Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toedliche Luegen

Toedliche Luegen

Titel: Toedliche Luegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
Vom Netzwerk:
sein Bett. „Wie geht es dir? Du siehst heute nicht sonderlich gut aus, Alain. Furchtbar. Wie ausgekotzt.“ Aber es war kein Witz und ihrer Stimme fehlte jede Spur von Belustigung. Sie stellte die Blumen auf dem Nachttisch ab und beugte sich in einem plötzlichen Anflug von Fürsorglichkeit über Alain. „Soll ich dir ein Glas Wasser bringen?
    „ Merci .“
    „Ich meine, geht es dir … Alain! Was ist los mit dir?“
    Er wischte sich mit einer unbeholfenen Handbewegung über die Augen, die ihm vor Müdigkeit immer wieder zufallen wollten.
    „Es … geht schon“, wehrte er kaum hörbar. Er atmete mühevoll durch den weit geöffneten Mund, dennoch hatte es den Anschein, als würde er nicht ausreichend Luft in seine Lungen bekommen.
    Beate blieb keine Gelegenheit , lange darüber zu grübeln. Mit wachsender Besorgnis registrierte sie das heftige Zittern, das in dieser Sekunde durch seinen Körper lief. Noch bevor er sich dagegen wehren konnte, hatte sie die Hand ausgestreckt. Sie erstarrte, als sie die Hitze seiner Haut und den klebrigen Film auf seiner Stirn fühlte.
    „Verdammt! Du glühst ja!“, schrie sie auf.
    Hektisch füllte sie ein Glas mit Wasser aus der Karaffe, die auf seinem Nachttisch stand. Sie reichte es Alain, bemerkte dann jedoch das unkontrollierte Zucken seiner Hände, die kraftlos auf der Bettdecke lagen, und hob das Glas an seine blutleeren, rissigen Lippen. Er trank hastig wie ein Verdurstender. In seiner Kehle gurgelte es verdächtig und Beate wurde kalkweiß vor Schreck.
    „Nein, nein, nein! Was soll denn das? Alain, was hast du?“
    Er würgte angestrengt, aber das Wasser rann in zwei dünnen Bächen aus seinen Mundwinkeln. Fast schien es, als sei er selbst zum Schlucken zu schwach.
    „ Ich bin gleich wieder zurück“, flüsterte Beate und hoffte, er möge nicht die Panik bemerken, die quälende Angst um ihn, die ihr Herz rasen ließ. „Bleib noch ein wenig wach, hörst du? Nicht einschlafen!“

12. Kapitel
     
    „Es hat den Anschein, als hätten wir die Therapie zu spät begonnen. Das Fieber hatte er beim morgendlichen Rundgang der Schwester noch nicht. Und was die Sepsis anbelangt … Selbstverständlich haben wir nach seiner Einweisung eine Blutkultur angelegt und die war eindeutig negativ.“
    Mit einer fahrigen Geste, die seine Anspannung verriet, strich sich Doktor Ferrard unentwegt über seinen Oberlippenbart. Er hatte sich kaum in seinen Sessel niedergelassen, als er auch schon wieder aufsprang und vor Beate auf und ab lief.
    „Allerdings hatten wir es …“ Er räusperte sich und suchte fast ängstlich nach den passenden Worten. „Vermutlich ein unbekannter Erreger, wir müssen das erst abklären, was natürlich seine Zeit dauert, sodass wir im Augenblick nichts anderes … Was ich sagen wollte, wir versuchen Monsieur Germeaux stabil zu halten …“
    „Moment mal! Stopp! Ich glaube, ich habe mich verhört. So gut ist mein Französisch wohl doch nicht. Sagten Sie: Es hat den Anschein . Vermutlich . Sie versuchen ? Sie können nicht mehr für Alain tun, als irgendetwas auszuprobieren? Soll das bedeuten, Sie haben gar keine Ahnung, was Sie da machen? Sie ziehen Ihren Patienten horrende Tagessätze aus der Tasche, weil Ihnen die angeblich weltbesten Geräte und Ärzte zur Verfügung stehen, und dennoch bringen Sie nicht mehr zustande als halbherzige, lächerliche Versuche? Da stimmt doch etwas nicht!“
    Zu Beates wachsender Besorgnis um ihren Onkel gesellte sich eine grenzenlose Wut auf den süffisanten Arzt. Eine gefährliche Mischung, wie jeder wusste, der sie nur ein kleines bisschen kannte. D ie wirre Stammelei des Arztes ließ in Beates Augen eindeutig auf ein schlechtes Gewissen schließen. Offenbar hatte er einen dicken Batzen Dreck am Stecken. Sie jedoch würde nicht in aller Seelenruhe mit ansehen, wie an Alain stümperhaft herumgedoktert wurde!
    Beim Blick in die wild funkelnden, heute eindeutig giftgrünen Augen der Nichte seines kritischen Patienten schien Doktor Ferrard um einige Zentimeter zu schrumpfen. Drohend hatte sich die junge Frau vor ihm aufgebaut, die Fäuste in die Hüften gestemmt, bereit ihn beim nächsten unbedachten Wort in Grund und Boden zu stampfen. Die typisch deutsche Walküre!
    Würde er wahrheitsgemäß erklären, dass man Germeaux’ Verletzung nicht sonderlich ernst genommen und die Blutkultur schlichtweg vergessen hatte – dieses Weib würde ihn zweifellos in der Luft zerfetzen und anschließend mit Haut und Haaren

Weitere Kostenlose Bücher