Tödliche Küsse
genug denken konnte. Wenn ich hätte klar genug denken können, wäre es nicht zur Verhandlung gekommen, und dann brauchten wir jetzt nicht über die Sache zu sprechen.«
»Die Mordanklage wurde fallen gelassen«, sagte Eve. »Und für die anderen Anklagepunkte wurden Sie mit der Mindeststrafe belegt.«
»Außerdem wurde mir versichert, dass die ganze Sache nicht ans Licht käme. Doch so hat es sich eindeutig nicht verhalten. Ich hätte jetzt lieber etwas Stärkeres als Tee. Roarke?«
»Whiskey, wenn Sie haben, zwei Finger breit.«
»Sag es Ihnen, Randy«, wisperte Mirina, während er an die Bar trat und sie auf zwei Whiskeys programmierte.
Er nickte, brachte Roarke sein Glas und leerte sein eigenes in einem schnellen Zug. »Cicely rief mich an dem Abend vor ihrer Ermordung deswegen an.«
Eves Kopf fuhr in die Höhe wie der Jagdhund, der Blut wittert. »Auf ihrem Link gab es keine Aufzeichnung eines solchen Gesprächs. In der Tat war überhaupt kein ausgehender Anruf dort verzeichnet.«
»Sie hat von einem öffentlichen Telefon aus angerufen. Ich weiß nicht, von welchem. Es war kurz nach Mitternacht nach ihrer Zeit. Sie war erregt, wütend.«
»Mr. Slade, während unseres offiziellen Gesprächs haben Sie behauptet, Sie hätten in jener Nacht keinen Kontakt zu Staatsanwältin Towers gehabt.«
»Ich habe gelogen. Ich hatte ganz einfach Angst.«
»Und jetzt wollen Sie Ihre frühere Aussage zurücknehmen.«
»Ich möchte sie berichtigen. Ich sitze hier ohne Anwalt, Lieutenant, und es ist mir durchaus bewusst, dass es strafbar ist, bei einer polizeilichen Befragung die Unwahrheit zu sagen. Deshalb sage ich Ihnen jetzt, dass sie mich kurz vor ihrer Ermordung angerufen hat. Was mir, wenn Sie so wollen, natürlich gleichzeitig ein Alibi verschafft, denn schließlich wäre es so gut wie unmöglich für mich gewesen, innerhalb der kurzen Zeit zwischen dem Gespräch und ihrem Tod quer durch das ganze Land zu reisen. Natürlich können Sie zur Überprüfung meiner jetzigen Aussage meine Aufzeichnung des Anrufs abhören.«
»Sie können sicher sein, dass ich das auch tun werde. Was wollte sie von Ihnen?«
»Sie hat mich gefragt, ob es wahr sei. Nur das. Ich war abgelenkt, weil ich gerade mit meiner Arbeit beschäftigt war. Es dauerte einen Augenblick, bis mir ihre Erregung bewusst wurde, und dann wurde sie auch schon deutlicher, erwähnte direkt den Sektor 38. Ich wurde panisch, brachte ein paar Ausreden an. Aber Cicely konnte man einfach nicht belügen. Sie drängte mich mit dem Rücken an die Wand, ich wurde ebenfalls wütend, und wir fingen an zu streiten.«
Er machte eine Pause, und sein Blick wanderte hinüber zu Mirina. Er sah sie an, dachte Eve, als warte er darauf, dass sie zersprang wie dünnes Glas.
»Sie haben miteinander gestritten, Mr. Slade?«, wiederholte Eve den letzten Satz.
»Ja. Über das, was damals passiert war, darüber, wie es dazu hatte kommen können. Ich wollte wissen, wie sie es herausgefunden hatte, aber sie fiel mir einfach ins Wort. Lieutenant, sie war außer sich vor Zorn. Sie sagte, sie würde die Sache um ihrer Tochter willen regeln. Und dann würden wir weitersehen. Sie hat das Gespräch abrupt beendet, und ich habe mich in eine Bar verzogen, um nachzudenken und etwas zu trinken.«
Er trat neben seine Verlobte und legte eine Hand auf ihre Schulter. »Es war früher Morgen, kurz vor Anbruch der Dämmerung, als ich in den Nachrichten hörte, dass sie ermordet worden war.«
»Und vorher hatte sie Sie nie auf den Vorfall in Sektor 38 angesprochen.«
»Nein. Wir hatten ein sehr gutes Verhältnis. Sie wusste von meiner Spielsucht, die sie zwar nicht billigte, aber von David gewohnt war. Ich glaube nicht, dass sie tatsächlich wusste, wie tief wir in der Sache drinsteckten.«
»Doch, sie wusste es«, verbesserte Roarke mit nüchterner Stimme. »Sie hat mich gebeten, Ihnen beiden Hausverbot in meinen Lokalen zu erteilen.«
»Ah.« Slade lächelte in sein leeres Glas. »Das ist also der Grund, weshalb ich in Ihr Kasino auf Vegas II nicht reingekommen bin.«
»Genau das ist der Grund.«
»Warum jetzt?«, wollte Eve wissen. »Warum sind Sie ausgerechnet jetzt auf die Idee gekommen, Ihre bisherige Aussage zu revidieren?«
»Ich hatte das Gefühl, dass die Sache allmählich eng würde. Ich wusste, wie sehr es Mirina verletzen würde, wenn sie die Geschichte von jemand anderem erfuhr. Ich musste es ihr selbst sagen. Es war ihre Entscheidung, Sie zu kontaktieren.«
»Es war unsere
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