Tödliche Legenden Sammelband 1 (German Edition)
Leise kicherten die beiden und machten sich auf den Weg zu dem abgeschirmten Strandabschnitt. Dascha ließ auch die anderen beiden schauen, was passierte, und musste dann Kira festhalten, die sofort losstürmen wollte.
„Nicht! Wir wissen nicht, mit wem wir es bei ihr zu tun haben, das wäre Selbstmord!“, wies sie Kira zurecht. Widerwillig setzte sich Kira wieder hin.
„Sie wird ihn umbringen“, flüsterte sie. Emily senkte den Kopf.
„Wir können nichts tun“, sagte sie dann angespannt. Lange passierte gar nichts, dann hörte man einen empörten Aufschrei. Die Mädchen stürmten los und versteckten sich hinter dem Steinhügel. Vorsichtig schauten sie über den Rand und ihnen blieb vor Schreck fast das Herz stehen. Im seichten Wasser erkannten sie Ligeia und Aqua. Ligeia hatte definitiv genauso wie Aqua den typischen Unterkörper einer Meerjungfrau. Nur, dass ihren Rücken weit entfaltete, dunkelgrüne Flügel zierten, die im Mondlicht fahl schimmerten. Sie war dabei, etwas unter Wasser zu drücken. Da er nicht mehr zu sehen war, musste es der Mann sein, der Aqua begleitet hatte.
„Also, so wird das nie etwas!“, regte sich Aqua auf und spülte sich den Mund mit Meerwasser aus. Angewidert schaute sie auf den Mann, den ihre „Schwester“ unter Wasser drückte und der sich langsam kaum noch bewegte. Ligeia lachte kurz auf.
„Du denkst nicht wirklich, du kannst ein Mensch werden, oder? Du bist keine Meerjungfrau, meine liebste. Du bist genau wie ich zum Fressen oder Sterben verdammt, egal mit wie vielen Menschenmännern du es auch versuchst!“, sagte sie abfällig. Aqua schwieg und tickte den Mann an. Er rührte sich nicht mehr. Seufzend zog sie sich aus dem Wasser und legte sich kurz auf den Strand. Es blitzte einmal hell auf, dann war Aqua wieder ein menschliches Wesen in einem Bikini. Leise und verängstigt schlichen sich die drei Mädchen wieder weg. Sie hatten genug gesehen und gehört.
Kapitel 6: Wahnsinn
Nach einer unruhigen, von Albträumen über menschenfressende Meerjungfrauen geplagten Nacht trafen sich Dascha, Emily und Kira auf dem Sportplatz. Alle drei hatten sehr tiefe und dunkle Augenringe und Dascha verteilte erst mal Energy Drinks an Emily und Kira. Sie saßen auf der Tribüne und starrten schweigend und ratlos auf den Platz der gestrigen Ereignisse. Am Schwarzen Brett im Wohnhaus hing ein Zettel, dass die Sportlehrerin auf unbestimmte Zeit nicht wiederkommen würde.
„Was sollen wir jetzt nur tun?“, seufzte Kira hilflos.
„Also, dass Aqua sich bei Kontakt mit Wasser verwandelt, hilft uns nicht weiter“, musste Dascha sie enttäuschen.
„Wisst ihr was? Wir sollten ins Dorf rübergehen und versuchen herauszufinden, woher dieser Mann kam. Es ist zwar Sonntag, aber ich kenne da einen kleinen Laden, der auch sonntags geöffnet hat. Die Besitzerin ist immer auf dem neuesten Stand, weil die Leute ihr immer alles erzählen“, schlug Emily vor. Dascha schaute in Richtung des Dorfes, schätzte die Kilometer und stöhnte.
„Das wird eine schöne Wanderung!“, versuchte Emily sie aufzuheitern. Sie kannte ihre leicht faule Freundin halt.
„Sonntage sind also auch nicht meine Tage“, stellte Dascha fest und ging hinter den beiden anderen her.
Das Dorf war tatsächlich sehr klein, etwa hundert kleine Häuschen und ein paar Läden umfasste es. Das Krankenhaus stand etwas außerhalb und war das mit Abstand größte Gebäude der gesamten Umgebung. Dafür war es auch für die Umlegen Dörfer zuständig. Autos waren fast keine zu entdecken, auch einige der Häuser standen leer. Das einzige Highlight neben dem Krankenhaus war ein großer Platz in der Mitte des Dorfes, auf dem ein Brunnen stand, umgeben von ein paar Bäumchen, bunten Pflastersteinen und Bänken. Am Rande des Platzes zeigte Emily nun auf ein kleines Häuschen mit 2 Stockwerken, das untere war komplett mit einer Glasfront versehen. Es hing kein Schild an oder neben der offen stehenden Glastür, scheinbar war das in einem so kleinen Ort nicht nötig. Die Mädchen betraten den Laden und schauten sich um. Er war hell und freundlich, an den Wänden standen fein säuberlich sortierte Regale mit Büchern, Süßigkeiten, Getränken und Dosen. In einer Ecke brummte eine Kühltruhe vor sich hin. Hinter dem Tresen, auf dem eine altmodische Kasse stand, saß eine Frau mittleren Alters und lächelte ihnen entgegen.
„Mädchen aus dem Internat, ich freue mich. Ach, Emily! Wie geht es dir? Setzt euch doch, ich bringe euch
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