Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toedliche Luegen

Toedliche Luegen

Titel: Toedliche Luegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
Vom Netzwerk:
verschlingen!
    Verlegen fuhr er sich über seine sorgsam polierte Glatze und setzte kleinlaut fort: „Es tut mir aufrichtig leid, Mademoiselle Schenke, dennoch muss ich Sie davon in Kenntnis setzen, dass Ihr Onkel in der Nacht ein akutes Nierenversagen hatte.“
    Das Blut in ihren Adern erstarrte. Ein eisiger Schauer lief ihr über den Rücken. Fassungslos schüttelte sie den Kopf. „Nierenversagen?“
    „Ja.“
    „Akut?“
    „Das sagte ich.“
    „Und was … was heißt das?“
    „Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass seine Nieren in den nächsten Stunden ihre Tätigkeit wieder aufnehmen. Wir beobachten das sehr genau, ehe wir weitere Entscheidungen treffen.“
    „Es besteht die Möglichkeit ? Und wenn nicht? Was, wenn die Nieren ihre Funktion nicht wieder aufnehmen? Was passiert dann?“
    „Dann wird es erforderlich , mit einer Dialysebehandlung zu beginnen, bis wir ein Spenderorgan für ihn gefunden haben.“
    „Dialyse? Wie lange … wie lange wird es dauern? Ich meine, bis Sie ein Spenderorgan …“, stammelte Beate, deren Stimme kaum noch gehorchen wollte. Sie tastete nach dem Stuhl hinter sich und ließ sich schwer wie ein Sack darauf sinken. Sie verschränkte ihre Hände ineinander, um ihrem Zittern ein Ende zu bereiten.
    Beates Entsetzen verschaffte dem Arzt eine gewisse Genugtuung. Und schon schwamm er wieder im Oberwasser und war ganz Herr der Situation. Geringschätzig verzog er das Gesicht, während er sie über die jahrelangen Wartezeiten auf ein passendes Organ aufklärte. Jäh hielt er inne und seine Miene erhellte sich. Als er laut nachdachte, schwang ein lauernder Unterton in seiner Stimme mit: „Es gäbe vielleicht eine Möglichkeit, Alain Germeaux auf Dauer die Dialyse zu ersparen.“
    „Und was wäre das? Egal was, tun Sie ’s! Tun Sie alles, was nötig ist, um Alain zu helfen. Geld spielt überhaupt keine Rolle!“
    Sie betete inbrünstig, Pierre möge das genauso sehen. Immerhin war es sein Geld, das sie Ferrard großzügig in den Rachen zu schieben bereit war.
    „ Ja, davon gehe ich aus.“
     
    Beate hatte es eiliger als sonst, in die Villa Chez le Matelot in der Pariser Rue Jean Caroupaye zurückzukehren. Seit ihr Juliette die wichtigsten Verhaltensregeln in diesem Haus erklärt hatte, wusste sie zwar, dass sich Pierre Germeaux jegliche Störung verbat, wenn er sich in seinem Arbeitszimmer aufhielt, dieses eine Mal jedoch würde sie sich nicht um dieses ungeschriebene Gesetz kümmern. Immerhin handelte es sich um einen akuten Notfall, wie Ferrard ihr mit eindrucksvollen Worten deutlich gemacht hatte.
    Auch w enn dieser Notfall Alain hieß, Pierre musste sie einfach anhören.
    Wie der Wasserstrahl aus einem C-Rohr platzte sie deshalb in das Büro, kaum dass ihre Fingerknöchel die Tür zu einem kurzen Klopfen berührt hatten. Unwillkürlich hielt sie die Luft an, als ihr Blick die Größe und Ausstattung der Bibliothek erfasste. Der Raum war um ein Vielfaches größer als das Zimmer, welches sich Suse und sie im Studentenwohnheim zum Lernen und Leben geteilt hatten. Eine Seite bestand fast ausschließlich aus Fensterglas und eröffnete einen atemberaubenden Ausblick auf den Garten. An zwei Wänden standen Bücherregale, die bis unter die hohe Holzdecke reichten.
    „Boah! “, stieß Beate endlich ehrfurchtsvoll hervor. „Wahnsinn!“
    Ihre Augen wanderten über die Buchreihen und verharrten schließlich auf ihrem Vater, der hinter dem wuchtigen Schreibtisch in einem Ledersessel thronte. Instinktiv zog sie den Kopf ein, als ihr Blick dem seinen begegnete. Seine Begeisterung über ihr unerwartetes Erscheinen schien sich in höchst knapp bemessenen Grenzen zu bewegen.
    Sie murmelte eine halbherzige Entschuldigung, um gleich darauf ohne Vorrede loszulegen. „Pierre, es lässt sich nicht länger vermeiden, dass du mit diesem Arzt redest, der Alain behandelt. Er ist der Meinung, ihm helfen zu können, aber er wollte mir nicht verraten, wie, sondern erst mit dir sprechen, weil du doch das Familienoberhaupt bist und überhaupt … die Entscheidungen triffst. Bitte, du musst zu ihm. Und zwar schnellstmöglich, weil sich Alains Zustand in der Nacht verschlechtert hat. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie besch…“
    „Guten Tag, Beate.“
    „Oh! Ja. Hi!“
    „Wir hatten gemeinsam zu Mittag essen wollen“, erinnerte er sie mit mühsam unterdrücktem Missfallen in der Stimme an ihre Verabredung.
    „Ähm.“ Mit einem Seufzer ließ sie die Schultern sinken. Sie gab vor, eine

Weitere Kostenlose Bücher