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Toedliche Hoffnung

Toedliche Hoffnung

Titel: Toedliche Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tove Alsterdal
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Marseille. In der Nacht schlichen wir uns in den Container. Es waren einige Kinder dabei, doch sie bekamen ein Schlafmittel, damit sie die ganze Fahrt über schliefen. Wir hatten einen Kanister mit Wasser und einen, um unser Geschäft zu erledigen. Einer der Männer war nervös. Er begann, an die Wand zu klopfen, als wir eingestiegen waren und uns an den Seiten niederließen, wir hielten ihn fest, damit er damit aufhörte und uns nicht verriet. Wir bekamen nur wenig Essen mit auf den Weg. Das begründete man damit, dass wir dann nicht alle Geschäfte erledigen mussten, es wäre nur zu unserem eigenen Besten. Ich zählte zweiundvierzig Menschen in dem Container. Dann schlossen sie die Türen, und alles wurde dunkel.«
    Ich wechselte meine Sitzposition. Das Fußballspiel war für die Halbzeit unterbrochen, es lief Reklame. Salif lehnte sich an die Wand, sein Gesicht nahm die wechselnden Farben der Fernsehbilder an.
    »Es war Nacht, als sie die Türen öffneten. Es fiel schwer zu atmen, ich hatte Kopfschmerzen und war sehr müde, obwohl ich mehrmals geschlafen hatte. Einige andere konnten gar nicht geweckt werden, man schleppte sie hinaus. Ich weiß nicht, was aus ihnen geworden ist. Wir wurden zu einem Lkw geführt, auf dem MPL Express stand. Er war rot, ein Fernlaster.«
    Ich zuckte zusammen. Den Namen hatte ich gesehen, heute Vormittag, vor dem Lager in Saint-Ouen.
    »Was geschah, als ihr nach Paris kamt?«, fragte ich.
    Salif kratzte sich energisch am Bein, dort, wo der Gips endete. Ich hatte mit fünfzehn einmal einen Gipsarm gehabt und erinnerte mich noch an das höllische Jucken.
    »Als wir im Container saßen, unterhielten wir uns flüsternd darüber,ein Fest zu organisieren, wenn wir ankommen«, fuhr er fort. »Checkna hat einen Onkel in Paris, wir wollten ihn finden und Geld von ihm leihen, das wir später zurückzahlen, um ein richtiges Festessen zu veranstalten.«
    Mit einem Mal verstummte Salif und zuckte zusammen.
    »Du siehst doch wohl, dass es ihm nicht gut geht«, sagte Arnaud und legte seine Hand auf Salifs Schulter. Salif reagierte nicht. Er redete weiter:
    »Wir kamen am frühen Morgen an, die Sonne ging gerade auf. Sie öffneten die Hintertüren des Lkws und sagten, dass wir in ein safe house kämen. Es war wie ein großes Lager, wo es Werkstätten gab, und weit und breit kein Mensch zu sehen war.«
    »Ich glaube, ich weiß, wo es liegt«, sagte ich und sah den bösen Hund vor mir.
    »Sie sagten, wir sollten hineingehen«, fuhr Salif fort. »Dort drinnen roch es nach Aas oder Fäkalien. Alle Räume waren voller Menschen, große Räume, in denen die Menschen eng aneinandergereiht auf dem Boden lagen. Was ist das hier?, dachte ich. Wohin bin ich gekommen? Es sieht aus wie ein Fußballlager, sagte Sambala. Wir lachten darüber. Ich dachte, wir würden nur ein paar Nächte da bleiben, bis wir eine andere Unterkunft organisiert hatten. Aber sie schlossen die Türen ab. Sie stießen uns in ein Zimmer. Es war wie ein Büro, mit Tischen, Stühlen und einem Bild von einem Mädchen im Bikini an der Wand – einem Kalender von 2001. Dort mussten wir diesen Mann treffen, den sie Boss Maillaux nannten. Er sagte, wir hätten Schulden, die wir abbezahlen müssten. Die Reise wäre teuer gewesen. Sie müsste mit Zinsen zurückgezahlt werden. Wir mussten uns das Geld verdienen. Das klang in Ordnung. Aber ein Typ – er war keiner von uns – begann zu widersprechen und sagte, er hätte geplant, beim Freund eines Onkels zu übernachten. Sie schlugen auf ihn ein. Sie verprügelten ihn mit Holzlatten, bis er keinen Mucks mehr von sich gab. Sie waren zu dritt. Einer hatte ein Rohr, mit dem er auf ihn einhieb. Sie schleiften ihn aus dem Zimmer. Ich sah ihn nicht wieder. Anschließend fragte Boss Maillaux, ob noch jemand etwas zu sagenhätte. Das war nicht der Fall. Sollte einer von uns auf die Idee kommen zu fliehen, bekäme er die gleiche Behandlung. Sie würden sich die Häuser unserer Eltern nehmen. Unseren Eltern würde es schlecht ergehen. Sie würden auch über unsere jüngeren Geschwister herfallen und unsere kleinen Schwestern vögeln.«
    Die Luft im Zimmer wurde stickig. Ich fragte mich, warum die Rollläden unbedingt heruntergelassen sein mussten, immerhin befanden wir uns im neunten Stock. Es war unwahrscheinlich, dass jemand von draußen hereinsah.
    »Meistens reicht die Drohung aus«, sagte Arnaud. »Nach einer Weile müssen sie nicht einmal mehr die Türen abschließen. Dieser ganze Handel basiert nur auf

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