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Toedliche Luegen

Toedliche Luegen

Titel: Toedliche Luegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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lässigen Geste, die Gleichgültigkeit signalisieren sollte, in Wirklichkeit aber nichts anderes als ein Zeichen ihrer Verwirrung war, hob Beate die Hände. Es hatte der selbstbewussten Frau mit dem tizianrot gefärbten Haar die Sprache verschlagen – nicht das erste Mal am heutigen Tag.
    Und es sollte beileibe nicht das letzte Mal während der Begegnung mit Pierre Germeaux gewesen sein.

2. Kapitel
     
    Beate schloss die Zimmertür hinter sich und versuchte sich zu erin nern, wie man atmete. Sie war überzeugt, dass die schillernde Seifenblase, in die sie wie durch einen wunderlichen Zufall eingetaucht war, jeden Moment zerplatzen musste. Etwas anderes wäre nur denkbar gewesen, wenn ihr Name Aschenputtel gewesen wäre.
    Vorsichtig, als handelte es sich um ein rohes Ei, hängte sie das Cocktailkleid in der weißen Plas tikhülle an den Garderobenhaken und ließ ihre leuchtenden Augen durch den Raum wandern. Pierre Germeaux hatte, aus welchem Grund auch immer, darauf bestanden, für das Diner ein Kleid mit den passenden Schuhen und schlichtem Schmuck auszuwählen. Als sie in der Boutique unauffällig sein vor Seligkeit strahlendes Gesicht beobachtet hatte, war sie nicht einmal in der Lage gewesen, ihm zu gestehen, wie sehr sie Kleider und Röcke verabscheute. Es war, als hätte er sich selbst beschenkt. Der Anstand hätte ihr eigentlich gebieten müssen, ein schlechtes Gewissen ihm gegenüber zu verspüren, aber wie konnte sie ihm angesichts seiner offensichtlichen Begeisterung die Freude an dem Einkauf verderben?
    Nun, wenn er partout nich t wusste, wohin mit seinem Geld, sie einzukleiden hatte ihn gewiss um eine schöne Stange erleichtert.
    An die Gegenleistung, die er irgendwann von ihr erwarten würde, woll te sie heute besser nicht denken. Stattdessen warf sie sich mit einem vergnügten Jauchzer auf das riesenhafte Bett, das auf einem Podest am anderen Ende des Raumes stand.
    „Wow!“, entfuhr es Beate vor Begeisterung. S ie hatte nie zuvor auf einem Wasserbett gelegen. „Könnte man sich glatt dran gewöhnen“, stellte sie fest, wippte einige Male hin und her und rollte sich schließlich zur Bettmitte. Answer hätte seine helle Freude an dieser Spielwiese gehabt. Oder einer der anderen.
    Lachend griff sie nach dem Telefon un d wählte die Nummer ihrer Freundin Karo, mit der sie sich für den Abend in Leipzig verabredet hatte.
    „Hi , Süße! Ja, ich bin’s. … Bea! Mensch, wer denn sonst? … Na, klar. Also, was ich sagen wollte, ich kreuze erst morgen bei euch auf. Das bringt eure Pläne hoffentlich nicht durcheinander. Du, ich erlebe hier gerade den absoluten Wahnsinn. … Nein. Ich kann dir noch gar nichts sagen. Höchstens so viel: Ich übernachte im ‚Ritz’! … Ja, du hast richtig gehört. Du, ich muss Schluss machen, will schnell duschen und mich dann in den sündhaft teuren Fummel werfen, den mir mein Papa gekauft hat. Oh, wenn du wüsstest! Von wegen Papa ! … Ich weiß … Nein, keine Panik, Karo, das passt schon mit ihm. … Klar, ich melde mich auf alle Fälle nach dem Diner wieder bei dir. … Nun fang du nicht auch mit diesem Unsinn an. Als ob du nicht wüsstest, wie gut ich auf mich selbst aufpassen kann. Also dann, grüße Cat und den großen Unbekannten von mir.“
     
    Gefühlte Sekunden später – Beate musste nicht auf die Uhr schauen, um zu wissen, dass der Franzose auf die Minute pünktlich war – klopfte es, während sie noch immer, inzwischen voller Verzweiflung, versuchte, ihren widerspenstigen Haaren eine minimale Restwürde zu verleihen. Dieses Ansinnen war von jeher ein aussichtsloses Unterfangen gewesen, heute allerdings befürchtete sie, ihr Haar könnte der Auslöser für einen hysterischen Anfall werden. Was es sie wohl kosten würde, wenn dabei die chinesische Bodenvase dort in der Ecke dran glauben musste?
    Erschreckt bemerkte sie, wie ihr die Knie weich wur den. Mit kummervoll verzogenem Mund warf sie einen letzten Blick in den vergoldeten Garderobenspiegel und streckte dem rotfleckigen Spiegelbild die Zunge heraus. Und wenn schon! Er sollte sie gefälligst nehmen, wie sie war, dachte sie mit einem leisen Anflug von Trotz. Wenn sie ihren Mund beim Essen nicht allzu weit aufriss und ihr das Glück hold war, würde vielleicht nicht mal jemand bemerken, dass sie überhaupt da war. War doch nichts weiter als ein Abendessen!
    Und während sie s ich derart Mut zusprach, öffnete sie die Tür und zwang sich zu einem Lächeln.
    „ Oh Beate, Sie sehen wundervoll aus“,

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