhält, in Saint-Tropez oder Puerto Banus.«
    Ich klickte auf Antworten , aber mir fiel nicht ein, was ich hätte schreiben können, also fuhr ich den Computer herunter. Als der Bildschirm bereits schwarz war, schwirrte das Gedicht noch immer durch meinen Kopf.
    ... Pour away the ocean and sweep up the woods.
    For nothing now can ever come to any good.
    Ich erwachte zur Geräuschkulisse einer spanischen Talkshow. Draußen war es noch immer hell, man hörte Hupen. Ich hatte mich auf das Bett geworfen und herumgezappt. Dann war ich anscheinend eingeschlafen. Ich konnte mich nicht erinnern, jemals so müde gewesen zu sein.
    Die Fernbedienung war auf den Boden gefallen, ich hob sie auf und suchte nach einem Nachrichtensender.
    Ein Beitrag über die spanische Innenpolitik flimmerte vorüber, es folgte ein Bericht aus Tarifa. Die Kamera filmte ein Panorama von Fischerbooten und schwenkte dann zur Christusfigur, die am Ende eines Piers stand, um das Fahrwasser zu segnen. Ich drehte den Ton auf, eine spanische Sprecherstimme sagte: »Hier in Tarifa wurde die Leiche eines amerikanischen Journalisten ...« Patricks Gesicht aus der Verfasserzeile, »... Verdacht, dass er ermordet wurde ...«
    Dann wurde der Strand gezeigt, und ein schwarzer Mann kam ins Bild.
    »Ich kannte ihn nicht direkt«, sagte der Mann in einem ulkigen Englisch. In den Untertiteln wurde er nur als James, Immigrant, bezeichnet.
    »Patrick Cornwall war in jener Nacht mit auf dem Boot. Er sagte, dass er für eine amerikanische Zeitung über die Reise berichten wolle.«
    Ich blendete alle Straßengeräusche aus. Was für ein Boot, wovon sprach dieser Mensch? Afrika?
    »Es war eine schreckliche Reise durch die Meerenge«, sagte der Immigrant James. »Beinahe wäre ein Sturm aufgekommen, das Boot schaukelte und Menschen fielen ins Wasser, ich glaube, dass fast alle von ihnen starben.«
    »Aber Sie haben überlebt«, sagte der Reporter, dessen Englisch noch schlechter war als das von James.
    »Ich danke meinem Herrgott dafür, dass ich lebe«, sagte James und sah zum Himmel hinauf. Er sprach Pidgin English, aus irgendeiner ehemaligen Kolonie. Das Interview war spanisch untertitelt.
    »Sie haben sich dazu entschieden, an die Öffentlichkeit zu gehen, obwohl Sie damit riskieren, wieder in Ihr Heimatland zurückgeschickt zu werden«, sagte der Reporter. »Warum tun Sie das?«
    »Weil ich es Gott schuldig bin, der mich aus dem Wasser gerettet hat«, antwortete James.
    »Und Sie sind ganz sicher, dass der Journalist Patrick Cornwall im selben Boot saß wie Sie?«
    »Ja. Er sagte, dass er über uns schreiben würde«, sagte James. »Ich fragte ihn, ob er mir helfen könne, nach Amerika zu gelangen. Er war ein guter Mann.«
    Dann verschwand der Immigrant, und die Kamera schwenkte erneut vom Strandpanorama zur Burgruine, wo der Reporter mit einem Mikrofon in der Hand stand.
    »Der Tod des amerikanischen Journalisten Patrick Cornwall hat auf der ganzen Welt Schlagzeilen gemacht und den Blick aufdie spanische Südküste gelenkt«, schrie der Reporter, um das Tosen der Wellen zu übertönen. »Der Tod eines jeden Menschen ist eine Tragödie, aber offenbar handelt es sich hier nicht um ein Verbrechen – abgesehen davon natürlich, dass der illegale Menschenschmuggel noch immer stattfindet, hier, an unseren Küsten.«
    Dann begann ein Fußballspiel. Ich war gezwungen aufzustehen und auf den Balkon zu gehen, mir den Wind ins Gesicht blasen zu lassen, um wieder zu klarem Verstand zu kommen.
    Es war nicht möglich. Ich versuchte, mir Patrick in einem Gummiboot auf dem stürmischen Meer vorzustellen. In seinen Chinohosen und dem Jackett, wie er sich an die Reling klammerte. Konnte ich mich wirklich so getäuscht haben?
    War er wirklich verrückt geworden und über die

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