Tödliche Investitionen
Himmel.
Engelsvikens Haus lag nicht ganz oben. Aber es lag auch nicht ganz unten. Es sah nach allem anderen aus als nach Sparsamkeit. Frank Frølich hielt vor einem der drei Garagentore. Gunnarstranda betrachtete das Haus. Es war schokoladenbraun mit weißen Fensterrahmen, Walmdach, gedeckt mit blau glasierten Dachpfannen, die in der Sonne funkelten. In den großen Glastüren spiegelte sich die Aussicht nach Süden und Westen. Ein prachtvoller Steingarten vor der weißen Kellermauer verzierte die Felskuppen und führte auf Straßenhöhe zu einer Rasenfläche.
Auf dem noch leicht wintergelben Rasen unterhalb des Hauses standen hohe Sträucher zwischen wenigen Obstbäumen. Sie schufen auf dem Grundstück eine Landschaft. Er erkannte die roten Zweige der Kornelkirsche und die charakteristische hornige Rinde der Forsythien, deren Blüten weiche Knospen bildeten, aber noch nicht aufgesprungen waren. Hier und da war ein kleiner Weg zwischen den Bäumen zu sehen.
Die haben ja nicht schlecht zu tun, dachte er. Eine parkähnliche Anlage, von Fachleuten gepflegt, nicht von einer vornehmen Dame mit Spaten.
Das schwarze schmiedeeiserne Tor kreischte hinter ihnen, als sie den Kiesweg zum Haus hochstapften.
Der Eingangsbereich war relativ langweilig und passte nicht zur Straßenfassade. Eine schnöde, kahle Treppe aus Metall führte zu einer schlichten braunen Teakholztür. Gunnarstranda drückte auf einen Klingelknopf, der sich im Maul eines bronzenen Löwenkopfes befand. Sie konnten kein Klingelgeräusch hören. Entweder war das gar keine Klingel, oder das Haus war ungewöhnlich gut isoliert. Niemand machte auf, und er schellte noch einmal.
Eine Menge Wasser ging den Fluss hinunter.
Endlich. Langsam öffnete eine lächelnde Frau mit klaren orientalischen Zügen die Tür. »Guten Tag«, sagte sie fragend mit belegter Stimme.
Sie war wie eine Kellnerin gekleidet, in schwarzem, kurzem Rock und Bluse, dazu eine weiße Schürze. Die Frau lächelte unsicher. Ihre Haare waren im Nacken zu einem Knoten aufgesteckt. Einige Locken hatten sich daraus befreit und hingen locker über ihren Ohren herunter.
Gunnarstranda überließ Frølich die Konversation. Dessen Blick war auf die Brust der Frau gerichtet. Seine Stimme fragte nach Engelsviken. Sie bekamen keine Antwort. »Engelsviken«, wiederholte Frølich gereizt.
Die Frau starrte sie beide verwirrt an. Dann schlug sie die Tür zu.
Gunnarstranda ließ seinen Blick von der geschlossenen Tür zu Frølich wandern, der die Hand zum Löwenkopf hob und wieder auf den Knopf drückte.
Die Zeit verging.
Endlich wurde die Tür wieder geöffnet. Es war dieselbe Frau, aber jetzt mit einem anderen Gesichtsausdruck. Sie hatte Angst in den Augen.
»Nobody home!«, stotterte sie. »Nobody!«
Und wieder wurde die Tür zugeknallt.
»Ist dir das aufgefallen?«, fragte Frølich.
»Was denn?«
»Sie hatte die Bluse neu geknöpft.«
Gunnarstranda begriff nicht.
»Beim ersten Mal war ihre Bluse falsch geknöpft.«
»Ich dachte, du hättest ihr auf die Titten geglotzt.«
»Gerade war sie das nicht mehr.«
»Es geht uns ja wohl wirklich nichts an, wie die Haushälterin angezogen ist.«
Frølich drehte sich um und ging die Treppe hinunter.
»Kommt ganz darauf an, ob sie allein ist oder nicht.«
Unten auf der Straße wartete ein grauer Mercedes, der blinkte und in die Garage wollte, wo der Wagen der Polizisten den Weg versperrte. Ein silberfarbener Mercedes der oberen Preisklasse. Ein wütendes Hupen gefolgt von Lichtsignalen verriet die Ungeduld der Fahrerin.
Die Tür wurde geöffnet. Eine elegante dunkelhaarige Frau setzte einen Fuß aus dem Wagen, beugte sich aus dem Auto und starrte Gunnarstranda an. Ihr Gesicht war zur Hälfte von ihrer runden, verspiegelten Sonnenbrille verdeckt. Einige ihrer halblangen Haarsträhnen gerieten ihr in den Mund. Es sah attraktiv aus, als sie sie fortstrich. Der Kriminalhauptkommissar wusste, wer sie war. Mit ausgestreckter Hand ging er auf sie zu und stellte sich vor. »Sonja Hager, nehme ich an«, rief er jovial.
»Sie versperren den Weg!«
Ihr Tonfall war abweisend. Gunnarstranda gab Frølich einen Wink. Der setzte zurück. »Wir haben da einige Fragen«, sagte der Polizist noch immer freundlich. »Aber stellen Sie doch erst mal den Wagen ab.«
Die Frau stieg wieder ins Auto. Sekunden darauf öffnete sich das mittlere Garagentor. Der Automotor machte gewaltigen Lärm auf den wenigen Metern bis zur Lücke zwischen einem niedrigen Sportwagen und
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