Tödliche Nähe
Ihnen mein Wort.«
Hope hätte ihr am liebsten gesagt, wie viel ihr Versprechen ihr bedeutete – nämlich rein gar nichts. Doch so langsam beschlich sie das Gefühl, dass diese Frau zu den wenigen Leuten zählte, die wirklich meinten, was sie sagten.
Allerdings schwang in Nias Stimme ein undefinierbarer Unterton mit, und ihre Augen funkelten merkwürdig … Was hatte das nur wieder zu bedeuten?
»Na, dann.« Nia nickte, schaute kurz Remy an und wandte sich zum Gehen um.
»Nia«, sagte der Anwalt leise. »Nia Hollister.«
Hope kniff ihm leicht in den Arm.
Nia indes blickte ihn mit hochgezogenen Augenbrauen erwartungsvoll an. »Ja?«
Remy schaute erst Nia, dann Hope an.
Und seltsamerweise musste Hope in diesem Moment an das denken, was Law damals gesagt hatte: Von dieser Frau ging keine Gefahr aus. Zumindest nicht für sie oder Law. Doch wie sollte sie das Ganze, oder auch nur einen Teil davon, bloß Remy vermitteln, wenn sie nur Augenkontakt hatten?
Remy seufzte. Schließlich schüttelte er den Kopf. »Nichts. Mir ist nur gerade eingefallen, dass ich den Namen schon einmal gehört habe. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt in der Stadt.«
»Das ist jetzt nicht wahr. Verdammt noch mal, sag mir, dass ich das gerade eben nicht getan habe«, brummte Remy, während er Nia hinterherschaute.
»Sie wird nicht noch einmal auf mich oder Law losgehen, Remy«, erwiderte Hope und streichelte ihm über den Arm.
Er hätte ihr gern zugestimmt. Und dennoch, als er begriffen hatte, wer da vor ihnen stand, war er wütend geworden.
»Ob sie noch einmal auf die Idee kommt oder nicht, ändert rein gar nichts – sie hätte das schon beim ersten Mal nicht tun dürfen«, blaffte er.
»Da hast du recht«, pflichtete Hope ihm bei, blieb jedoch ruhig. »Aber sie hat etwas durchgemacht, das du und ich uns nicht einmal vorstellen wollen, und das hat sie nicht gut verkraftet. Obwohl ich eins zugeben muss: Ich wünschte, ich hätte an ihrer Stelle genauso reagiert.«
»Wie jetzt … dass du unschuldigen Menschen Angst einjagst?«
»Immerhin hat sie etwas unternommen«, gab Hope kopfschüttelnd zurück. »Und sobald klar war, dass uns keine Schuld an dem Schicksal ihrer Cousine trifft, ist sie wieder gegangen. Sie hat sich nicht vollkommen von ihrem Zorn oder ihrer Trauer beherrschen lassen. Und mehr noch … sich gerade sogar entschuldigt. Das ist ihr sicher nicht leichtgefallen. Normalerweise trägt sie die Nase so hoch, dass ihr mit Sicherheit nicht einmal meine neuen Sandalen auffallen würden.« Schmunzelnd sah sie auf ihren niedlichen, silberfarbenen Schuhe herab, die Remy ihr gekauft hatte.
Seufzend strich er ihr über den Rücken. »Ihr Pech.« Er knabberte an Hopes Unterlippe. »Da hat sie nämlich echt was verpasst«, murmelte er. »Deine neuen Sandalen sind schließlich Schuld daran, dass wir zu spät zum Gottesdienst gekommen sind. Schon vergessen?«
»Und ich dachte, es hätte an meinem Rock gelegen!«
»Rock, Sandalen, was auch immer …« Er packte sie an den Hüften und küsste sie sanft. »Hauptsache, du steckst drin.«
Mit einem Seufzer öffnete sie die Lippen.
Doch er löste sich recht bald wieder von ihr, da ihm einfiel, dass er an diesem Tag noch einiges vorhatte. Es galt, wichtige Dinge zu erledigen. Und davon würde er sich nicht durch seine Wut auf Nia Hollister ablenken lassen.
Er strich Hope über den Arm und verdrängte jeden Gedanken an diese Frau. »Komm … Wir müssen zu meiner Mom. Das Mittagessen wartet.«
Doch er beeilte sich nicht wegen des Essens, sondern wegen dem, was er anschließend geplant hatte.
9
Manche Leute hatten häufig mit einem blauen Monitor zu kämpfen, der Fehlermeldung dafür, dass nichts mehr ging.
Laws derzeitiges Problem war hingegen ein komplett weißer Bildschirm. Dabei handelte es sich aber nicht um eine Schreibblockade. Law wusste genau, wo er mit seiner Geschichte hinwollte, und er kam auch gut voran – langsam, aber sicher, sodass er sich keine Sorgen machte, auch wenn die Deadline unaufhaltsam näher rückte. Er würde es rechtzeitig schaffen, wie sonst auch.
Sein Problem lag darin, dass er jedes Mal, wenn er innehielt, um etwas zu durchdenken, mit seinen Gedanken abschweifte – und das passierte ziemlich oft. Wobei schweifen es nicht ganz traf. Das klang so ziellos, als gäbe es keine Richtung.
Seine Gedanken hingegen schienen wie an einer Seilrutsche immer wieder in eine bestimmte Richtung und vor allem zu einer bestimmten Person zu gleiten:
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