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Toedliche Luegen

Toedliche Luegen

Titel: Toedliche Luegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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behandelt zu werden, allerdings lag die internistische Notfallaufnahme des St. George näher. Und ich befürchtete, es könnte möglicherweise auf jede Minute ankommen. Im Nachhinein ist mir natürlich klar geworden, wie unnötig diese Eile war. Aber ich dachte, sicher ist sicher.“
    Sie blickte scheu auf. „Ich hoffe, das ist kein Problem für dich.“
    Pierre beugte sich über den flachen Glastisch und tätschelte ihre Hand. Zu spät war ihm bewusst geworden, viel zu heftig reagiert zu haben. Beate mit ihrem sonnigen Gemüt, diesem unschuldigen und leichtgläubigen Geschöpf, das keine Ahnung hatte von dem Ausmaß des Bruderzwistes, durfte er keine Vorwürfe machen. Später würde er es ihr behutsam erklären müssen, damit es in Zukunft nicht zu weiteren Missverständnissen kommen konnte. Zunächst jedoch würde er sich damit begnügen, ihr das Blaue vom Himmel herunter zu lügen.
    „ Nein, selbstverständlich nicht. Du hast genau das Richtige getan, Beate, wirklich. Es ärgert mich nur ungemein, dass dir Alain gleich an deinem ersten Tag in Paris solche Unannehmlichkeiten bereitet hat. Das tut mir sehr leid. Ich weiß nicht, womit dieser Ba… Bengel so viel Fürsorge verdient hat.“
    Die Worte ihres Vaters raubten ihr ein weiteres Mal die Fassung. „Soll das bedeuten … Du bist doch nicht der Ansicht, Alain wäre es nicht wert, dass man ihm das Leben rettet? Das ist nicht dein Ernst, oder?“
    „Nein. Nein, so hatte ich das nicht gemeint“, beeilte er sich , seine Worte abzuschwächen.
    Dabei hatte er nie etwas ernster gemeint. Natürlich! Das wäre die sauberste Lösung seines Problems gewesen. Ein für alle Mal hä tte er Ruhe vor dem Bastard gehabt. Wie bedauerte er, ausgerechnet an diesem Tag nicht in Paris gewesen zu sein. Zum Teufel, welch todsichere Chance hatte er vertan! Er hätte sich um Beate gekümmert – und Alain das Zeitliche gesegnet, weil keine neugierige Deutsche aus purer Langeweile den Lebensretter spielen konnte.
    „War Juliette nicht im Haus, als Alain kam?“
    Beate beschwor die Erinnerung an die Geschehnisse des ersten Tages hervor und nickte. „Das habe ich sie auch gefragt. Und ja, sie war schon hier, als ihn zwei fremde Männer nach Hause brachten. Sie behaupteten, Alain …“ Beate sträubte sich es auszusprechen, allerdings fiel ihr keine passendere Umschreibung für Alains Zustand ein. „Er hatte getrunken und womöglich einen Unfall verursacht. Ich nehme an mit seinem Motorrad, zumindest steht es etwas verbeult vor der Garage. Kann also nichts Ernstes gewesen sein. Da Alain offensichtlich nur … also nicht verletzt schien, wollte Juliette ihn ausschlafen lassen und hat sich nicht weiter um ihn gekümmert.“
    „ Woraus du ihr keinen Vorwurf machen darfst. Du solltest wissen, sie hat sich schon einmal um ihn gekümmert. Damals hatte er ebenfalls zu viel getrunken!“, stieß Pierre aufgebracht hervor und seine Stimme überschlug sich beinahe. „Alain ist … Er hatte sich einfach nicht mehr unter Kontrolle, wie so oft, und hat ihr Gewalt angetan. Was es mich daraufhin an Überzeugungsarbeit gekostet hat, sie zum Bleiben zu bewegen, kannst du dir kaum vorstellen. Juliette ist eine wahre Perle und ich wollte sie um nichts in der Welt verlieren. Seit diesem Abend geht sie ihm verständlicherweise aus dem Weg und betritt sein Zimmer erst dann, wenn er nicht anwesend ist.“
    Mit wachsendem Entsetzen hörte Beate ihrem Vater zu und hätte sich doch viel lieber die Ohren zugehalten. Wie ein Häufchen Unglück sank sie in ihrem tiefen Sessel zusammen und kümmerte sich nicht darum, dass sie ihr neues Kleid dabei rettungslos zerknautschte. Ihr Blick verlor sich in der Ferne, während sie Alain vor sich sah, sein anmaßendes Auftreten, seine verletzenden Worte, sein kaltes Grinsen auch dann noch, als ihr längst schon zum Heulen war.
    Nein, d as konnte nicht sein! Gab es über diesen Menschen absolut nichts Erfreuliches zu berichten? Noch während sie sich das fragte, musste sie zugeben, dass ihre eigenen Erfahrungen mit Alain genau das bestätigten, was Pierre über seinen Bruder geäußert hatte. Er war herzlos und ungehobelt, skrupellos, dreist und großspurig – kurz, er besaß die emotionale Tiefe einer Bratpfanne. Und obwohl die beiden Männer im selben Haus aufgewachsen waren und vermutlich die gleiche Erziehung genossen hatten, unterschied sich ihr Benehmen voneinander wie Himmel und Hölle.
    Umso erstaunlicher fand Beate in diesem Moment, dass Pierre und Alain zwar

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