Tödliche Legenden Sammelband 1 (German Edition)
einen Kaffee aufs Haus!“, sagte sie freundlich und deutete auf einen kleinen Tisch, an dem vier Stühle standen. Dann verschwand sie ins Hinterzimmer. Zuerst hörten die Mädchen ein Radio anspringen, dann kam die Frau mit einem Tablett mit Tassen, Untertellern und Löffeln wieder und verteilte sie vor den Mädchen. Danach eilte sie Kaffee, Zucker und Milch holen. Als alles auf dem Tisch stand, setzte sie sich auf den freien Stuhl zu ihnen.
„Nun Emily, so wie ihr schaut seid ihr nicht aus Spaß hier. Was liegt euch auf dem Herzen Kinder? Mein Name ist übrigens Karina“, stellte sie sich vor und gab Dascha und Kira die Hand. Die beiden Mädchen stellten sich ebenfalls vor und betrachteten Karina genauer. Ihr Alter konnten sie schlecht schätzen. Karina war groß gewachsen, schlank. Neugierige, aber gleichzeitig sehr weise aussehende Augen glänzten in ihrem ebenmäßigen Gesicht, welches eingerahmt war von langen braunen Locken. Sie trug ein nach Mittelalter aussehendes Kleid mit Unterrock, Rüschen und Schleifchen, als wäre sie gerade einem Märchen entsprungen.
„Nun ja, ich hoffe, du kannst uns helfen und hältst uns nicht für verrückt, Karina. Auf dem Internat gehen seltsame Dinge vor sich. Und am Strand auch. Weißt du, ob hier ein Mann vermisst wird?“, fragte Emily zögerlich. Karinas Miene erstarrte, sie stand auf und schloss die Eingangstür. Unruhig lief sie auf und ab.
„Ja, gestern kam dieses Mädchen und ging mit ihm fort. Er ... kommt nicht zurück oder?“ Emily schüttelte den Kopf. Karina seufzte tief. „Was haben sich diese Irren nur gedacht“, sagte sie kopfschüttelnd. „Welche Irren meinen Sie?“, fragte Kira nach. Karina dachte kurz nach, bevor sie antwortete.
„Rede mit uns Karina. Wenn du auch nur ein bisschen etwas weißt, sag es uns. Bitte“, sagte Emily in fast flehendem Ton.
„Ich meine mit „die Irren“ die Virgo und ihren Mann. Sie hätten dieses Internat eigentlich dort nie bauen dürfen.“ Die Mädchen schauten sich verwirrt an.
„Die Virgo hat einen Mann? Wir kennen nur sie und ihre Tochter, einen Mann haben wir nie gesehen.“ Karina nickte.
„Alles kann ich euch leider auch nicht sagen. Aber der Mann der Virgo ist der Leiter eures Internats. Die beiden haben das Internat aus einem bestimmten Grund dort gebaut. Welchen, kann ich euch nicht nennen, es tut mir leid. Dass sie unterschiedliche Nachnamen haben und nicht zusammenwohnen, hat auch einen Grund. Und das, was bei euch passiert ist, hätte vermieden werden können, wenn dieses verfluchte Internat nie gebaut worden wäre!“, regte sie sich auf. Kira fragte beunruhigt: „Karina, weißt du, was mit meiner Freundin Koko passiert ist? Was wir gegen die Sirene machen können, wissen wir. Aber ihre Schwester, was ist sie? Und ist meine Freundin jetzt wirklich ... ein Monster?“ In ihren Augen glitzerte ein Schimmer der Hoffnung. Doch Karina schüttelte den Kopf.
„Ich kann euch nichts über sie sagen ... außer, dass sie böse ist. Sie ist ein seelenloses Wesen, verflucht zu fressen oder zu sterben. Auch wenn sie verzweifelt versucht, die Leere in sich zu füllen, fallt nicht auf sie herein. Ihre Leere ist nicht füllbar. Deine Freundin ... es tut mir leid, Kira. Sie ist wirklich ein Monster geworden. Sie mag noch aussehen wie ein Mensch, aber sie denkt nicht mehr wie einer. Sie ist erfüllt von Wahnsinn. Abgrundtiefer, sinnloser Wahnsinn“, sagte Karina leise und senkte traurig den Blick. Kira stiegen Tränen in die Augen.
„Ich glaube euch nicht! Meine Koko ist kein Monster! Das kann gar nicht sein! Ich gehe jetzt zu ihr und überzeuge mich selbst davon!“, rief sie wütend und lief aus dem Laden.
„Danke dir Karina. Aber ich denke, wir sollten ihr nachgehen“, sagte Emily, packte Dascha am Handgelenk und zog sie hinter sich her. Karina folgte ihnen und blieb in der Tür stehen. Sie schaute ihnen nach, bis sie auf dem Krankenhausgelände verschwunden waren.
„Diese Mädchen könnten es sogar schaffen, das Unglück wieder abzuwenden“, sagte sie leise zu sich selbst und ging wieder in ihren Laden zurück.
Keuchend erreichten Dascha und Emily das Krankenhausgelände. Kira war schon eine Zeit vor ihnen im Inneren verschwunden, sie war einfach eine bessere Läuferin. Die beiden suchten auf der Übersichtstafel nach der Psychiatrie. Diese lag im dritten Stock. Die Fahrstühle schienen nur für Krankentransporte zugelassen zu sein, also gingen sie schnellen Schrittes an der Anmeldung vorbei
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